Ahrensburg. Nach der Schließung des Standortes an der Schulstraße wurde nun das Ladenlokal „Fundgrube mit Herz“ an der Großen Straße eröffnet.
Hinter der alten Kreissäge und dem Reisehaartrockner steht ein kleiner mechanischer Wecker. Er zeigt 13:45 Uhr. Daneben in einem Regal steht eine Handvoll Bierkrüge aufgereiht. Gegenüber Pfannen, Töpfe und unterschiedliche Kaffeezubereiter. Einen Raum weiter hängt an exponierter Stelle ein pinkfarbener Bademantel. Herrenjackets, Pullover, Hosen, Bettbezüge und Decken – ein Bummel durch dieses besondere Kaufhaus ist wie eine Reise durch die Zeit, durch unterschiedliche Stile und Moden, farbenfroh und spannend.
Zeit ist auch in anderer Hinsicht ein gutes Stichwort. Denn einig sind sich die Mitarbeiter des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) und der Arbeiterwohlfahrt (Awo), dass es an der Zeit war, wieder eine Kleiderkammer in Ahrensburg zu eröffnen, nachdem der Standort an der Schulstraße Anfang 2014 aufgegeben werden musste. Nur wie und wo, das war über den Zeitraum von zwei Jahren ein Rätsel. Doch Ende 2015 ging dann doch alles ganz schnell. Gleich zwei Standorte gaben DRK und Awo bekannt (wir berichteten).
Am Sonnabend war es nun soweit: Die Awo eröffnete ihre „Fundgrube mit Herz“ in unmittelbarer Nähe der Tafel an der Großen Straße 8 a. „Der Druck wurde immer größer“, sagt Christiane Reuber, die sich mit Dirk Arbo und 20 weiteren Ehrenamtlichen um den Betrieb kümmert. Besonders der Freundeskreis für Flüchtlinge habe auf die Eröffnung gedrängt. Denn der sei mit Spenden überhäuft worden, erzählt Reuber. „Wir mussten reagieren“, sagt die 65 Jahre alte Christiane Reuber, die jahrelang als Pflegeschwester und im Vorstand der Awo tätig war.
Der Standort des Roten Kreuzes an der Bogenstraße liegt vorerst auf Eis
Knapp 140 Quadratmeter groß sind die neuen Räume, etwa die gleiche Fläche steht zusätzlich als Keller zur Verfügung. Ungefähr 1200 Euro plus Nebenkosten zahlt die Awo dafür. Geld, das über den Verkauf von Sachspenden wieder reinkommen soll. Zwischen ein und sieben Euro kosten Kleidungsstücke oder Haushaltswaren. Ob sich die Fundgrube selbst tragen könne, sei derzeit schwer zu beurteilen. „Wir haben Erfahrungen mit dem Trödelmarkt, den wir einmal monatlich veranstalten“, sagt Dirk Arbo. „Aber wir müssen erst einmal sehen, wie das neue Angebot angenommen wird.“
Durch die Kleiderkammer der Awo sind die Pläne des Deutschen Roten Kreuzes, das sich die Räume für eine eigene Kleiderkammer von der Stadt bezahlen lassen wollte, vorerst vom Tisch. „Die Stadtverordneten haben sich gegen diese Finanzierung entschieden“, sagt Rudolf Dorsch, Vorsitzender des DRK-Ortsvereins. Die Miete für das Gebäude an der Bogenstraße hätte die Stadt 9800 Euro im Jahr gekostet. Dorsch könne die Entscheidung der Politiker nachvollziehen: „Warum sollten die uns eine Kleiderkammer finanzieren, wenn es bereits eine gibt?“ Vielmehr ärgere den 79-Jährigen das Verhalten der Awo. „Im November hatten wir abgemacht, in Sachen Kleiderkammer zusammenzuarbeiten“, sagt er. Dabei sei es geblieben. „Doch dann hieß es plötzlich, dass die Awo selbst eine Kleiderkammer eröffnet. Wir waren wie vor den Kopf gestoßen. Dass unser Antrag beim Sozialausschuss durchfallen wird, war dann ja klar. Über den Ausgang der Geschichte sind wir jedenfalls nicht glücklich.“
Die Fundgrube der Arbeiterwohlfahrt verfolgt anderes Konzept als das DRK
Auch die Vorsitzende des Sozialausschusses, Doris Brandt (CDU), hält den Verlauf für „nicht optimal“. Brandt sagt gegenüber dem Abendblatt: „Ich persönlich finde, dass eine Zusammenarbeit der Wohlfahrtsverbände schöner gewesen wäre. Das DRK hat hier jahrzehntelang eine Kleiderkammer geführt und dabei wirklich gute Arbeit geleistet.“ Wie es jetzt weitergeht, ist laut Doris Brandt schwer abzuschätzen. „Wir müssen jetzt erst einmal abwarten, ob die Kleiderkammer der Awo ausreicht.“ Währenddessen bleibe die Finanzierung einer DRK-Kleiderkammer wohl weiterhin unbewilligt.
