Ahrensburg. Knapp 45.000 Euro Jahresmiete: Stadt Ahrensburg baut WC wegen zu hoher Mietkosten ab. Senioren- und Behindertenbeirat protestieren.

Eine der wohl teuersten öffentlichen Toiletten Deutschlands wird Ende des Jahres abgebaut. Im Vorjahr hatte die Stadt Ahrensburg jeden Gang auf das vollautomatische WC vor dem Rathaus mit 57 Euro gefördert. Im Schnitt gingen täglich zwei Bürger für eine Gebühr von 50 Cent auf das stille Örtchen. Für Miete und Wartung zahlte die Stadt jedoch knapp 44.000 Euro sowie für Strom und Wasser noch einmal rund 2000 Euro. Jetzt beschlossen die Kommunalpolitiker im Umweltausschuss, dass der Zehnjahresvertrag mit der Firma JCDecaux zum 31. Dezember gekündigt wird.

Öffentliche Toiletten im Ahrensburger Zentrum

Peter-Rantzau-Haus, Manfred-Samusch-Straße 9, montags bis freitags 9 bis 17 Uhr, bei Veranstaltungen ist abends und auch am Wochenende deutlich länger geöffnet.

Rathaus, Manfred-Samusch-Straße 5, montags bis mittwochs 8 bis 16, donnerstags 12 bis 18, freitags 8 bis 12 Uhr.

Stadtbücherei, Manfred-Samusch-Straße 3, montags, donnerstags 10 bis 19, mittwochs, freitags 10 bis 16, sonnabends 10 bis 13 Uhr.

City-Center-Ahrensburg, Klaus-Groth-Straße 1, zweites Obergeschoss, montags bis sonnabends 8 bis 20 Uhr. kx

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„Die Toilette ist an dem Standort nie richtig angenommen worden“, sagt die Ausschussvorsitzende Marleen Möller (SPD). „Das entscheidende Argument sind die Kosten“, meint ihr Stellvertreter Heino Wriggers (CDU). Tatsächlich ist auf der Ausgabenseite seit der Eröffnung Mitte 2006 fast eine halbe Million Euro zusammengekommen – bei Einnahmen von gerade einmal knapp 7000 Euro.

Stilles Örtchen hat im Schnitt täglich zwei Besucher

Doch nicht nur das Geld spiele eine Rolle. Mit der Eröffnung des Peter-Rantzau-Hauses Anfang 2011 seien in wenigen Metern Entfernung neue, behindertengerechte und kostenlose Toiletten zu erreichen. Weitere Alternativen in der Nähe seien das Rathaus, die Ahrensburger Stadtbücherei und das Einkaufszentrum CCA.

Unumstritten ist die Entscheidung allerdings nicht. Der Seniorenbeirat hatte vergebens beantragt, das dunkelgrüne Häuschen stehen zu lassen. „Es ist die einzige Toilette, die immer geöffnet, immer sauber und auch behindertengerecht ist“, sagt Christof Schneider, Vorsitzender des Gremiums, das alle über 60-Jährigen vertritt. Der Behindertenbeirat sieht das genauso. „Tagsüber kann das Rantzau-Haus genutzt werden“, sagt der Vorsitzende Gerhard Bartel, „aber wenn dort geschlossen ist, gibt es keine andere Möglichkeit.“

Die beiden Männer sind sich einig, dass eine 34.000-Einwohner-Stadt wie Ahrensburg eine öffentliche Toilette braucht, die rund um die Uhr erreichbar ist. „Das Häuschen muss auf jeden Fall so lange bleiben, bis das geplante Fahrrad-Parkhaus mit Behinderten-WC am Bahnhof gebaut ist“, sagt Gerhard Bartel. Ein besserer Standort sei womöglich die Restaurantmeile Große Straße, in der die Stadt auch etliche Feste organisiere.

Jahresmiete von knapp 38.000 auf 45.000 Euro gestiegen

Christof Schneider bringt eine andere Idee ins Spiel: Die Stadt könne eine ähnliche Anlage wie die jetzige direkt am Rathaus errichten. „Im Zuge des bevorstehenden Umbaus könnte ein Extra-Seiteneingang zu einer isolierten Toilette errichtet werden“, sagt er. Möglicherweise gebe es Zuschüsse aus dem Städtebauförderprogramm. Die beiden Interessenvertretungen kämpfen auf jeden Fall für eine Lösung des drängenden Problems. Der Seniorenbeirat berät am Freitag, 20. Mai (13 Uhr, Peter-Rantzau-Haus), über das weitere Vorgehen.

Mitte 2006 war das vollautomatische Toilettenhäuschen, das sich nach jedem Gang innen selbst reinigt, aufgestellt worden. Für rund 10.000 Euro wurden Fundament, Strom- und Wasserleitungen gelegt. Der Mietpreis an die weltweit tätige Firma JCDecaux stieg von jährlich knapp 38.000 auf aktuell fast 45.000 Euro.

Sechs Jahre lang hatte der frühere Seniorenbeirat für das Projekt geworben. Die WC-Anlage unter dem Pavillon auf dem Rathausplatz war wegen Vandalismus gesperrt worden, einzig die Markthändler bekamen Schlüssel. Walter Schneider, damals Stadtverordneter und Umweltausschuss-Chef ein großer Befürworter des Miet-WCs, engagiert sich heute im Seniorenbeirat. „Die Entscheidung ist natürlich enttäuschend“, sagt der 78-Jährige, „das trifft vor allem ältere und behinderte Menschen.“ Er appelliert daran, über einen neuen Vertrag zu verhandeln oder andere Anbieter zu kontaktieren.

Dem stehen auch die Kommunalpolitiker nicht entgegen. Die Kündigung müsse bis Ende Juni erfolgen, weil sich der Vertrag sonst automatisch um ein Jahr verlängere. „Vielleicht lassen sich für die Stadt günstigere Konditionen erzielen“, sagt SPD-Politikerin Marleen Möller. Laut Verwaltung habe JCDecaux bereits „angedeutet“, darüber reden zu können.

Um das rund zehn Tonnen schwere Häuschen wieder loszuwerden, muss die Stadt auf jeden Fall noch einmal in ihre Kasse greifen. Im Vertrag ist festgelegt, dass Ahrensburg den rund 8000 Euro teuren Rücktransport mit Hilfe eines Autokrans übernehmen muss.

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