Ahrensburg. Mit Anhalte-und Sichtkontrollen macht die Polizei Jagd auf Einbrecher. Zwei Täter werden festgenommen. Ein Fahrer flüchtet.

„Jahrelange Erfahrung und das Bauchgefühl.“ So beschreibt Axel Lepine ein entscheidendes Kriterium dafür, welche Autofahrer er mit seiner Kelle aus dem Verkehr winkt. Dabei nimmt der Polizist, der in leuchtend neongelber Winterjacke mitten auf der Hamburger Straße in Ahrensburg steht, nicht Verkehrssünder ins Visier. „Die interessieren uns heute Abend nicht.“ Er und seine Kollegen haben es bei der Großkontrolle auf Einbrecher abgesehen.

Deswegen sind auch Transporter älteren Baujahrs und Fahrzeuge mit ausländischen Kennzeichen verdächtig. „Das sind Erfahrungswerte der Polizei. Der Großteil der festgenommen Einbrecher sind reisende Tätergruppen“, sagt Lepine, an dem Autofahrer nur im Schritttempo vorbeifahren können. Mit ernster Miene blickt er in die Autos. Der Fahrer eines weißen, älteren Mercedes Sprinters sowie sein Beifahrer passen in dieses Profil und müssen auf den kleinen Sandparkplatz neben dem Gebrauchshundsportverein fahren.

Ein per Haftbefehl gesuchter Mann geht der Polizei ins Netz

Während ein Beamter die Personalien des Fahrers überprüfen lässt, fordern andere den Fahrer auf, die Klappen zum Laderaum zu öffnen. Denn in sogenannten Gefahrengebieten, also Regionen in denen mit Straftaten von erheblicher Bedeutung – wie Einbrüche – zu rechnen ist, sind sogenannte Anhalte- und Sichtkontrollen möglich. Polizisten dürfen dabei im Unterschied zur allgemeinen Verkehrskontrolle in den Kofferraum gucken.

Von den Schuhsohlen eines polizeibekannten Mannes macht ein Polizist Fotos. Sein Kollege hält einen Zollstock und den Personalausweis daneben
Von den Schuhsohlen eines polizeibekannten Mannes macht ein Polizist Fotos. Sein Kollege hält einen Zollstock und den Personalausweis daneben © HA / Klaus Bodig | Klaus Bodig

„Durchsuchen dürfen sie das Auto aber nicht“, erklärt Holger Meier, Sprecher der Polizei. Auf der Ladefläche des Sprinters liegen dutzende offenbar mit Altkleidung prall gefüllte Säcke. „Vermutlich handeln sie damit“, sagt ein Beamter und deutet auf eine Waage in dem Transporter. Verdächtig ist dies bisher nicht – der Fahrer nach der Überprüfung seiner Personalien indes schon. „Gegen Sie liegt ein Haftbefehl vor“, sagt eine Polizistin zu dem 53 Jahre alten Fahrer. Der Bulgare sei schon öfters wegen Einbruchs in Deutschland aufgefallen. Sein Beifahrer weigert sich, mit der Polizei zu sprechen. Papiere habe er ebenfalls nicht dabei. Somit müssen beide Männer mit auf die Wache. Weil sich jetzt der Verdacht gegen beide erhärtet hat, dürfen Beamte den Sprinter durchsuchen. Diebesgut finden sie dort aber nicht.

Einbrecherduo trifft im Haus auf Bewohner

In Großhansdorf hat ein Hausbewohner zwei Einbrecher auf frischer Tat erwischt. Die Männer klingelten zunächst an dem Einfamilienhaus und als niemand öffnete, brachen sie ein. Im Hausflur stand ihnen dann plötzlich der Besitzer gegenüber. Sofort flüchteten die Einbrecher und fuhren mit einem silberfarbenen Auto davon. Die Polizei sucht Zeugen dieser Tat von Donnerstag, gegen 12.45 Uhr, an der Straße Groten Diek.

