Bargteheide. Private Tagespflege für Kleinkinder zeigt, was sie kann. 21 Einrichtungen beteiligen sich am ersten Tag der offenen Tür in Stormarn.

Küken- und Spatzennest haben geöffnet, Eulennest und Villa Sonnenschein auch. Sonnenküken, Minimäuse und Windelflitzer machen ebenso mit wie die Petits Chéris. Diese acht gehören zu den 21 privaten Kindertagespflegeeinrichtungen zwischen Neuschönningstedt im Süden und Heilshoop im Norden, die sich am kommenden Sonnabend, 16. Januar, von 14 bis 17 Uhr am Tag der offenen Tür beteiligen. Die Aktion ist eine Premiere und Initiative des Vereins Tagesmütter und -väter Stormarn. Sie soll Aufmerksamkeit auf ein Netzwerk im Kreis lenken, das als Ergänzung zum kommunalen Kita-Angebot für ausreichend Krippenplätze, also Betreuung für Kinder unter drei Jahren, sorgt.

„Wir haben den Eindruck, dass viele Eltern kaum informiert sind über die Möglichkeiten, die wir ihnen und ihren Kindern bieten. So ein Tag der offenen Tür kann helfen, die Schwellenangst zu überwinden. Und unsere Mitglieder bekommen die Chance, sich und ihre Angebote vorzustellen“, sagt Petra Niquet, erste Vorsitzende des Vereins. Sie selbst ist seit 28 Jahren als Tagesmutter in Ahrensburg aktiv.

Niquet und ihre Vorstandskolleginnen Katja Möller-Thumann aus Bargteheide (2. Vorsitzende) und Brigitte Maßow aus Großhansdorf (Kassenwartin) wollen den Tag der offenen Tür auch dazu nutzen, öffentlich ins Gespräch zu kommen, um auf die schwierige Situation der Tagesmütter (plus einiger weniger Tagesväter) aufmerksam zu machen. Denn viele der Kindesbetreuer im Kreis empfinden sich als Lückenbüßer für die kommunalen Verwaltungen – nützlich, wenn sie gebraucht werden, eine zu vernachlässigende Größe, wenn nicht.

Mehr als 150 Mitglieder hat der 1980 in Reinbek gegründete Verein im ganzen Kreis Stormarn. 25 Tagesmütter gibt es allein in Ahrensburg, jeweils acht in Barsbüttel und Reinfeld und je sechs in Ammersbek und Großhansdorf. Der Rest verteilt sich überschaubar. Darüber hinaus bieten ihre Dienste auch einzelne Tagesmütter/-väter an, die nicht dem Verein angehören.

Die Bedingungen, unter denen gearbeitet wird, könnten lokal kaum unterschiedlicher sein. Denn es ist nicht nur von Kommune zu Kommune verschieden, ob und wie private Tagespflege öffentlich unterstützt wird, sondern es kann sich auch vor Ort Grundlegendes ändern, wenn neue öffentliche Krippenplätze den Privaten die Existenzgrundlage streitig machen.

„Bargteheide hatte zwischendurch einen Überschuss an Krippenplätzen“, sagt Katja Möller-Thumann und fügt sofort hinzu, dass in den vergangenen zwei Jahren bereits fünf private Tagesmütter in der Stadt aufgegeben hätten. Und auch in Delingsdorf hätten die beiden etablierten Tagesmütter, die zusammen zehn Kinder „in fantastischen angemieteten Räumen“ versorgten, nach Eröffnung der Gemeindekrippe im Jahr 2014 sofort aufhören müssen.

Private Tagesmütter sind nützlich – aber nicht Teil der Bedarfsplanung

Das Problem für die Privaten ist, dass sie nicht als ständige Ergänzung des staatlichen Angebots und eigenständige feste Größe in den Bedarfsplanungen der Kommunen vorkommen, sondern als zusätzliches Angebot freier Unternehmer, das je nach Marktlage den öffentlichen Trägern nützen kann, ohne dass für die eine Verpflichtung daraus erwächst. Die Familienpolitik der Bundesregierung sorge, so sagt Petra Niquet, für so starke finanzielle Anreize, dass Kommunen gern neue Kitas bauen und zusätzliches Personal einstellen. So entsteht zwar mehr Planungssicherheit für die Verwaltungen, aber auch Kapazitäten, die ausgelastet werden wollen. Und Folgekosten, die gedeckt werden müssen.

