Ahrensburg. Die Ahrensburger CDU-Stadtverordneten Matthias Stern und Anne Hengstler werfen der Verwaltung „mangelhafte Kommunikation“ vor.
Viele Jahre und Jahrzehnte sind sie schon in der Ahrensburger Kommunalpolitik aktiv, ehrenamtlich als Stadtverordnete. Sie haben über Bebauungspläne entschieden, Kreditaufnahmen zugestimmt und beschlossen, dass Schulen saniert werden – doch in absehbarer Zeit soll Schluss sein. Die beiden CDU-Stadtverordneten Anne Hengstler und Matthias Stern wollen womöglich beide zur nächsten Kommunalwahl 2018 nicht wieder als Stadtverordnete kandidieren.
Für Anne Hengstler steht dieser Entschluss fest, ihr Lebensgefährte Matthias Stern überlegt ernsthaft, sich als Stadtverordneter zurückzuziehen. Geht auch er diesen Schritt, würden die Stadtverordnetenversammlung und die CDU-Fraktion eines ihrer Urgesteine verlieren. Der 61 Jahre alte Stern ist seit 1978 Stadtverordneter, im Jahr 2018 säße er 40 Jahre in Ahrensburgs höchstem politischen Gremium. Die 62 Jahre alte Anne Hengstler wäre dann immerhin zehn Jahre aktiv als Stadtverordnete.
Aufstellung der Container sorgte kürzlich für Krach
Doch warum wollen die beiden nach so vielen Jahren ihre ehrenamtliche Tätigkeit beenden? „Wir sind zunehmend frustriert und genervt von der mangelhaften Kommunikation seitens der Stadtverwaltung und von Bürgermeister Sarach gegenüber uns Stadtverordneten“, sagt Anne Hengstler im Gespräch mit dem Abendblatt. „Um als Stadtverordnete Sachverhalte beurteilen und Entscheidungen treffen zu können, sind wir auf Informationen und die Beschlussvorlagen der Verwaltung angewiesen“, sagt Matthias Stern, „diese sind aber zu oft lückenhaft und falsch.“
Beide nennen als Beispiel die Aufstellung von Containern für Integrationskurse an der Volkshochschule (VHS), die erst kürzlich für Streit zwischen Verwaltung und Politik sorgte. Die Verwaltung hatte vier Container beantragt, die dringend zum 1. August benötigt würden, die Stadtverordneten bewilligten zwei Container sowie zwei Räume in einer Schule. „Wir Stadtverordneten wurden nicht ehrlich über die Anforderungen an die Kurse und die Wünsche der VHS aufgeklärt“, sagt Anne Hengstler, die im Bau- und im Bildungsausschuss sitzt. „Dann mussten wir im Nachhinein noch erfahren, dass trotz des vermeintlichen Zeitdrucks die Container gar nicht bestellt wurden. Warum werden wir nicht ehrlich informiert?“
Manche Verfahrensvorgaben erschweren die Arbeit
Als weiteres Beispiel für die schlechte Kommunikation seitens der Stadtverwaltung nennt Matthias Stern die Erneuerung eines Chemieraums des Ahrensburger Gymnasiums Stormarnschule. „Der Bildungsausschuss hatte dafür 230.000 Euro bewilligt, nur durch Zufall habe ich danach erfahren, dass diese Mittel nicht abgerufen wurden und die Verwaltung keinen Auftrag ausgeschrieben hat.“
Stern ist stellvertretender Vorsitzender des Bildungs- sowie Vorsitzender des Werkausschusses. Er bemängelt auch, dass manche Verfahrensvorgaben den Stadtverordneten die politische Arbeit erschweren. „Bei Sitzungen des Bildungsausschusses müssen Fragen zum Punkt Verschiedenes inzwischen eine Woche vorher eingereicht werden. Das ist sehr umständlich. Dabei sollte die Verwaltung die ehrenamtliche Arbeit doch wohl unterstützen und nicht behindern.“
Genervt vom Rathaus? So denken die Chefs der Fraktionen darüber
Die beiden ehrenamtlich Tätigen wünschen sich mehr direkte Kommunikation mit Stadtverordneten und Ausschussmitgliedern. „Es wäre hilfreich, wenn der Bürgermeister, Amts- und Fachdienstleiter mehr das Gespräch suchen würden, auch unter vier Augen. Dann könnte man etwa im Vorfeld von Sitzungen und Entscheidungen schon Sachverhalte klären und ausloten, was politisch möglich ist“, sagt Matthias Stern aus seiner langjährigen Erfahrung als Stadtverordneter heraus. „Früher bei anderen Bürgermeistern gab es das auch und kam häufiger vor.“
Ein anderer Grund für Anne Hengstler, 2018 nicht wieder als Stadtverordnete zu kandidieren und für Matthias Stern, dies nach eigener Aussage ernsthaft zu erwägen, ist der, dass sie zunehmend die Anerkennung für ihr kommunalpolitisches Ehrenamt vermissen. „Es wird von vielen Bürgern gefordert, Dinge einfach zu machen, ohne zu bedenken, dass es dafür politischer Mehrheiten bedarf“, sagt Anne Hengstler. „Und wenn die Dinge dann anders laufen als gewünscht, muss man sich als Stadtverordneter oft unsachliche und scharfe Kritik anhören.“
Beide vermissen Anerkennung und Respekt für ihr Ehrenamt
Sie beklagt auch, dass oftmals allgemein „die Politiker“ kritisiert werden, ohne näher zu differenzieren. Obwohl kommunalpolitisch engagiert, will Anne Hengstler sich selbst gar nicht als „Politikerin“ bezeichnen. „Ich bin ehrenamtlich politisch tätig, mein Beruf ist Lehrerin“, sagt die Ahrensburgerin, die am Gymnasium Stormarnschule Mathematik und Sport unterrichtet. Auch ihr Partner Matthias Stern ist dort Lehrer, für Mathematik und Geschichte. Beide bekommen für ihr Ehrenamt eine Aufwandsentschädigung von 39 Euro monatlich. Dazu gibt es 19 Euro für jede Sitzungsteilnahme, unabhängig davon, wie lange das Gremium tagt. Beide Summen müssen versteuert werden.
Matthias Stern vertritt eine ähnlicher Ansicht wie seine Partnerin: „Früher gab es mehr Respekt für das Ehrenamt eines Stadtverordneten, heute sind die positiven Rückmeldungen aus der Bevölkerung selten geworden, dafür ist mein Eindruck, dass sich viel schneller empört wird.“
Die harsche Kritik mancher Bürger können die beiden Stadtverordneten auch deshalb nicht nachvollziehen, weil doch der Bürgerbeteiligung in der Kommunalpolitik im Unterschied zu vergangenen Zeiten wesentlich mehr Raum gegeben werde. „Die Ausschusssitzungen zum Beispiel sind mittlerweile öffentlich, es wird mehr und öffentlich diskutiert, die Transparenz von Entscheidungen ist viel größer geworden“, sagt Anne Hengstler. „Früher wurden Entscheidungen viel häufiger in Klüngelrunden hinter verschlossenen Türen getroffen.“
Verwaltungschef Michael Sarach möchte die Gründe für den Rückzug von Hengstler und möglicherweise Stern nicht näher kommentieren. Der Bürgermeister sagt auf Abendblatt-Anfrage nur: „Sollte es soweit kommen, respektiere ich diese Entscheidung. Und ich würde sie bedauern, da die Beiden als Stadtverordnete außerordentlich konstruktiv mitgearbeitet haben.“