Ahrensburg. Die Tour de Gourmet Jeunesse machte Station in Ahrensburg, Ratzeburg und Reinbek. Das Abendblatt hat sich unter die Genießer gemischt.

Malte Martens (29) nähert sich Schleswig-Holstein an. Vor einem Jahr lebte er in Bregenz im österreichischen Bundesland Vorarlberg, inzwischen wohnt er in Ravensburg, ebenfalls am Bodensee gelegen – und was noch wichtiger ist: „Mein Weg hierher ist jetzt 30 Kilometer kürzer.“

Mit „hierher“ sind die Stationen der Tour de Gourmet Jeunesse gemeint, die es seit 2008 beim Schleswig-Holstein Gourmet Festival (SHGF) als Angebot für Gäste zwischen 18 und 35 Jahren gibt. Immer im Januar werden auf der Tour drei Restaurants an wechselnden Orten erkundet, so dass die Teilnehmer nicht nur verschiedene Küchen kennenlernen, sondern auch etwas vom Land sehen. Zudem ist das Entree in die Welt der guten Küche mit 85 Euro preiswert, und die Gäste dürfen sich wie ViPs fühlen, denn sie werden mit einer Audi-A 8-Flotte chauffiert. Die Anzahl der Fahrzeuge begrenzt die Teilnehmerzahl auf 40 – was das Ganze noch etwas exklusiver macht.

Die Tour beginnt mittags um zwölf Uhr in Ahrensburg

Die Flotte der Limousinen vor dem Seehof in  Ratzeburg
Die Flotte der Limousinen vor dem Seehof in Ratzeburg © HA | Lutz Wendler

Malte Martens fährt gern die 830 Kilometer und zurück, seit ihm eine Freundin vor Jahren vorschwärmte und er erstmals einen Platz buchte. Unter den Jungen ist er ein alter Hase, denn er ist zum fünften Mal bei einer Veranstaltung dabei, die quasi sofort ausgebucht ist, sobald sie im Juni auf der Website erscheint. Wer Bescheid weiß, ist im Vorteil. Und wer einmal dabei war, möchte gern wiederkommen.

So wie Svenja Blume (27) aus Duvenstedt, die das Tour-Ticket 2016 als Weihnachtgeschenk bekam und diesmal mit ihrer Schwester Kira (25) Stormarn und Teile das Nachbarkreises Herzogtum Lauenburg erkundet. Die Tour beginnt mittags um 12 Uhr in Ahrensburg und führt über Ratzeburg nach Reinbek. Michael Bertz, stellvertretender Direktor des Park Hotels, begrüßt die Gäste, die mit Champagner und Flying Amuse Bouche wie Sushi-Lachs mit gebackenen Avocado-Pralinen und Sandwich von Enten-Rillette empfangen wurden. „Wir wollen einen Akzent setzen, damit etwas in ihrem Gedächtnis hängenbleibt und der Eindruck nicht nach der ersten Fahrt schon wieder verklungen ist“, sagt Bertz. Küchenchef Dominik Köndgen setzt auf Live Cooking und legt bei der Curry-Kokossuppe mit frischer Mango und gebratenen Garnelen im Überfluss selbst Hand an. Nebenan werden Crêpes mit Holsteiner Schinken, Honig und Rucola zubereitet.

15 A-8-Limousinen fahren die Gäste durch Stormarn und Lauenburg

Maren (31) und Sebastian Baur (36) vor dem Waldhaus Reinbek
Maren (31) und Sebastian Baur (36) vor dem Waldhaus Reinbek © HA | Lutz Wendler

Svenja und Kira sind zufrieden mit dem Start. Alles wohlschmeckend und simpel genug, dass es zum Live-Nachkochen zu Hause anregt. Ihre Tischnachbarn finden aber, dass Service am Tisch besser gewesen wäre als kurzes Anstehen und Zugucken an der heißen Herdplatte. Denn die Zeit drängt: Der Fischgang in Ratzeburg wartet.