In einer solchen Situation hat die öffentliche Hand also das primäre Interesse, die eigenen Häuser voll zu bekommen. Das ist misslich für die privaten Tagesmütter, weil sie der subventionierten staatlichen Konkurrenz nicht gewachsen sind. Private Tagespflege wird nämlich teurer als öffentliche, sobald die Eltern keine Differenzbezuschussung bekommen. Dieser Zuschuss soll den Eigenanteil der Eltern, die private Tagespflege nutzen, niedriger halten, im Idealfall auf den Level der Sätze in einer öffentlichen Einrichtung senken.

Petra Niquet rechnet das vor: „Eine Tagesmutter bekommt je nach Qualifikation zwischen 3,10 Euro und 4,30 Euro brutto pro Stunde pro Kind plus Geld für Essen on top“, sagt sie. Eine private Vollzeitbetreuung könne bis zu 900 Euro kosten. Das ist für die meisten Eltern nicht ohne Hilfe finanzierbar, deshalb seien die auf die Differenzbezuschussung angewiesen, die bis zu 300 Euro betragen könne.

Das Interesse an der freiwilligen Leistung der Differenzbezuschussung ist bei den Kommunen jedoch gering, wenn sie selbst über ausreichend Kapazitäten verfügen. Es sei denn, es gibt vor Ort die politische Überzeugung, dass die privaten Tagesmütter eine so wichtige Reserve seien, dass dafür auch mal Zusatzausgaben sinnvoll sein könnten. Deshalb leistet sich Ahrensburg zurzeit noch eine Differenzbezuschussung von 100 Prozent. Andere Kommunen wie Lütjensee, Siek oder Trittau geben Zuschüsse in unterschiedlicher Höhe beziehungsweise Staffelung pro Betreuungsstunde, die zudem an sehr verschiedene Bedingungen geknüpft seien.

Das Land soll die Förderung derTagespflege ins Gesetz aufnehmen

Private Tagesmütter, die in einem kommunalen Bedarfsplan stehen wollen, müssen Qualitätsstandards erfüllen. Dazu zählen eine Pflegeerlaubnis des Jugendamts und Nachweise über Aus- und Fortbildung. Dazu gibt es zusätzliche Auflagen wie zum Beispiel in Ahrensburg, dass von den maximal fünf gleichzeitig betreuten Kindern mindestens drei aus Familien in der Stadt kommen. Um Tageseltern zu unterstützen übernimmt die Stadt Ahrensburg freiwillig den Mitgliedsbeitrag im Verein Tagesmütter und -väter Stormarn und Kosten für die Fortbildung.

Viele Auflagen und Pflichten, wenig Absicherung. Die Vorstandsfrauen von den Tagesmüttern haben deshalb einige elementare Wünsche: 1. dass im Schleswig-Holsteinischen Kita-Gesetz auch die Förderung der Kindertagespflege – so wie etwa in Baden-Württemberg – festgeschrieben wird; 2. dass Eltern eine echte Wahlpflicht bei der Krippenbetreuung haben, indem die private Tagespflege den kommunalen Krippenplätzen gleichgestellt wird. Denn eine private Kindertagespflege ist für manche Eltern geeigneter als ein Kita-Krippenplatz, weil Tagesmütter längere Betreuungszeiten anbieten und auch flexibel auf kurzfristigen Bedarf reagieren können; 3. dass das System der Leistungen im Kreis vereinheitlicht wird und die private Tagespflege der Krippenkinder in die kommunale Bedarfsplanung eingeht.

Gerade für Letzteres haben die Tagesmütter ein schlagendes Argument, nämlich die geringeren Kosten der privaten Tagespflege. Statt trotz der Anreize des Bundes neu zu bauen, so sagt Petra Niquet, sollten die Kommunen verstärkt die Leistungen der privaten Tagesmütter nutzen: „Ein öffentlicher Krippenplatz kostet im Schnitt jeden Monat 1500 Euro.“

Hoffnung auf Verbesserung machen Signale wie der wahrscheinlich am 25. Februar verabschiedete Barsbütteler Kita-Entwicklungsplan, der aus Sicht des Vereins-Vorstandes neue Standards im Kreis setzen könnte.

Tag der offenen Tür bei Tagesmüttern und -vätern im Kreis Stormarn ist am, Sonnabend, 16. Januar, 14 bis 17 Uhr. Informationen und Adressen der Beteiligten gibt es unter www.tagesmuetter-stormarn.de