Großhansdorf. Seit mehr als 20 Jahren gibt es die Initiative Mehr Sicherheit für Großhansdorf. So funktioniert ihre zivile Einbrecherabwehr.
Es gibt keine Gegend in Schleswig-Holstein, in der Einbrecher häufiger unterwegs sind als im Kreis Stormarn. Sie hoffen im Hamburger Speckgürtel auf reiche Beute, nutzen die guten Fluchtwege über die Autobahnen, mit dem Zug oder mit der U-Bahn. Die Großhansdorfer Joachim Kube und Karl-Heinz Schult-Bornemann wissen das. Um ihr Eigentum zu schützen, engagieren sie sich in der Initiative „Mehr Sicherheit in Großhansdorf“. Wie so häufig starten sie ihre Beobachtungstour auch an diesem Abend am U-Bahnhof Großhansdorf.
Das Backsteingebäude ist der Ort, an dem die Initiative immer wieder Erfolge bei der Abwehr von mutmaßlichen Einbrechern verbuchen kann. Karl-Heinz Schult-Bornemann steigt von seinem Fahrrad ab. Er freut sich, wenn er die Geschichte erzählt: „Es ist vorgekommen, dass verdächtig aussehende Personen auf dem Absatz kehrt gemacht haben und zurück zur Bahn gegangen sind, wenn sie Mitglieder von uns hier gesehen haben.“ Nicht nur für ihn ist es gut denkbar, dass es wohl Einbrecher waren, die erkannt haben, dass sie unter Beobachtung standen.
Die Bürgerinitiative „Mehr Sicherheit in Großhansdorf“ hat 112 aktive Mitglieder und weitere Unterstützer, die die Arbeit mit Spenden fördern. Die Frauen und Männer absolvieren regelmäßig sogenannte Beobachtungstouren. Sie laufen oder fahren auf bestimmten Routen durch die 9300-Eonwohner-Gemeinde, notieren verdäch-tige Ereignisse und rufen im Notfall über Handy die Polizei.
Aufklärungsquote ist leicht auf 6,2 Prozent gestiegen
An diesem Abend schwingen sich Joachim Kube, der Vorsitzende, und sein Pressewart Schult-Bornemann bei Anbruch der Dunkelheit auf ihre Fahrräder und strampeln in einem zügigen Tempo, das aber noch das genaue Hinsehen erlaubt, los. Kube stellt klar, dass sich die Initiative nicht als verlängerter Arm der Polizei versteht. „Wir unterstützen nur, indem wir genau hinsehen“, sagt er. Sehr genau sogar.
Ein prall gefüllter Briefkasten oder Jalousien, die auch am Tag heruntergelassen sind: Wenn Kube auf seiner Tour so etwas bemerkt, achtet er besonders auf die Grundstücke. „Häuser, deren Bewohner so offensichtlich im Urlaub sind, locken auch Einbrecher an.“
Die Männer drosseln ihr Tempo an einer Straße mit besonders vielen Bäumen. Als Kube an einem Haus blaues Flackerlicht aus einem Fenster scheinen sieht, freut er sich. „Toll, die sind endlich aus dem Urlaub zurück.“ Eine Sorge weniger.
Im vergangenen Jahr gab es 80 Einbrüche in Grosshansdorf
Im vergangenen Jahr ist die Zahl der Einbrüche in Großhansdorf um 43 Prozent auf 80 Taten gestiegen. Kreisweit gab es ein Plus von 46,7 Prozent auf 1281 Taten. Jeden Tag passieren in Stormarn durchschnittlich dreieinhalb Einbrüche. Der Gesamtschaden liegt bei rund 3,5 Millionen Euro. Das geht aus der aktuellen Kriminalstatistik hervor.
Die Polizei kann nur jeden 16. Täter fassen, die Aufklärungsquote liegt bei 6,2 Prozent. Was sich für Außenstehende nicht sonderlich hoch anhört, bewerten die Ermittler als hart erkämpften Erfolg. Wegen der stark gestiegenen Einbruchskriminalität hatte die Polizeidirektion extra eine Präventions- und Ermittlungsgruppe Wohnungseinbruchsdiebstahl (PEG-WED) gegründet.
Deren Chef Holger Meincke sagte bei der Präsentation der Zahlen, dass er sehr froh sei, dass seine Kollegen im Vorjahr mehr Taten als 2014 aufklären konnten. Die Zahl stieg von 44 auf 79, was einem Plus von 80 Prozent entspricht. Warum die Zahl der Einbrüche seit einigen Jahren nicht nur in Stormarn wieder steigt, können aber auch die Experten nicht erklären.
Fast 1600 Einbrüche im Jahr 1993 markieren den Höchststand in Stormarn
Der Negativrekord stammt aus den 1990er-Jahren. Damals kamen laut Holger Meincke Einbrecherbanden aus der sich auflösenden Sowjetunion in den Westen, um auf Beutezug zu gehen. In der Folge gab es im Jahr 1993 fast 1600 Einbrüche in Stormarn.
Damals gründeten besorgte Großhansdorfer die Bürgerinitiative. „Wir haben gesehen, dass die Polizei nicht überall sein konnte“, sagt Joachim Kube, „und mit unseren Beobachtungstouren begonnen.“ Damit waren die Großhansdorfer eine Art Vorreiter bei der zivilen Einbrecherabwehr. Nach ihrem Vorbild gibt es mittlerweile auch in Ahrensburg und Oststeinbek Vereine. Der tatsächliche Erfolg sei aber nicht messbar, sagt Kube. So sei das bei Präventionsarbeit.
Die Polizei schätzt den Einsatz der Bürger. Ralf Lorenzen, Leiter der Kripo in Ahrensburg, sagt: „Wir begrüßen die Arbeit der Initiativen sehr. Jedes beobachtende Auge ist wertvoll.“ Er tausche sich regelmäßig mit den Vereinen in Ahrensburg und Großhansdorf aus. „Sie bewegen sich immer sehr genau in den Grenzen, die Privatpersonen in dem Bereich gesetzt sind“, sagt Lorenzen. Die Aufgabe sei die, die Zeugen haben. Sogenannte eingreifende Maßnahmen seien verboten und der Polizei vorbehalten.
Die Bürgerinitiative sucht neue Mitglieder
Auf diese klare Abgrenzung legt auch Joachim Kube Wert, wenn er neue Mitglieder zum Kennenlernen trifft und sie anschließend geschult werden. Er sagt: „Wir hatten schon Leute, die mit Waffen patrouillieren wollten. Das gibt es bei uns natürlich nicht.“ Die Interessenten habe er selbstverständlich abgewiesen.
„Das heißt aber nicht, dass wir keinen Nachwuchs brauchen“, sagt der Vorsitzende. Eine aktive Mitgliedschaft bedeute auch nicht, dass man regelmäßig zwei Stunden durch Großhansdorf radeln müsse, so wie Kube und Schult-Bornemann es an diesem Frühlingsabend tun. „Optimal wären für uns beispielsweise Großhansdorfer, die sowieso mit ihrem Hund spazieren gehen.“
Die Bürgerinitiative „Mehr Sicherheit in Großhansdorf“ informiert über ihre Arbeit auf der Internetseite www.mehrsicherheit.info. Auskünfte gibt es auch unter Telefon 04102/657 61.