Grosshansdorf. Für die Reparatur wird die tonnenschwere Stahlkonstruktion am Waldreiterweg nach Dessau transportiert. Im September kommt sie zurück.
20 Millimeter. So viel Platz hat Kranführer Michael Zengel auf jeder Seite der 17,40 Meter langen U-Bahnbrücke über den Waldreiterweg in Großhansdorf. Zusammen also vier Zentimeter, um die 36,5 Tonnen schwere Stahlkonstruktion sicher in die Luft zu heben. „Alles Routine“, sagt Zengel, „wichtig ist, dass sich nichts verkantet.“
Genau 15 Minuten braucht der Mann mit der ruhigen Hand, dann hat er die schwere Fracht mit seinem auf 30 Meter ausgefahrenen Kran zwischen den ebenso hohen Bäumen gedreht und auf vier Trägern auf dem Waldreiterweg abgesetzt. Dabei kann er sich auf sein Team verlassen. „Über Funk bekomme ich Anweisungen, die Kollegen an den Seilen sorgen für Stabilität“, sagt er.
Entgleister Waggon beschädigte Konstruktion
Währenddessen fliegen auf der Straße schon die Funken: Arbeiter flexen die Laufstege an beiden Seiten ab, weil die Brücke mit ihren 5,42 Metern zu breit für den Schwertransport zur Firma Stahlbau Dessau (Sachsen-Anhalt) ist. Dort wird die im Dezember 2013 durch einen entgleisten Zug schwer beschädigte Konstruktion repariert. Die Brücke auf der 1921 eröffneten Walddörferbahn ist nämlich noch jung: Sie war erst 2007 ausgetauscht worden.
„Die Sanierung ist deutlich günstiger als ein Neubau“, sagt Jens Schulze, der das Projekt bei der Hamburger Hochbahn AG leitet. Etwa 150.000 Euro kostet die Reparatur, weitere 100.000 Euro sind für Arbeiten vor Ort eingeplant. Unter anderem müssen die alten Widerlager abgetragen werden. Das geschieht mit einem Hochdruck-Wasserstrahl. „Der schneidet so scharf wie ein Laser“, sagt Schulze. Ein Neubau hätte ein Vielfaches an Kosten verursacht.
Brücke bekommt Korrosionsschutz
Der Transport über rund 360 Kilometer nach Dessau zahle sich unter dem Strich aus. Vier Meter der verbogenen Brücke werden dort abgeschnitten und neu angeschweißt. „Außerdem bekommt sie einen Korrosionsschutz“, sagt Schulze. Das alles wäre vor Ort in Großhansdorf deutlich aufwendiger, unter anderem hätte ein riesengroßes Zelt errichtet werden müssen.
Hochbahn sucht Gleisbauer
Genau 42 Tage sind für die Reparatur eingeplant. Am Mittwoch, 21. September, soll sich die Lücke zwischen den U-1-Haltestellen Kiekut und Großhansdorf wieder schließen. Bis dahin erneuern Arbeiter auch noch Schienen: Der entgleiste Waggon hatte mit seinen Achsen die Schwellen demoliert.
Bislang größtes Bauprojekt der Hochbahn
Die Brücke über den Waldreiterweg ist Teil des bisher größten Bauprojekts der Hochbahn. Auf den beiden letzten Abschnitten der U 1 (ab Hamburg-Volksdorf nach Großhansdorf und Ohlstedt) lässt sie für 26,4 Millionen Euro sechs Bahnhöfe barrierefrei umrüsten und sieben Brücken erneuern. 5,8 Millionen kommen vom Land Schleswig-Holstein, aus Ahrensburg und Großhansdorf sowie vom Kreis Stormarn.
Seit Anfang Juli ist die Strecke komplett gesperrt. Für die rund 13.000 Kunden, die in Stormarn täglich mit der U-Bahn fahren, gibt es einen Busersatzverkehr. Am 20. Oktober sollen die Züge wieder rollen. Hochbahn-Sprecher Christoph Kreienbaum ist optimistisch, den Termin einhalten zu können. „Wir liegen an allen Baustellen gut im Zeitplan“, sagt er. Unter anderem bekommen die Bahnhöfe Ahrensburg West und Ost sowie Schmalenbeck Aufzüge. Diese Arbeiten sollen im Frühjahr 2017 beendet werden.
Orkan „Xaver“ fällte Buche
Im Dezember 2013 war eine U-Bahn vor der Brücke über den Waldreiterweg in Großhansdorf aus den Schienen gesprungen, weil der Orkan „Xaver“ eine 60 Zentimeter dicke Buche gefällt und auf die Gleise geworfen hatte. Die Fahrgäste bleiben unverletzt.
Die Strecke musste für statische Untersuchungen mehrere Tage gesperrt werden. Sie wurde schließlich wieder freigegeben, aber nur für eingeschränkte Geschwindigkeiten. Die Reparatur des Waggons 187 in einer Spezialfirma in Henningsdorf bei Berlin kostete 700.000 Euro.
Ob Kranführer Michael Zengel und sein Team am 21. September bei der Rückkehr der Brücke nach Großhansdorf erneut beweisen dürfen, dass sie millimetergenau arbeiten können, steht noch nicht fest. Der Dienstplan der Firma Knaack Krane, die 36 Fahrzeuge mit bis zu 750 Tonnen Hubkraft im Einsatz hat, reicht noch nicht so weit voraus.