Ahrensburg. Pensionierter Verkehrsingenieur schlägt Umbau von 16 Knotenpunkten vor, um Verkehr flüssiger zu machen. Politiker sind offen.

Im Ahrensburger Straßenverkehr läuft es oft nicht wirklich rund. Vor allem im Berufsverkehr morgens und abends. Es gibt lange Schlangen vor roten Ampeln. So beispielsweise an den Kreuzungen Am Weinberg/Lübecker Straße/Ostring und Beimoorweg/Ostring. Dabei könnte der Verkehrsfluss viel besser sein. Diese Auffassung vertritt der Ahrensburger Diplom-Ingenieur Eckehard Knoll, 73, der lange Jahre in der Hamburger Baubehörde und späteren Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt als Referatsleiter tätig war. Sein Lösungsvorschlag: Umgehungsstraßen für den Autoverkehr und mehr Kreisverkehre im Stadtgebiet.

Der Verkehrsingenieur sagt: „In Ahrensburg könnte es langfristig zehn bis 15 weitere Kreisel geben.“ Darunter mehrstreifige Turbokreisel, kleine Kreisel, aber auch Minikreisel mit überfahrbarer Mittelinsel. Ihre Vorteile: besserer Verkehrsfluss, höhere Verkehrssicherheit, größere Wirtschaftlichkeit und sauberere Luft. Knolls Vorschläge für 16 denkbare Kreisel-Standorte sind in der Karte gekennzeichnet. Diese Vorschläge müssen allerdings noch verkehrsplanerisch überprüft werden, bevor die kreiseltauglichen Knotenpunkte dann in ein langfristiges Bauprogramm für zwei bis drei Jahrzehnte aufgenommen werden können. Darüber müsste dann die Politik beraten und beschließen.

Eckehard Knoll wohnt seit 1981 in der Schlossstadt und begleitet seit einigen Jahren als bürgerliches Mitglied der CDU-Fraktion die Ahrensburger Stadtentwicklung. In der Hamburger Fachbehörde hatte er sich mehrere Jahre bis 2007 intensiv mit dem Thema Kreisverkehre beschäftigt, eine Planungsrichtlinie („PLAST 5 II“) erarbeitet und ein Bauprogramm initiiert, mit dem sich die Kreiselzahl in Hamburg auf mehr als 50 verdoppelt hat.

Insofern kommt es nicht von ungefähr, dass der Verkehrsingenieur engagiert den Bau von Kreisverkehren propagiert. „Ich schaue mir gern neu gebaute Kreisel an und denke auch andernorts darüber nach, an welcher Stelle ein Kreisverkehr eine Ampelkreuzung ersetzen könnte“, sagt Knoll und lächelt. Doch das Lächeln schwindet sofort aus seinem Gesicht, wenn er an die Straßen in Ahrensburg denkt.

Laut einer Untersuchung sinken die Unfallzahlen um 35 bis 60 Prozent

Knoll kritisiert die Situation und sagt: „In den vergangenen Jahren ist hinsichtlich der Verbesserungen im Straßenverkehr außer der Umgestaltung der Großen Straße nicht viel vorangebracht worden. Das Schneckentempo bei der Sanierung sowie dem Um- und Ausbau des Ahrensburger Straßennetzes ist schlichtweg unbefriedigend.“

Mit Kreiseln hat sich auch der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) befasst und 2012 eine Forschungsarbeit zur Verkehrssicherheit innerörtlicher Kreisverkehre veröffentlicht. An 100 regelkonformen deutschen Kreisverkehren wurde das Unfallgeschehen von 2008 bis 2010 wissenschaftlich analysiert. Zusätzlich analysierten die Experten noch an zehn Kreisverkehren den Verkehrsablauf anhand von Videoaufzeichnungen.

Als Ergebnis stellt GDV-Unfallforscher Siegfried Brockmann fest: „Kreisverkehre erreichen innerorts ein deutlich höheres Sicherheitsniveau als Kreuzungen mit oder ohne Ampeln.“ Die Unfallzahlen gehen insgesamt um 35 bis 60 Prozent zurück, bei Unfällen mit schwerem Personenschaden und Todesfällen um bis zu 90 Prozent. Kraftfahrzeuge und Fußgänger können Kreisel weitgehend konfliktfrei nutzen.

Der Sicherheitsgewinn für den Radverkehr ist jedoch statistisch geringer. Es kommt dabei auf die Führungsform an. Brockmann: „Relativ sicher ist es für Radfahrer, bei Verkehrsbelastungen bis etwa 15.000 Kraftfahrzeugen pro Tag zusammen mit den Autos auf der Kreisfahrbahn zu fahren.“ Bei höheren Belastungen werden umlaufende Radwege empfohlen. Momentan laufe eine weitere Untersuchung der Unfallforschung, um herauszufinden, welches Sicherheitsverhalten für Radfahrer am besten geeignet sei.

