Nach dem Unfall am Hoisdorfer Badesee schildert Kinder- und Jugendpsychiater Michael Schulte-Markwort, wie man Kindern den Tod erklärt.

Wie erleben Zweijährige ein solches Unglück?

Michael Schulte-Markwort: In einem solchen Fall spiegelt es sich für sie in der Reaktion der Erwachsenen, etwa durch deren Panik. Auch Kleinkinder spüren dann, dass etwas Schreckliches passiert ist. Das verunsichert sie und macht ihnen Angst. Eine andere Ebene ist es, wenn sie direkt mitbekommen, dass Kindern ein Leid geschieht. Das erschreckt sie unmittelbar.

Können Kleinkinder begreifen, was es heißt, dass ein anderer tot ist?

Sie verstehen selbstverständlich nicht in der gleichen Dimension wie Erwachsene, was der Tod bedeutet. Aber sie ahnen das Unwiderrufliche, dass jemand, den sie kannten, nicht mehr da ist. Das ein Gefühl des Verlusts, das sich aber auch einstellt, wenn ein Kind, das sie kennen, wegzieht, und sie es nie wieder sehen. Bei persönlichen Beziehungen wird das noch stärker empfunden.

Wie erklärt man Kindern den Tod?

Am besten verwendet man dieselben Begriffe und spricht vom Tod. Es hängt dann von Nachfragen ab, ob und wie es vertieft werden sollte. Tot sein heißt für Kinder, dass ein anderer weg ist und nicht mehr wiederkommt.

Brauchen die in Hoisdorf betroffenen Kinder psychologische Betreuung?

Nicht automatisch. Wenn Kinder psychisch gesund sind, dann kann man auf ihre Selbstheilungskräfte vertrauen. Man muss sie nicht übermäßig ängstlich beäugen. Das kann bei älteren Kindern anders sein. Jüngere verarbeiten das so, dass keine bleibenden Schäden entstehen. Wenn ein Kind psychisch gesund ist, kann es den Verlust verarbeiten.

Professor Dr. Michael Schulte-Markwort ist Ärztlicher Direktor der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychosomatik im UKE in Hamburg und im Kinderkrankenhaus Altona