Dafür, dass das Rote Kreuz über den Ausgang der Geschichte nicht glücklich ist, hat der Awo-Vorsitzende Jürgen Eckert vollstes Verständnis. Man habe einerseits schon länger als ein dreiviertel Jahr in der Stadt kommuniziert, dass man auf der Suche nach einem Standort sei. Andererseits unterscheide sich das Konzept der Awo deutlich von einer Kleiderkammer, wie sie üblicherweise vom DRK betrieben wird. „Bei uns werden neben Kleidungsstücken auch Haushaltsgegenstände verkauft“, so Eckert, „nichts wird gratis abgegeben.“ Deshalb sollte auch der Name Fundgrube statt Kleiderkammer gewählt werden.
Die Bürger haben reichlich gespendet
Der Wunsch, ein Ladenlokal in Ahrensburg zu eröffnen, sei vor allem eigenen Bedürfnissen geschuldet: „Wir hatten Probleme, die Spenden für den Trödelmarkt, die in unserer Geschäftsstelle Uns Huus aufgelaufen sind, unterzukriegen.“ Als Ende November das Angebot kam, musste es schnell gehen. Eckert: „Die Ereignisse haben sich dann überschlagen.“
Wie auch immer – nach zwei Jahren der Suche hat Ahrensburg nun also wieder einen Ort, an dem Bedürftige Kleidung bekommen können. Wie wichtig eine solche Einrichtung ist, zeigten nicht zuletzt auch die positiven Rückmeldungen der Bürger, Firmen und Vereine. „Die Bürger haben reichlich gespendet“, erzählt Christiane Reuber. Kaufhaus Nessler habe beispielsweise Kleiderstände ausgeliehen, aus dem ehemaligen Gemeindehaus der St. Johanneskirche kamen alte Regale, ein Ahrensburger Maler habe ehrenamtlich die Räume gestaltet. Der Sozialverband unterstütze die Fundgrube, der Freundeskreis für Flüchtlinge sei stark involviert. Und auch der Lionsclub habe schon Spenden versprochen. „Wir bekommen von überall Hilfe“, freut sich Dirk Arbo.
Kleidung sollte sauber und heil sein
An die Spender hat Arbo aber noch eine Bitte: „Wir brauchen saubere und heile Kleidung“, sagt der 69-Jährige. „Ungewaschene, fleckige oder kaputte Kleidung können und wollen wir nicht anbieten.“ Auch alte Haushaltsgeräte könne man noch gut brauchen, so Arbo: „Bis auf Möbel nehmen wir alles.“ Ehrenamtliche Helfer könnten sich überdies gern bei den Verantwortlichen im Laden melden.
Jürgen Eckert blickt in die Zukunft, träumt von einem integrierten Reparaturcafé und einem Platz zum Nähen: „Das würde das Angebot von Haushaltswaren und Kleidung sinnvoll ergänzen.“ Eckert weiter: „Das Angebot richtet sich an alle Menschen, die Hilfebedürftig sind, nicht nur an Flüchtlinge.“ Eine „diffuse Konkurrenz“ wolle man auf jeden Fall vermeiden.
Die Kleiderkammer hat sonnabends und mittwochs von 9 bis 13 Uhr und montags von 15 bis 18 Uhr geöffnet. Spenden werden an der Hintertür (Bei der alten Kate) angenommen.
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