Bargteheide. Bürger verleihen ihrem Unmut über Baupläne An den Stücken Ausdruck. Grüne wollen Bauleitverfahren aussetzen. CDU und SPD sind dagegen.

„Bebauungsplan für Bürger und nicht nur für den Investor“. Oder „Krähen und Raben will keiner haben, warum vertreiben – lasst sie doch bleiben“. Solch deutliche Worte waren schon am Eingang des Ganztagszentrums zu hören. Sie ließen keinen Zweifel daran, dass sich die Bürger im Ausschuss für Planung und Verkehr zum umstrittenen Thema Bebauungsplan Nr. 3 An den Stücken 53 mit der dazugehörigen Artenschutzprüfung zu Wort melden würden. Ferner auf der Tagesordnung: Ein Antrag der Grünen, von wenigen Ausnahmen abgesehen, alle Bauleitverfahren grundsätzlich auszusetzen, bis ein umfassendes Stadtentwicklungskonzept erstellt ist.

Bürger können ihre Bedenken bald schriftlich darlegen

Es war eine Ausschusssitzung der besonderen Art. Zwar verließen die gut 60 anwesenden Bürger am Ende des Abends den Saal wenig optimistisch, zeigten sich größtenteils von den Politikern enttäuscht. Doch sie nutzten die Gelegenheit, ihre Ansichten darzulegen. Ausschussvorsitzender Claus Christian Claussen (CDU) gewährte nach jedem Tagesordnungspunkt die Chance, das Wort zu ergreifen. Der Wunsch, den Stadtdialog fortzuführen und den Bürgern mehr Mitsprache zu ermöglichen, wurde mehrfach aus dem Publikum geäußert. Dieses Bedürfnis sollte auch der Antrag der Grünen nach einem Stopp der Bauleitverfahren widerspiegeln. „Wir brauchen Orientierung und stabile Kriterien, anhand derer wir wichtige Entscheidungen treffen können“, sagt Thomas Fischer (Grüne). Große Fragen wie sozialer Wohnungsbau, Entwicklung der S 4, die Jersbeker Straße sowie die Innenstadtverdichtung müssten vor Beginn umfangreicher Bauvorhaben beantwortet werden. Das starke Bürgerinteresse zeige, wie enorm groß der Erklärungsbedarf sei. Fischer: „Wir müssen wissen, wo wir langfristig hinwollen.“

Die CDU signalisierte sofort, einen solchen Antrag nicht zu unterstützen. „Wir haben die starke Stellung der Stadt nur erreicht, indem wir aktuelle Konflikte angegangen sind“, sagte Claussen und brachte die Unterbringung der Flüchtlinge und den Bau von Kitas ins Spiel. Sich vor Problemen zu drücken indem man sie auf die lange Bank schiebe, bringe nichts, sagte der Ausschussvorsitzende. Die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum sei jetzt akut. Wichtige soziale Projekte wie das Öko-Dorf Am Krögen und das Mehrgenerationenprojekt mit Inklusionsansatz Am Bornberg lägen mit diesem Antrag ebenfalls auf Eis. Auch die SPD unterstützte die Grünen nicht. Der Versuch von Bürgermeisterin Birte Kruse-Gobrecht (parteilos) zu vermitteln, blieb vergebens.

46 Bäume müssten gefällt werden

Der Unmut unter den Zuhörern wuchs weiter, als sich der Ausschuss mit dem Thema B-Plan An den Stücken befasste. Bereits in der jüngsten Sitzung hatte Dr. Stefan Greuner-Pönicke, beratender Diplom-Biologe, sein Artenschutzgutachten dargelegt. Auf dem Grundstück An den Stücken leben Krähen und Fledermäuse. Bevor dieses Gebiet als Baugebiet ausgewiesen werden kann, müssen die Tiere umgesiedelt werden. Schon im September gab der Biologe zu bedenken, dass Krähen „meistens machen, was sie wollen. Und nicht das, was ein Ausschuss von ihnen erwartet“. Eine Umsiedlung der Tiere könne nur dann erfolgen, wenn man ihnen das alte Zuhause nimmt und ein neues anbietet – auch dann ohne Gewähr. Im Falle des B-Plans Nr. 3 bedeutet dies, 46 große Bäume müssten gefällt werden, um die Krähen zu vergrämen.

„Eine weitreichende Entscheidung, mit der nicht leichtfertig umgegangen werden sollte“, so der eindringliche Appell aus Teilen der Bevölkerung. „Wir haben eine Generationsverantwortung. Es dauert mehr als 40 Jahre, bis innerstädtische Flächen zu einem großen Grün wachsen. Das darf man nicht aufs Spiel setzen.“ Der Antrag, Ersatzhabitate für die Krähen zu schaffen und somit den Weg freizumachen, den B-Plan An den Stücken auszulegen, wurde trotz Bürgerbedenken mehrheitlich beschlossen. Claussen betonte „damit keine Entscheidung getroffen zu haben“, doch das Ergebnis rief Unverständnis bei den Besuchern hervor. Die Angst, dass nicht rückgängig zu machende Entscheidungen getroffen werden, scheint groß. „Mit diesen B-Plänen zerstören wir den kleinstädtischen Charakter unserer Stadt und die Atmosphäre“, sagte Bodo Rote, Sprecher der Bürgerinitiative Basta, die sich für den Erhalt der Grünflächen einsetzt. Die Initiative warnt davor, mit dem B-Plan einen sozialen Brennpunkt zu schaffen. Rote: „Wir brauchen kein zweites Mümmelmannsberg in Bargteheide.“ Bezahlbarer Wohnraum sei wichtig, müsse aber dezentralisiert werden. Ferner biete ein Parkhaus in Bahnhofsnähe möglichen Drogendealern Regenschutz, so Rote.

Der Ausschuss tagte wegen starker Beteiligung im Ganztagszentrum
Der Ausschuss tagte wegen starker Beteiligung im Ganztagszentrum © HA | Christina Schlie

Als nächsten Schritt wird die Verwaltung den Bebauungsplan mit dem beschlossenen Artenschutzgutachten auslegen. Die Bürger haben dann die Möglichkeit, ihre Bedenken schriftlich darzulegen. Die Bürgerinitiative Basta trifft sich jeden Montag um 19 Uhr im Papendoor (Lindenstraße 1) um weitere Schritte zu besprechen. Bürgermeisterin Birte Kruse-Gobrecht versprach, das Projekt Stadtentwicklungskonzept im Gespräch mit den Fraktionsvorsitzenden weiter zu erörtern.