Glinde. Glinder Flüchtlingshilfeverein muss Raum im Mehrzweckpavillon am Marktplatz aufgeben. Übergangslösung ist nach SPD-Antrag in Sicht.

Der Glinder Flüchtlingshilfeverein muss mit seiner Kleiderkammer raus aus dem Keller des Mehrzweckpavillons am Marktplatz. Das Gebäude im Zentrum gehört der Stadt. Sie hat den Ehrenamtlichen zum 29. Februar gekündigt. „Bisher haben wir noch keine neue Bleibe gefunden“, sagt Werner Braun, 78, der die Kleiderkammer zusammen mit seiner Frau Johanna, 69, leitet. Das könnte sich schnell ändern. Ein Antrag der SPD-Fraktion im Sozialausschuss am 2. Februar sieht einen Umzug der Einrichtung in das Erdgeschoss vor. Dort ist noch die Kneipe Zur Pfanne beheimatet. Politiker anderer Parteien stehen dem Vorhaben positiv gegenüber.

Komplett-Sanierung der Immobilie würde die Stadt 300.000 Euro kosten

In der in den 70er-Jahren gebauten Immobilie, die 131 Quadratmeter groß ist, befindet sich neben der Gaststätte auch eine Reinigung. Die Mietverträge mit den beiden Pächtern laufen am 31. März aus und werden nicht verlängert. Die Reinigung eröffnet bereits am 1. März in neuen Räumen an der Mühlenstraße, auch der Kneipen-Betreiber soll sich nach Alternativen in unmittelbarer Nähe umgeschaut haben. „Bei einer Vertragsverlängerung hätten wir das Gebäude sanieren müssen, wären mit 300.000 Euro dabei gewesen. Das ist Verschwendung von Steuergeldern“, sagt Bürgermeister Rainhard Zug. Außerdem sei die Vermietung von Gewerbeimmobilien nicht Kerngeschäft der Verwaltung.

Zuletzt hatte die Stadt Mitte der 90er-Jahre in das Gebäude investiert, 2005 wurden die öffentlichen WC-Anlagen im Keller ob des maroden Zustandes geschlossen. Im vergangenen Sommer zog dort der Flüchtlingshilfeverein mit seiner Kleiderkammer ein, muss keine Miete zahlen. „Die Feuerwehr hat hier alles mit einem Hochdruckreiniger gesäubert“, sagt Braun.

Trotzdem sind die zwei Räume mit ihren rund 20 Quadratmetern alles andere als einladend. Im grauen Fliesenboden sind Löcher, an der Decke hängen Rohre, die nicht verschalt sind. Und eng ist es dort. Auch, weil die Spendenbereitschaft sehr groß ist. Davon zeugen diverse Schneeanzüge, die auf Ständern aneinandergereiht sind.

© HA | René Soukup

Die Holzregale hat Braun selbst gebastelt. Sie sind mit Plastikkisten bestückt, in denen Hilfsbedürftige Hosen, Pullover und Hemden finden. Alles ist nach der Kleidergröße nummeriert. Nicht zu vergessen die zahlreichen Gesellschaftsspiele und Schuhe. „Wir haben nur Sachen für Kinder, alles andere geben wir an das Sozialkaufhaus der Arbeiterwohlfahrt ab. Am Montag wurden uns zehn Kartons gespendet“, sagt Johanna Braun. Von Dienstag bis Donnerstag, jeweils für eine Stunde, können sich Flüchtlinge in der Kammer einkleiden. Bis zu zehn von ihnen kommen laut der Brauns pro Tag.

Vom Flüchtlingshilfeverein arbeiten fünf Mitglieder in der Kleiderkammer. Hinzu kommen sechs Frauen, die zwar nicht im Verein organisiert sind, aber die Sachen sortieren. Werner Braun war zehn Jahre Stadtvertreter der SPD, inzwischen sitzt er für die Partei im Kulturausschuss und engagiert sich vor allem für Menschen aus Kriegs- und Krisenregionen.

Der Umzug eine Etage höher wäre keine Dauerlösung, dessen sind sich die ehrenamtlichen Helfer bewusst. „Die Räume sollen genutzt werden, solange sie noch stehen“, sagt SPD-Fraktionschef Frank Lauterbach. Er präferiert in dem Gebäude in Absprache mit dem Verein zwecks Integration zudem ein Familienzentrum. „Und das alles ohne großen Kostenaufwand. Für die Flüchtlingshilfe soll die Nutzung auch unentgeltlich bleiben.“

Bürgermeister Zug will das Grundstück schon seit Jahren verkaufen, konnte die Politik bisher nicht davon überzeugen. „Wir stimmen einer Veräußerung nicht bedingungslos zu, wollen erst ein Konzept von der Verwaltung“, sagt Lauterbach.

Bürgermeister Zug bemüht sich um Investoren, die ein Konzept erstellen

Das ist laut Zug auch angedacht. Es umfasst die Stadtmitte rund um den Marktplatz. „Die 30.000 Euro dafür hat mir die Politik aber aus dem Haushalt gestrichen.“ Jetzt versuche er, Investoren für ein Konzept zu gewinnen und den finanziellen Anteil der Stadt somit herunterzuschrauben. Der Verwaltungschef: „Bei einem Verkauf des Pavillons sollten wir das Planungsrecht für eine dreigeschossige Bebauung plus Staffelgeschoss liefern.“

Bis dahin könnte der Verein das Erdgeschoss nutzen. „Dagegen ist wenig zu sagen, die Renovierung darf aber nicht zu viel kosten“, sagt CDU-Fraktionschef Rainer Neumann. Jan Schwartz, Ortsvorsitzender der Grünen: „Ich wäre dem aufgeschlossen.“ Sollte die Politik dem Umzug zustimmen, wäre es kein Problem, dass die Kleiderkammer bis zu diesem Zeitpunkt im Keller bleibe, sagt Zug.