Reinbek. Allergopharma muss öffentlichen Weg kaufen, um auf dem US-Markt Fuß fassen zu können. Das stößt nicht nur auf Gegenliebe.

Das Reinbeker Unternehmen Allergopharma hat Großes vor. An der Hermann-Körner-Straße wurde ein Gebäude mit neuer Produktion für 40 Millionen Euro fertiggestellt, um weltweit expandieren zu können (wir berichteten). Ob sich die Pläne des Allergiepräparate-Herstellers verwirklichen lassen, ist ungewiss. Störfaktor ist ein öffentlicher Weg, der den Neubau vom übrigen Firmengelände trennt. Ihn will Allergopharma der Stadt abkaufen, ansonsten dürfen die Reinbeker nicht auf dem US-Markt aktiv werden. In der Bevölkerung gibt es jedoch Widerstand – und auch Kommunalpolitiker, die über eine Veräußerung entscheiden, üben Kritik.

Allergopharma-Geschäftsführer Marco Linari und der kaufmännische Leiter Thomas Ulmer hatten jetzt Gelegenheit, bei einem Treffen mit Bürgermeister Björn Warmer und Vertretern aller Fraktionen im Rathaus ihre Sicht der Dinge zu schildern. Das Gespräch dauerte mehr als zwei Stunden. Mit dabei war auch SPD-Fraktionschef Volker Müller. Er sagt: „Das wird kein Selbstgänger und noch für viele Diskussionen in der Politik sowie bei Bürgern sorgen.“ Der Sozialdemokrat befürwortet den Verkauf des rund 200 Meter langen und etwa drei Meter breiten Weges, der die Hermann-Körner-Straße mit dem Herrengraben verbindet. Hochfrequentiert ist er nicht.

Firma will in China und Indien expandieren

Laut Müller ist der Umweg für Bürger zur Hauptstraße zumutbar. „Wir müssen auch an Gewerbesteuern und Arbeitsplätze denken.“ Es gebe Leute, für die der Erhalt von Jobs zweitrangig sei. Das ärgere ihn. Jüngst hatten Bürger, die gegen einen Verkauf sind, mehr als 100 Unterschriften gesammelt und die Liste im Rathaus abgegeben.

Volker Müller sagt: „Wir müssen auch an die Gewerbesteuern und an die Arbeitsplätze denken.“
Volker Müller sagt: „Wir müssen auch an die Gewerbesteuern und an die Arbeitsplätze denken.“ © HA | René Soukup

Allergopharma beschäftigt in Reinbek 460 Menschen und zahlt mehr als eine Million Euro Gewerbesteuern pro Jahr. Das Unternehmen, das zum Merck-Konzern gehört, verkauft seine Produkte in 20 Länder. Es will in China und Indien expandieren sowie auf dem US-Markt Fuß fassen. Dort soll 2019 das erste Produkt eingeführt werden, die Testphase demnächst beginnen. „Die Anforderungen müssen jetzt erfüllt werden“, sagt Ulmer. Die zuständige Behörde in den USA für Lebens- und Arzneimittel ist die Food and Drug Administration (FDA). Sie entscheidet, ob eine Genehmigung erteilt wird. „Das ist unter den derzeitigen Voraussetzungen ausgeschlossen. Die FDA stört sich am öffentlichen Weg und fordert einen abgeschlossenen Raum“, so Ulmer. Beim Geschäft in den USA gehe es über Jahre um Umsätze von mehreren Hundert Millionen Euro. Das sei mit zusätzlichen Arbeitsplätzen in Reinbek verbunden. „Ich sehe keine andere Möglichkeit, als zu verkaufen“, sagt Forum-21-Fraktionschef Heinrich Dierking und fordert einen Bebauungsplan für diesen Bereich.

Anfang 2017 ist ein Bürgerdialog geplant

Bürgervorsteher Ernst Dieter Lohmann (CDU) kritisiert das Unternehmen, sagt: „Erst wurde gebaut, jetzt kommt der Weg. Es hätte andersherum laufen müssen.“ Laut Allergopharma hat es vor vielen Jahren Andeutungen der Stadt gegeben, dass man deswegen sorgenfrei sein könne.

Für den Weg müsste das Unternehmen bis zu 100.000 Euro zahlen. Eine Möglichkeit ist, ihn zu teilen und um die neue Produktionsstätte herumzuführen. Das soll jetzt geprüft werden. Zudem ist Anfang 2017 ein Bürgerdialog geplant. „Wir werden das zusammen mit der Bevölkerung hinkriegen“, sagt Dierking. Viel Zeit darf aber nicht mehr verstreichen. Denn die kostenintensiven Testläufe für den US-Markt startet die Firma nur, wenn die Politik grünes Licht für den Weg gibt.