Bereits um 13 Uhr nimmt die Audi-A 8-Dichte in Stormarn deutlich sichtbar zu. 15 Fahrzeuge sind unterwegs. Vor dem Seehof stehen sie dann aufgereiht in zwei Spuren, als sei der G-20-Gipfel nach Ratzeburg verlegt worden.

Der Seehof, einst betuliche Touri-Herberge mit großem Sanierungsstau, aber in bester Lage, überrascht als lichtes modernes Hotel, seit Karl Schlichting gemeinsam mit seiner Ehefrau das zwangsversteigerte Haus 2013 erwarb und aufwendig sanierte. Wer das Restaurant betritt, wird fast geblendet vom gleißenden Winterlicht auf dem Küchensee vor dem Fenster.

Die Männer sind bei der Tour in der Mehrzahl

Beim in Rahm „Sous-Vide“ gegarten Skreifilet und einem Weißen Burgunder aus Baden werden – wie schon in Ahrensburg – angeregte Gespräche mit neuen Tischnachbarn geführt. Und es ist alles andere als Smalltalk, sondern es geht um Themen wie bewusstes Essen, das nicht teuer sein muss, um die Qualität von Produkten, um überragende Gastro-Erlebnisse auf früheren Touren, bei denen wiederholt die Gutsküche in Tangstedt und die Orangerie im Timmendorfer Maritim genannt werden. Es fällt auf, dass Männer in der Mehrzahl sind, und wie gut sich einige von ihnen mit Kochen auskennen.

Die Schwestern Svenja (27, l.) und Kira (25) Blume aus Duvenstedt im Park Hotel Ahrensburg
Die Schwestern Svenja (27, l.) und Kira (25) Blume aus Duvenstedt im Park Hotel Ahrensburg © HA | Lutz Wendler

Die Gespräche werden rasch privater. Tilo Mentler (33) und Katharina Fey (33) aus Lübeck geben Gastro-Tipps in der Lübecker Altstadt, und man ist schnell bei den Jobs der Architektin und des Informatik-Junior-Professors. Rasch ist auch der Sylter Rasmus Ipsen (24) einbezogen, der in Hamburg sein Bauingenieur-Studium abschließt und mit Freunden von Sylt hier ist, von denen einer wiederum mit Malte Martens aus Ravensburg hier verabredet ist. Der Kreis schließt sich.

Im Auto wird in neuer Konstellation weitergeredet. Maren Baur (31) aus Flensburg ist zum dritten Mal dabei, musste im vergangenen Jahr wegen der Geburt ihres ersten Sohns aussetzen. Kommendes Jahr wird’s noch komplizierter, weil Ehemann Sebastian Baur die Altersgrenze überschritten hat und nicht mehr mitmachen darf.

Großes Finale in Reinbek mit Hauptgang (auf den Punkt zubereiteter Rehrücken unter Pinienkruste und zum Dessert flambierten Bratapfel mit Vanilleeis, dem Waldhaus-Direktor Moritz Kurzmann die Karamellsoße hinzufügt). Es wird noch lebhafter im Raum, wozu auch der schwere Rote, ein südafrikanischer Pinotage, beiträgt. An den runden Tischen geht es wie beim Essen unter Freunden zu. Doch um 17.30 Uhr ist Schluss. Wer will, feiert in kleiner Runde mit neuen Bekannten privat weiter. Das aber außerhalb des Protokolls.

Nächste Termine beim SHGF, bei denen noch Plätze frei sind: 30. Januar, Park Hotel Ahrensburg (mit Gastkoch Thomas Martin vom Louis C. Jacob); 3. und 4. Februar, Vitalia Seehotel, Bad Segeberg (Gastkoch: Manuel Liepert, Lieperts Kulinarium, Leutschach/Südsteiermark). www.gourmetfestival.de