Ahrensburg. 76-Jähriger verwechselt Gas und Bremse und rast mit Auto auf Parkplatz in Ahrensburg gegen 81-Jährigen. Der überlebt den Unfall nicht.
War es ein kurzes Versagen mit tragischen Folgen? Oder grobe Fahrlässigkeit, die ein Menschenleben kostete? Mit dieser Frage beschäftigte sich am Donnerstag das Amtsgericht Ahrensburg, sprach mit einer Geldstrafe am Ende ein mildes Urteil gegen Ernst P. (Name geändert), der wegen fahrlässiger Tötung angeklagt war. Der 76-Jährige aus Großhansdorf hatte vor rund einem Jahr auf dem Famila-Parkplatz in Ahrensburg Gas und Bremse bei seinem Automatik-Auto verwechselt und einen 81-Jährigen tödlich verletzt.
Im Gericht wirkt P. gebrechlich. Begleiter stützen den hageren Mann mit weißem Haar, als er in den Saal kommt. Seine Hände zittern. Es seien die Folgen eines Schlaganfalls, wie P. sagt. Ob er ihn vor oder nach dem Unfall erlitt, könne der Witwer nicht mehr sagen. Genauso wenig erinnert er sich an den Unfall: „Ich weiß nur, dass ich Einkaufen war und zum Auto gegangen bin.“
Ein Zeuge hat genaue Erinnerungen an den Unfall
Deutlich bessere Erinnerungen an der tragischen Unfall hat ein Zeuge (57) aus Witzhave. „Ich lud Leergut aus dem Kofferraum in den Einkaufwagen“, sagt der Mann. Plötzlich hörte er ein lautes Scheppern und einen Knall. „Als ich mich umdrehte, sah ich, wie ein Einkaufswagen wegrollte und ein Mann aus einem Auto stieg. Er schrie ,Scheiße, Scheiße, alles ruhig bleiben’“, erinnert sich der Mann, der vor Gericht auch die Handbewegungen macht, die P. bei diesem Ausruf gemacht haben soll.
Als der Zeuge den verletzten Mann auf der Fahrbahn entdeckte, rannte er sofort zu ihm. „Er lag auf dem Rücken und hatte einen starren Blick Richtung Himmel. Ich dachte, oh Gott, der ist tot“, sagt der Zeuge, der sich auch noch daran erinnerte, wie sich eine Blutlache unter dem Kopf des Opfers bildete.
Das Unfallopfer starb im Krankenhaus
Auch ein Polizist (60) erinnert sich vor Gericht an die Blutlache auf der Fahrbahn, sagt: „Ich habe vor Ort mit der Frau des Unfallopfers gesprochen, die wegen ihrer Gehbehinderung hinter ihrem Mann ging, der den Wagen mit den Einkäufen schob. Die Frau sah, wie der Toyota des Angeklagten aus der Parklücke schoss und ihren Mann traf. Das Unfallopfer wurde wiederbelebt und in ein Krankenhaus gebracht. Dort starb der Mann am selben Tag. „Der Fahrer wirkte auf mich aufgeregt und erschüttert. Er konnte sich klar und deutlich verständigen“, sagt der Beamte, der sich auch daran erinnert, dass P. sagte, er habe Gas und Bremse verwechselt.
P. durfte auch nach weiterem Unfall Führerschein behalten
Nachdem die Polizei das Auto untersucht und fotografiert hatte, bot sie Ernst P. an, ihn nach Hause zu fahren. Doch dieser lehnte ab. Und weil der Rentner auf den Polizeibeamten einen fahrtüchtigen Eindruck machte, wurde ihm die Weiterfahrt mit seinem Corolla nicht untersagt – und es kam zum nächsten Unfall. Als P. vom Famila-Parkplatz fahren wollte fuhr er zunächst gegen einen BMW, setzte dann sein Auto zurück und prallte gegen einen Stein.
„Daraufhin haben wir die Weiterfahrt untersagt. Zudem wurde dann auch eine Mitteilung an die Führerscheinstelle gemacht“, sagt der Polizist. Doch die Verkehrsaufsicht wird nicht aktiv. „Ich bin seit dem Unfall nicht mehr gefahren. Das Auto habe ich verkauft“, sagt P., der den Aussagen der Zeugen aufmerksam zuhört. Immer wieder wischt er sich mit seiner faltigen Hand übers Gesicht. Es wirkt so, als wolle er die Konzentration halten. Auch als ein Rechtsmediziner erklärt, dass das Opfer unter anderem einen Schädelbruch, einen zweifachen Bruch der Wirbelsäule sowie schwere innere Blutungen erlitten hatte.
Weil der Großhansdorfer bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten war, es keine Eintragungen im Straßenverkehrsregister gibt, sprach die Richterin ein mildes Urteil. P. muss 4500 Euro Geldstrafe zahlen. Zudem wird ihm die Fahrerlaubnis entzogen. Die Richterin: „Man muss sein Auto jederzeit im Griff haben.“ Das sei bei dem Angeklagten nicht mehr gegeben. Zugute kam P. auch, dass das Opfer schon sehr betagt war, die Verletzungen bei einem jüngeren Menschen vermutlich nicht so schwer gewesen wären.