In Bargfeld-Stegen beobachtete ein Zeuge, wie ein unbekannter Mann durch ein Fenster das Haus der Nachbarn verließ. Der Eichbrecher flüchtete anschließend mit einem grauen Kleinwagen. Auch für diese Tat am Donnerstag, gegen 13.10 Uhr, werden Zeugen gesucht.

Hinweise nimmt jede Dienststelle der Polizei entgegen.

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Das richtige Bauchgefühl hat Axel Lepine auch bei den Insassen eines schwarzen Opel Astra Kombis. „Alle drei Männer sind wegen Eigentumsdelikten einschlägig bekannt“, sagt Polizist Thorsten Perteck, der die Personalien der Männer überprüfen ließ. Sehr zum Ärger des Beifahrers. „Das dürfen Sie nicht. Ich habe mit meiner Anwältin telefoniert“, sagt der junge Beifahrer, der sich in seiner Freiheit gestört fühlt. „Dann ist ihre Anwältin schlecht informiert“, antwortet ein Beamter und erklärt dem Trio, was die Polizei in sogenannten Gefahrengebieten machen darf. Weil die Männer wegen Diebstahls polizeibekannt sind, dürfen auch hier die Beamten sie durchsuchen. Bei dem Fahrer finden sie 18.350 Euro in der Jackentasche. „Ich habe gerade in Hamburg ein Auto verkauft“, sagt der Mann. „Es ist kein Verbrechen, so viel Geld bei sich zu führen“, sagt Perteck. „Aber es ist verdächtig.“ Deswegen machen die Polizisten Fotos von den Schuhsohlen der Männer. „Diese Daten bekommt die Kripo. Sollten solche Spuren auch an einem Tatort gefunden worden sein, können sie so die Täter überführen“, sagt der Polizist. Für Sprecher Holger Meier ist genau dieser Erkenntnisgewinn Ziel der groß angelegten Kontrolle.

Autofahrer flüchtet vor Kontrolle und entkommt

Die meisten Autofahrer denken zunächst, die Polizeiaktion stehe im Zusammenhang mit dem Anschlag in Berlin und der Suche nach dem am Donnerstagabend noch flüchtigen Tatverdächtigen. Deswegen ist das Verständnis groß. Aber auch als sie den wahren Grund erfahren, sehen sie es gelassen. „Ich finde es richtig, dass hier kontrolliert wird“, sagt ein 20-Jähriger aus Bargteheide und hofft, dass die Polizei auch in Zukunft mehr solcher Kontrollen macht.

Neben der Kontrollstelle in Ahrensburg hat die Polizei auch Autofahrer an der Hamburger Straße in Ammersbek überprüft. Auch dort ging den Beamten ein polizeibekannter Dieb (26) ins Netz, der per Haftbefehl gesucht wurde. Ein anderer Autofahrer flüchtete vor der Polizeikontrolle in Richtung Hamburg. Trotz einer Fahndung konnte der Polo-Fahrer nicht gestellt werden.

An einem Laptop in einem Polizeiauto überprüft ein Beamter Personalien
An einem Laptop in einem Polizeiauto überprüft ein Beamter Personalien © HA / Klaus Bodig | Klaus Bodig

Laut Polizeisprecher Holger Meier sind die Kontrollstellen aus gutem Grund gewählt worden. „Beides sind Einfallstraße nach Stormarn“, sagt er. Auch an den U-Bahnhöfen Ahrensburg-Ost, Schmalenbek und Kiekut kontrollieren Polizisten Fahrgäste. Ferner sind an diesem Abend Zivilkräfte in den Wohngebieten unterwegs und observieren bei Einbrechern beliebte Gebiete.

Es dürfte nicht der letzte Einsatz dieser Art gewesen sein: Die Anordnung des „Gefahrengebiets“ wurde jetzt bis zum 22. Januar verlängert.