Große Abendblatt-Analyse ergibt: Stellflächen im Zentrum der Stadt sind nie ausgelastet. Gutachter fordert mehr Verkehrsberuhigung.

Victoria Daube
Yannick Thom

Für die einen gibt es viel zu wenig davon, für die anderen sind es weit mehr als genug: Parkplätze in der Ahrensburger Innenstadt. Während Geschäftsinhaber mit dem Wegfall von Stellflächen für Autos den Tod der City prophezeien, halten Stadtplaner bessere Verbindungen für Fußgänger und Radfahrer für zukunftsweisend. Die Abendblatt-Regionalausgabe Stormarn wollte es einmal ganz genau wissen und hat sich auf die Suche gemacht nach der Wahrheit über Ahrensburgs Parkplätze.

Eine Woche lang haben wir die sieben großen Parkhäuser und Parkplätze genau unter die Lupe genommen: Wie stark ist die Auslastung? Von Montag bis Freitag haben wir jeweils einmal am Vormittag und einmal am Nachmittag gezählt, am Sonnabend gegen Mittag. Das Ergebnis ist eindeutig: Immer könnten Autofahrer ohne lange Suche fündig werden, wenn sie flexibel sind. Denn zu jeder Tageszeit standen allein in den beiden nebeneinander liegenden Parkhäusern Alte Meierei und Woldenhorn zusammen rund 300 Stellplätze leer. Außer an den beiden Wochenmarkttagen Mittwoch und Sonnabend hatten Autofahrer auch an allen anderen Orten immer gute Chancen, schnell fündig zu werden.

In der Innenstadt gibt es mehr als 1900 Stellplätze

Die fast 1500 vom Abendblatt kontrollierten Plätze sind längst nicht alle. Hinzu kommen noch einmal mehr als 400 weitere kostenpflichtige Parkplätze an den Straßen und Plätzen in der City sowie kostenlose in den Nebenstraßen. Die größten weiteren Flächen sind am Stormarnplatz (100 Stellplätze), an der Hamburger Straße und der Großen Straße (jeweils 75) sowie der Hagener und Manhagener Allee (jeweils 45).

Kaufleute schlagen neue Verkehrsführung für Ahrensburg vor

Das Ahrensburger Stadtforum sieht einen Grund für die vielen freien Plätze in den Parkhäusern Alte Meierei und Woldenhorn in der Verkehrsführung. „Momentan kommen die Autofahrer als Erstes daran vorbei, wenn sie in die Innenstadt wollen“, sagt Götz Westphal, Vorsitzender der Vereinigung der Kaufleute. In der Hoffnung, einen zentralen Platz zu finden, fahren sie weiter. Am Ende seien sie auf der anderen Seite und kämen nur über Umwege wieder zurück.

Die Hagener Allee sollte im Vergleich zu jetzt in der Gegenrichtung zur Einbahnstraße gemacht werden. Auch in der Manhagener Allee müsste die Einbahnstraßenregelung umgekehrt werden. Dann würden alle Autofahrer auch aus der Hamburger Straße erst durch die City und am Ende zu den Parkhäusern geleitet.

Bei Neubauprojekten sollte von vornherein vorgeschrieben werden, dass nicht nur wegfallende Parkplätze ersetzt, sondern auch neue für die künftigen Bewohner geschaffen werden. Bei den geplanten Wohn- und Geschäftshäusern auf dem Lindenhof-Areal und der Alten Reitbahn sei die Zahl viel zu klein, sagt Westphal. Im Zweifel müsse ein Investor auch zweigeschossige Tiefgaragen bauen.

Der Rathausplatz sollte mit Schranken an der Ein- und Ausfahrt versehen werden, damit Autofahrer wie in den Parkhäusern erst vor dem Verlassen bezahlen müssen. „Das nimmt den Zeitdruck beim Einkaufen oder anderen Terminen“, sagt Westphal. Momentan lösen Besucher ein Ticket im Voraus für eine bestimmte Zeit. Kommen sie erst später zurück, kann das zu einem Strafzettel führen. kx

1/4

Die Stadt verlangt eine Gebühr von 50 Cent für die erste Stunde. Für jede weitere halbe Stunde kommen 50 Cent hinzu, bei der Höchstparkdauer von drei Stunden macht das 2,50 Euro. Eine Ausnahme ist der Parkplatz Alte Reitbahn, auf dem Autos für zwei Euro ganztägig stehen dürfen. Das Parkhaus Alter Lokschuppen am Bahnhof ist kostenlos, jedoch als Park-and-ride-Anlage den Bahnkunden vorbehalten.

