Lütjensee. Im Kreis Stormarn starben Tiere, die Schneckenkorn gefressen hatten. Was treibt die Täter an, und was können ihre Halter tun?

Als Carmen Hansen ihre beiden Mischlinge Ilse und Heinz um sieben Uhr morgens in den Garten lässt, ahnt sie noch nicht, dass beide wenige Stunden später in der Tierklinik in Lübeck behandelt werden müssen. Die traurige Diagnose lautet: Vergiftung durch Schneckenkorn, einem giftigen Granulat, das es in jeder Gartenhandlung zu kaufen gibt. Nach einem Tag im künstlichen Koma muss Heinz eingeschläfert werden, Ilse hat die Vergiftung knapp überlebt. Besonders bitter für Hansen: Vergiftet haben sich ihre Hunde im eigenen Garten. Wie das Gift dort hingekommen ist, weiß sie nicht. Ohne menschliches Zutun kann das nicht passiert sein, für den Wind ist das Granulat zu schwer. Allerdings hat Hansen bislang keine Spuren des Giftes in ihrem Garten ausmachen können.

In Reinbek war es am Ostermontag zu einem ähnlichen Fall gekommen, der auf Facebook publik wurde. „Böse Menschen haben meinen Hund mit Schneckenkorn vergiftet“, schreibt die Halterin auf ihrem Profil und stellte dazu einen kurzen Clip online, der den Hund in erbarmungswürdigem Zustand auf einer Pritsche zeigt. Drei Stunden später ist der Vierbeiner seiner Vergiftung erlegen. „Rudi hat es nicht geschafft“, schreibt die Reinbekerin im Netz, „ich kann es noch gar nicht glauben.“ Ihre Freunde bei Facebook reagierten mit Unverständnis: „Was sind das für Menschen?“ Die Reinbekerin war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Tierhasser wollen verletzen und quälen

Ein Täterprofil zu bestimmen sei schwierig, sagt Michael Rockel, der sich in Hamburg als Anwalt auf Tierrecht spezialisiert hat. „Einmal gibt es die sogenannten Tierhasser“, sagt der Experte. Ihnen gehe es einzig darum, Tiere zu verletzen und zu quälen. Dafür legten sie die Giftköder auch auf öffentlichen Plätzen aus.

Einen zweiten Teil macht laut Rockel der Nachbarschaftsbereich aus. „Hier sind die Motive vielfältig“, so der Hamburger Anwalt. Habhaft werde man der Täter allerdings selten. Denn bei der Vergiftung eines Vierbeiners müsse dem Täter erst einmal Vorsatz nachgewiesen werden. „Das ist im Zweifelsfall ziemlich schwer“, sagt Rockel.

So bemerken Sie eine Vergiftung

Bei einer akuten Vergiftung bleibt dem Hundebesitzer nur der Gang zum Tierarzt. „Die bekannten Hausmittelchen wie Kohletabletten oder Brechmittel helfen bei Schneckenkorn nicht“, sagt Dr. Olaf Menzel von der Kleintierpraxis in Reinbek. Auch die Diagnose sei nicht leicht.

Die SymptomeDie Symptome seien von der Dosis abhängig, so Menzel: „Neben Unwohlsein, erhöhtem Speichelfluss und Krämpfen kommt es auch zu einer starken Überhitzung.“

An der Überhitzung könne man eine Vergiftung am ehesten erkennen, besonders sensibel sollten Besitzer von Hunden sein, die alles fressen, so der Tierarzt.kno

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Kommt es zu einer Anklage, greift das Tierschutzgesetz, zivilrechtlich könne dazu noch auf Schadenersatz geklagt werden. Wenn es überhaupt zu einer Verurteilung komme, bleibe es meist bei niedrigen Geldstrafen, so Rockel. Die Reinbekerin von Facebook hat ihren Fall dennoch der Polizei gemeldet ebenso wie Carmen Hansen aus Lütjensee.

„Bei der Polizei hat man mich mit großen Augen angeguckt“, sagt Hansen, „man sagte mir, ich sei die Erste die eine Anzeige gemacht habe, obwohl schon viele Gerüchte um Giftattacken im Netz kursieren“. Für Hansen ist das unverständlich: „Wenn man einen verdächtigen Giftköder findet, sollte man das auch zur Anzeige bringen“, sagt sie. Auch die Polizei habe dann bessere Chancen, den Tätern auf die Spur zu kommen.

Eine App informiert über Gefahrengebiete

Außerdem müsse man weitere Hundehalter warnen, sagt die Hundehalterin, die sich über potenziell gefährliche Landstriche auf Facebook informiert. Was früher noch auf dem Hundeplatz ausgetauscht wurde, findet heute in den neuen Medien statt. Davon zeugt auch eine Internetseite inklusive eigener App zum Thema – das sogenannte Giftköder-Radar. Die App funktioniert ähnlich wie ein Blitzer-Radar. Auf einer Karte werden die eingesendeten Warnungen eingezeichnet. Wer einen kostenpflichtigen Zugang hat, erhält zusätzlich eine Push-Nachricht aufs Handy, wenn eine neue Gefahr in der Nähe gemeldet worden ist.

Im Giftköder-Radar ist seit Kurzem auch die Stelle verzeichnet, an der sich der Hund der Reinbekerin vergiftet haben soll: der Klosterbergenwald in Reinbek. Seit dem Start des Portals 2011 steige die Anzahl der gemeldeten Fälle, sagt Betreiber Sascha Schoppengerd. Über das Portal ließen sich die Fälle erstmals überhaupt statistisch erfassen. Die Polizei erfasst Verstöße gegen den Tierschutz nur allgemein und führt keine spezifischen Daten über die Giftattacken. „Außerdem wollen wir die Hundebesitzer durch Aufklärungsarbeit dazu animieren, Anzeige zu erstatten“, so Schoppengerd.

Carmen Hansen ist sehr traurig über ihren Verlust. „Heinz war mein Herzenshund“, sagt sie. Sie ist fassungslos: „Du kannst deinen Hund in deinem eigenen Garten nicht mehr laufen lassen.“