Trittau. Ein Orgelbauer steckt 6000 Stunden Handarbeit in das Instrument, das ab Oktober die Trittauer Martin-Luther-Kirche zum Klingen bringt.
Noch klafft ein Loch über der Empore der evangelisch-lutherischen Kirche in Trittau. Christian Schröder und André Wiedekopf, beide Tischler aus einem Betrieb bei Güstrow, passen dunkel einfärbte Holzplatten in den kleinen Raum hoch über den Kirchenbänken ein. Eine Woche brauchen die Handwerker, um aus ihm einen sogenannten Balg-Raum zu machen. Und so unscheinbar die Dunkelkammer wirken mag – ihre Bedeutung ist enorm. Denn im Balg-Raum wird der Wind gemacht. Und Wind braucht die neue Kirchenorgel, die ab Oktober die Räume des Trittauer Gotteshauses mit Musik erfüllen wird. Sechs Jahre Warten haben dann ein Ende.
So lange hat die Kirchengemeinde, hier allen voran der 2010 gegründete Orgelbauverein Trittau, auf das neue Instrument hingearbeitet. „Damals zeichnete sich ab, dass der alten Orgel die Puste ausgeht“, sagt Barbara Fischer. Als hauptamtliche Kirchenmusikerin hatte sie mit dem Verfall des 1964 erbauten Instruments besonders schwer zu kämpfen. „Dabei sollte eine Orgel in diesem Alter noch in ihren besten Jahren sein“, sagt Fischer. Mit Klebeband und Klebstoff flickte sie notdürftig Blasebalg und Ventilfedern. Trotzdem kam es immer wieder zu Luftdruckschwankungen und damit zu unbeabsichtigten Tonveränderungen.
Für weitere Misstöne sorgten auch die Orgelpfeifen, die sich nach und nach verformten. Ein Gutachter entschied schließlich über das Schicksal der baufälligen Kirchenorgel: Er riet der Gemeinde ab, weiterhin Geld in Reparaturen zu stecken. Außerdem sei die Orgel mit ihrem Klangvolumen nie für die Trittauer Kirche konzipiert worden – ein optimales Ergebnis wäre daher sowieso ausgeschlossen.
Die für die Kirche maßgefertigte neue Orgel kostet 360.000 Euro
„Eine Kirche ohne Orgel? Unvorstellbar“, sagt nicht nur Organistin Barbara Fischer. Die Kirchengemeinde zog nach intensiven Gesprächen eine Neuanfertigung in Betracht, ließ sich Angebote unterbreiten und Entwürfe vorlegen. Den Zuschlag bekam der Orgelbauer Frank Weimbs aus Hellenthal in der Eifel. In seinem Traditionsbetrieb entstehen in reiner Handarbeit kunst- und klangvolle Orgeln, die in Größe, Aussehen und Ausstattung perfekt auf ihren künftigen Standort zugeschnitten sind. Und das hat seinen Preis. „Die Orgel, die unseren Wünschen und Ansprüchen entsprach, sollte mindestens 300.000 Euro kosten“, sagt Barbara Fischer. Kein Schnäppchen.
Aber auch kein Grund aufzugeben. Fischer gründete mit Gleichgesinnten den Orgelbauverein mit dem Ziel, den Neubau finanziell zu ermöglichen. Mit Engagement und einer Portion guter Ideen hat das Team aus Ehrenamtlichen es im Laufe der Zeit geschafft, in ihrer Heimatstadt und darüber hinaus viele Menschen für das Projekt zu begeistern. Unter dem Motto „Wir ziehen alle Register“ rief der Orgelbauverein neben anderen Spendenaktionen dazu auf, Patenschaften für Orgelpfeifen zu übernehmen.
