Glinde. Historisches Fachwerkhaus droht zu verfallen. Denkmalschutzamt fordert Eigentümer zum Handeln auf. Grüne bezweifeln Sanierungsabsicht.

„In der Dorfstraße, gleich nach der Einmündung Bornweg, steht eine prachtvolle, reetgedeckte Fachwerks-Kate, von Kopfweiden umsäumt“ – diese Beschreibung der Suck’schen Kate findet sich beim Verein Stadtmarketing Glinde. Doch das war einmal, die 1855 erbaute Kate droht einzustürzen.

Das Denkmalschutzamt will dies verhindern. Claudia Riemer von der Unteren Denkmalschutzbehörde des Kreises Stormarn sagt: „Im Oktober sollen die ersten Sicherungsmaßnahmen erfolgen, diese werden durch ein vom Eigentümer beauftragtes Statik-Büro betreut.“ Ende des Jahres soll auch der Bauantrag für die Sanierung beim Denkmalschutzamt eingereicht sein.

Neuer Eigentümer versprach, selbst einzuziehen

Es ist schon fast eine unendliche Geschichte. Als sich für die Suck’sche Kate im September 2012 ein Käufer fand, der sie sanieren wollte, war die Freude bei der Stadt zuerst groß. „Das Haus hat einen ideellen Wert“, sagt Bürgermeister Rainhard Zug. Denn in dem Fachwerkbau wohnte einst der Schuhmacher Johannes-Hinrich Suck, der 28 Jahre lang Gemeindevorsteher war. Als seine Enkelin 2011 starb, verkauften die Erben die Kate. Die Stadt hatte die Kosten für die Feuerversicherung des Reetdachs übernommen. „Deshalb hatten wir Vorkaufsrecht“, sagt Zug. Aber der private Investor habe mehr geboten.

So geht Fachwerk

Das Prinzip des Fachwerkhauses hat sich seit Jahrhunderten bewährt. Wetterbeständig, winddicht und atmungsaktiv sind die langlebigen Konstruktionen aus organischen Materialien.

Das Holzskelett, bei älteren Bauten meist aus Eiche, bildet das Gerüst. Die Öffnungen zwischen den Balken nennt man Gefache, die unterschiedlich gefüllt werden.

Die älteste Form der Ausfachung ist die Stakung mit Strauchgeflecht und Lehmbewurf, wobei im Süden eher mit Lehm und im Norden mit Ziegeln ausgefacht wurde.

Alle tragenden Teile bestehen aus Ständern (senkrechte Balken) und Schwellen (waagerechte Balken), die diagonalen Balken zwischen den Stockwerken heißen Streben. Wie man sie anordnete, war regional und epochal unterschiedlich.

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Der neue Eigentümer, Geschäftsführer eines Hamburger Bausanierungsbetriebes, versprach, die Ursprungsform des Hauses wiederherzustellen und dort selbst einmal einzuziehen. „Wir haben uns davon überzeugt, dass er dazu in der Lage ist“, sagt der Bürgermeister. „Er wusste von vornherein, was er kauft.“ Es habe sehr vertrauensvolle Gespräche mit ihm gegeben.

Denkmalliste soll Kate schützen

Doch nichts passierte. Der Käufer sprach von Schwierigkeiten, Fachhandwerker zu finden – und die Kate verfiel zusehends. In Glinde wurden Vermutungen laut, der Investor wolle sie abreißen und einen Wohnkomplex bauen. Doch versilbern ließe sich das zentral gelegene Grundstück nicht. Die Kate genießt als Kulturdenkmal Bestandsschutz. Sollte sie zerstört werden, dürfte hier nichts Neues gebaut werden.

Ihrem weiteren Verfall schob das Landesamt für Denkmalpflege Ende August 2015 einen Riegel vor. Die Kate wurde in die Denkmalliste aufgenommen und ist damit besser geschützt. Der Eigentümer hat die Verpflichtung, sie zu erhalten und vor Gefährdung zu schützen. Jede Maßnahme bedarf der vorherigen Genehmigung.

Schäden in der Außenfassade

Im Herbst 2015 reichte es der Stadt. Glinde meldete beim Denkmalschutzamt Handlungsbedarf an. Der Eigentümer wurde aufgefordert, seinen Pflichten nachzukommen. Er beauftragte einen Sachverständigen, der das hölzerne Tragwerk des Gebäudes begutachtete und viele Schäden fand. Mit der Hamburger Architektin Heidrun Matzen, Spezialistin für Fachwerk, kam Bewegung in das Sanierungsprojekt. Als im Frühjahr die Glinder Grünen vor der Kate für den Erhalt demonstrierten, schaltete sie sich ein und versprach Sanierungsarbeiten ab Herbst. Jan Schwartz von den Grünen: „Wir haben nicht mehr viele Gebäude, die für uns Glinder Identifikation bedeuten.“

Jan Schwartz schätzt, dass der Eigentümer auf Zeit spielt
Jan Schwartz schätzt, dass der Eigentümer auf Zeit spielt © Jan Schwartz | privat

Bei einem Ortstermin sagte die Architektin jetzt: „Es tut sich etwas, wird sind aktiv dabei.“ An vielen Holzbalken der Außenfassade finden sich mit Kreide geschriebene Kürzel, die auf Schäden hinweisen. Einige der Tragbalken sind in Bodennähe völlig marode, der Giebel droht einzustürzen und an der Rückseite des Hauses neigt sich eine Wand nach innen. „Das Haus wurde falsch saniert“, sagt Matzen und deutet auf eine erneuerte Wandfuge, die schon wieder bröckelt.

Grüne zweifeln an Sanierungsabsicht

Wegen der niedrigen Bauzinsen und der Hochkonjunktur im Baubereich sei es sehr schwierig gewesen, gute Fachfirmen zu finden. Jetzt seien aber Arbeiten geplant. Innen ist das Gebäude mittlerweile entkernt. Mit dem Denkmalschutzamt soll Matzen im November abstimmen, wie es weitergeht.

Jan Schwartz hegt Zweifel an der Sanierungsabsicht, denn der Eigentümer ließ mehrere Gesprächstermine mit Stadt und Politik platzen: „Unsere Einschätzung ist, dass er auf Zeit spielt. Ihn noch weiter mit Samthandschuhen anzufassen, ergibt keinen Sinn“, sagt er. Gegenüber dem Abendblatt wollte sich der Eigentümer auch nicht äußern.

Am 6. Oktober wird sich der Bauausschuss mit dem Thema beschäftigen – nicht öffentlich