Baukosten je nach Größe zwischen 150.000 und 1,5 Millionen Euro

Durch Kreisel kann nicht nur die Verkehrssicherheit erhöht werden. Sie dienen aufgrund ihrer geometrischen Form auch der Verkehrsberuhigung und besonders bei Ortseingängen der Senkung des Geschwindigkeitsniveaus. Eckehard Knoll ergänzt: „Mit der Beruhigung und Verflüssigung des Kfz-Verkehrs verringert sich auch der Kraftstoffverbrauch der Autos und damit der Schadstoffausstoß. Gegenüber Ampelkreuzungen mit Verkehrsbelastungen von mehr als 10.000 Kraftfahrzeugen pro Tag werden bei einem Kreisel im Schnitt rund 50 Tonnen CO2 pro Jahr eingespart, ein nachhaltiger Beitrag zum Umweltschutz.“

Kreisel seien zudem deutlich wirtschaftlicher als Ampelkreuzungen, weil die Kosten für Betrieb und Wartung sowie für teure Erneuerungen von Schaltgeräten entfallen. „Kostengünstig erweist sich die Herstellung eines Kreisverkehrs immer dann, wenn das Bauvorhaben zusammen mit der Sanierung von Straßen und Versorgungsleitungen sowie dem Abbau einer Ampelanlage durchgeführt werden kann“, sagt Knoll. Die Baukosten betragen je nach Kreiselgröße zwischen 150.000 und 1,5 Millionen Euro (siehe rechts).

Der Bau eines Kreisverkehrs bedarf stets einer sorgfältigen Planung. So müssen verbindliche Planungsvorschriften und Einsatzkriterien beachtet werden. Dazu gehören insbesondere die Verkehrsbelastungen einer Kreuzung durch Kraftfahrzeuge, Radfahrer und Fußgänger. Der Bereich liegt laut Knoll zwischen 5000 und 40.000 Kraftfahrzeugen pro Tag. Bei größeren Automengen seien Ampeln an den Kreiselzu- und -ausfahrten unvermeidbar. Außerdem müsse für den Bau eines Kreisels ausreichend Platz vorhanden sein.

Stephan Schott vom Bauamt der Stadt Ahrensburg hat sich auch schon oft mit dem Thema Kreisverkehre beschäftigt. Er befürwortet den Bau von zusätzlichen Kreiseln: „Wenn eine Kreuzung in Ahrensburg umgebaut oder erneuert wird, gibt es immer eine Prüfung.“ Aber es gebe noch kein Computerprogramm, das alle Knotenpunkte auf einmal überprüfen könnte. Schott: „Ahrensburg steht dem Thema jedenfalls aufgeschlossen gegenüber.“ Er sagt aber auch: „Das notwendige Geld wird momentan an anderen Stellen benötigt.“ Zudem müssten letztlich die Kommunalpolitiker über jeden Kreisverkehr entscheiden.

Grundsätzlich stoßen die Vorschlägebei allen Parteien auf offene Ohren

Und was meinen die Ahrensburger Politiker? Thomas Bellizzi von der FDP sagt: „Der AOK-Kreisel wurde vor acht Jahren eingehend geprüft. Ergebnis war, dass ein Turbokreisel an dieser Stelle für Autofahrer geeignet sei, allerdings nicht für Radfahrer und Fußgänger. Wir Politiker sind um zukunftsorientierte Lösungen bemüht, müssen aber aufgrund von Kriterien entscheiden.“ Seiner Meinung nach sind kleine Kreisverkehre an geeigneten Kreuzungen sinnvoll.

Peter Egan von der Wählergemeinschaft WAB befürwortet ebenfalls Kreisverkehre: „In der Regel geht es für Autofahrer zügiger voran.“ Auch seien sie auf lange Sicht günstiger, denn es seien keine Wartungsarbeiten nötig.

Hartmut Möller (SPD) hat sogar einen konkreten Wunschkreisel: am Ortseingang beim U-Bahnhof Ahrensburg West. „Das wäre ein Hingucker, wenn er schön gestaltet wird.“ Er befürchtet aber, dass an dieser Stelle nicht genügend Platz vorhanden sei.

Ein überzeugter Verfechter von Kreisverkehren ist Jörg Hansen von den Grünen. Aus seiner Sicht müssten mehr Kreuzungen überprüft werden. Das werde aber bislang nicht getan. „Es sollte immer geprüft werden, ob ein Kreisel an einer Kreuzung für Autos und andere Verkehrsteilnehmer funktioniert oder nicht.“

Tobias Koch (CDU) ist froh, einen Experten wie Eckehard Knoll in seinen Reihen zu haben. Die CDU-Fraktion befürworte den Bau eines Kreisverkehrs, wenn dieser sinnvoll und finanzierbar sei. Koch: „Es wäre zu wünschen, dass Vorschläge, wie Herr Knoll sie äußert, auch von der hauptamtlichen Verwaltung ausgehen würden.“

Wirft man einen Blick über die Stadtgrenzen hinaus, so zeigt sich, dass in Stormarn an wichtigen Kreuzungen inzwischen 34 Kreisverkehre gebaut wurden (siehe rechts). Spitzenreiter sind die Kreisstadt Bad Oldesloe mit sechs und die Gemeinde Trittau mit vier Kreiseln.

Für künftige Planungsüberlegungen kommen laut Knoll auch im Umland von Ahrensburg in erster Linie konfliktträchtige und stauanfällige Knotenpunkte mit Ampeln oder abknickender Vorfahrt in Betracht. Die Kreiseldichte könnte in Stormarn und auch in ganz Schleswig-Holstein noch erhöht werden. Beispielhaft seien hier die Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg, die als Vorreiter der Kreiselkultur in Deutschland gelten.