Mittlerweile sind rund 270.000 Euro zusammengekommen. „Diese unglaubliche Summe zeigt, wie sehr eine neue Orgel vielen Menschen am Herzen liegt“, sagt Anja Botta. Nach ihrer Amtszeit in Ahrensburg ist sie seit April 2015 Pastorin im Trittauer Süden und begeistert von der Initiative, die Gemeindemitglieder hier an den Tag legen. „Ich habe das Gefühl, dass dadurch alle Trittauer noch näher zusammengerückt sind“, so Anja Botta. „Viele, die bisher mit der Kirche wenig zu tun hatten, bringen sich jetzt mit Ideen und Arbeit ein.“ Neue Kontakte seien entstanden, die zu wertvollen Begegnungen mit nachhaltigem Charakter führten.
Bis zu acht Handwerksmeister bauen seit einem Jahr an dem Instrument
Damit habe die Orgel bereits vor ihrer Ankunft in Trittau viel bewegt. „Ein klares Zeichen dafür, dass es sich um keine bloße Luxusanschaffung handelt“, sagt Pastorin Botta. Natürlich seien 360.000 Euro - so der momentane Endpreis für das Instrument - viel Geld. Die Kirchengemeinde bezahlt, was nach Abzug der Spendeneinnahmen noch offen ist. Bisher also rund 90.000 Euro.
Für Anja Botta eine mehr als sinnvolle Investition: „Eine Kirchenorgel kann mit ihrer Ausstrahlung und ihrem Klang Menschen Mut schenken. Und sie seelisch ermuntern, sich weiteren wichtigen Projekten mit ganzer Kraft zu widmen.“
Noch steht die Stormarner Orgel in der Eifel. Orgelbauer Frank Weimbs sagt zum aktuellen Stand: „Wir sind gerade dabei, nach den Prospektpfeifen nun die Pedalpfeifen einzubauen.“ Seit nahezu einem Jahr konzentrieren sich bis zu acht Handwerksmeister ausschließlich auf das Trittauer Instrument. Sie bauten das drei Meter breite und fünf Meter hohe Orgelgehäuse aus fein gewachsenem Eichenholz, setzten Windladen und Balgrahmen zusammen und kreierten den Spieltisch samt Klaviatur. Auch die rund 1200 Orgelpfeifen sind Eigenanfertigungen: von der kleinsten Pfeife, die 22,3 Millimeter misst, bis zur größten mit einer Länge von 3,20 Metern. Dem Instrument, das später sechs Tonnen wiegen wird, ist seine Schönheit schon anzusehen. Wie schön es sich letztendlich anhören wird, entscheidet sich bei der sogenannten Intonation, dem Festlegen des Klangbildes. Das geschieht erst, sobald die Orgel an ihrem Einsatzort in der Trittauer Martin-Luther-Kirche steht. „Der Raum hat einen ganz entscheidenden Einfluss auf den Klang“, erklärt Frank Weimbs.
Am 31. Mai wird die Orgel endlich angeliefert und mit einem Fest begrüßt
Voller Vorfreude und Spannung schauen Kirchengemeinde, Orgelbauvereinsmitglieder, Spender und Pfeifenpaten dem 31. Mai entgegen. Dann wird die Orgel angeliefert und mit einem Fest in Trittau begrüßt. Für Einbau und Intonation werden noch einige Wochen ins Land gehen, bis dann schließlich am 1. Oktober das erste Konzert stattfinden wird – exklusiv für Orgelpaten.
Wer hier dabei sein will, kann nach wie vor eine Pfeifenpatenschaft ab 50 Euro übernehmen. Alle Paten werden in einem Buch notiert, das in einem speziell angefertigten Fach in der neuen Kirchenorgel verwahrt wird. Vielleicht sogar bis in alle Ewigkeit.
Hier können Sie Orgelpate werden:Orgelbauverein Trittau Kirchenstraße 17, 22946 Trittau. Vorsitzender Swen Faustmann, Telefon 04154/82 36, Stellvertretende Vorsitzende Barbara Fischer, Telefon 04154/77 49. Internetadresse des Vereins: www.orgelbauverein-trittau.deSpendenkonto: Sparkasse Holstein IBAN DE89 2135 2240 0179 0169 02