Privat betriebene Parkhäuser sind teurer

Das Einkaufszentrum CCA verlangt in seiner Tiefgarage genauso viel wie die Stadt: Die erste Stunde kostet 50 Cent, für jede weitere Stunde kommt ein Euro hinzu. Der Tageshöchstsatz beträgt zehn Euro. Beim Einkauf in einigen Geschäften ist die erste Stunde kostenlos.

Deutlich teurer sind die beiden rund um die Uhr geöffneten privat betriebenen Parkhäuser, in denen trotz einiger dauerhaft vermieteter Plätze jederzeit etwas frei ist: Alte Meierei und Woldenhorn. Dort kostet die halbe Stunde 70 Cent, damit gut ein Drittel mehr als an den städtischen Automaten. Für drei Stunden kommen im Vergleich 4,20 statt 2,50 Euro zusammen. Für 24 Stunden sind es maximal 15 Euro. Der Fußweg zum Rondeel – dem zentralen Treffpunkt in der Stadtmitte – ist mit rund 200 Metern sogar kürzer als vom Lindenhof oder von der Alten Reitbahn.

Alte-Meierei-Gebäude ist zu verwinkelt

Für die Geschäftsleute ist das Problem damit jedoch nicht vom Tisch. „Unsere Kunden wollen Parkplätze, die sie immer gut erreichen können“, sagt Götz Westphal, Vorsitzender der Kaufleute-Vereinigung Stadtforum. „Da hilft es nichts, wenn rein rechnerisch Stellflächen vorhanden sind, die die Menschen aber einfach nicht annehmen.“ Warum das so sei, darüber könne man nur spekulieren.

Allerdings werde vor allem das Alte-Meierei-Gebäude von etlichen Autofahrern als zu eng und zu verwinkelt bezeichnet. „Wir hören von Kunden, dass sie die Innenstadt meiden, weil die Parkplatzsuche so schwierig ist“, sagt Westphal dem Abendblatt.

Stefan Luft ist der Verkehrsgutachter der Stadt

Stefan Luft sagt: „Damit sollte die Marschrichtung zu mehr Verkehrsberuhigung in Ahrensburg wohl klar sein
Stefan Luft sagt: „Damit sollte die Marschrichtung zu mehr Verkehrsberuhigung in Ahrensburg wohl klar sein © Thies Jonas

Das Stadtforum drängt darauf, dass keine weiteren Plätze wegfallen. Deshalb betrachten die Einzelhändler die beschlossene Bebauung von Lindenhof und Alter Reitbahn (zusammen 250 Plätze) mit großer Sorge. Auch bei der bevorstehenden Sanierung der Hamburger Straße müssten die Stellplätze unbedingt erhalten bleiben. Eine Forderung, die auch der Seniorenbeirat in Ahrensburg unterstützt.

Ein Mann, der seine Einschätzung von den neuen Zahlen bestätigt sieht, ist der Verkehrsgutachter Stefan Luft. Mit seinem Lübecker Büro Urbanus berät er die Stadt Ahrensburg seit Jahren in Planungsfragen. Schon immer hat er darauf hingeweisen, dass die Stadt für ihre Größe ausreichend Parkplätze bietet. Viel wichtiger sei es, den Menschen eine attraktive und nicht überall von Autos dominierte City zu bieten.

Gutachter rät zu attraktiveren Plätzen für die Fußgänger

„Damit sollte die Marschrichtung zu mehr Verkehrsberuhigung klar sein“, sagt der Experte. Er arbeitet für andere Städte wie Bad Schwartau und Eutin, kennt die Diskussionen mit den Einzelhändlern auch von dort. „Schon fast reflexartig erfolgt der Ruf nach mehr Parkplätzen“, sagt er. Das sei aber nicht der entscheidende Punkt, um sich von der Konkurrenz abzuheben. Vergleichbare Orte mit einem größeren Parkplatzangebot hätten auch nicht mehr Besucher als Ahrensburg.

Vielmehr gehe es darum, die Lebens- und Aufenthaltsqualität im Zentrum zu verbessern. „Für Fußgänger und Radfahrer liegt noch einiges im Argen“, sagt Stefan Luft. Er propagiert zum Beispiel das Modell Shared Space: ein Raum, in dem alle Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt sind und aufeinander Rücksicht nehmen müssen.

Die vollkommen unterschiedliche Auslastung der Stellflächen in Ahrensburg – sie reicht von 21 bis 89 Prozent – könne über den Preis geregelt werden. „Wenn man attraktive Standorte teurer macht, wird die Peripherie automatisch mehr genutzt“, sagt Luft.