Ahrensburg. Als sich Ahrensburgs Tor zur Welt öffnete: Die Einweihnung des Bahnhofes bedeutete für Woldenhorn den Aufbruch in eine neue Zeit.
Der 1. August 1865 war ein bedeutender Tag für den kleinen Ort Woldenhorn. Am neuen Bahnhof des Dorfes und entlang der Gleise drängten sich auch Menschen aus den umliegenden Ortsteilen Bünningstedt, Timmerhorn und Ahrensfelde. Keiner wollte das besondere Ereignis verpassen, das für diesen Tag bevorstand: die erste offizielle Fahrt der Lübeck-Büchener Eisenbahn zwischen Hamburg und Lübeck. 30 Jahre zuvor war in Deutschland die erste Eisenbahn von Nürnberg nach Fürth unterwegs.
Der einst neue Bahnhof war ein imposantes Gebäude
Der neu gebaute Bahnhof lag außerhalb des Ortes auf dem Gelände, das zum Gutshof von Graf Schimmelmann gehörte. Schloss und Gut hießen seit jeher Ahrensburg, und so erhielt auch der Bahnhof diesen Namen. Der neue Bahnhof war ein imposantes Gebäude. „Eigentlich zu groß für eine unbedeutende Zwischenstation wie Ahrensburg“, sagt Henning Pen-ther, seit 17 Jahren ehrenamtlicher Mitarbeiter im Ahrensburger Stadtarchiv. Doch das Empfangsgebäude diente gleichzeitig als Zollstation.
Dänemark und die Hansestädte schlossen 1857 einen Vertrag, der die gesamte Strecke als Zollausland auswies. Sobald Waren das dänische Hoheitsgebiet verließen, mussten sie sich einer Zollrevision unterziehen. Zu diesem Zweck verfügten die Bahnhöfe über Zollbüros und Wohnungen für die Beamten. Gleiches galt für die anderen Zwischenstationen in Wandsbek, Bargteheide, Bad Oldesloe und Reinfeld. Die Eisenbahngesellschaft hatte alle Gebäude nach einen Standardplan für den Bahnhofsbau entwerfen lassen.
Anfangs waren täglich vier Züge in jeder Richtung unterwegs
„Mit dem neuen Bahnhof erwachte der Ort aus seinem Dornröschenschlaf“, sagt Penther. Der Zustand der Straßen war schlecht. Für die 65 Kilometer lange Strecke von Hamburg nach Lübeck benötigte der Postillion damals 13 und im Winter sogar 20 Stunden. Mit der Bahn war die Strecke in 90 Minuten zu schaffen.
Anfangs verkehrten täglich vier Züge in jeder Richtung. Nicht nur Waren und Güter wurden transportiert, auch der Personenverkehr gewann an Bedeutung. Immer häufiger stiegen Ausflügler in Ahrensburg aus, um die Natur jenseits der Hansestädte zu genießen oder Kaffee zu trinken.
Heute nutzen täglich knapp 8500 Menschen den Bahnhof. „Die Nachfrage ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen“, sagt Sven Ostermeier, Mitarbeiter in der Verkehrserhebung des Nahverkehrsverbundes Schleswig-Holstein. Gegenüber dem Jahr 2000 liegt das Plus bei 52 Prozent.
Die Bahnlinie zerschnitt den Ort
Die neue Bahnlinie schlug mit klingender Münze zu Buche. Viele Ahrensburger nutzten die Gunst der Stunde, errichteten Hotels und Gaststätten. Fünf große Säle gab es zu jener Zeit in Ahrensburg. Über die Grenzen bekannt wurde der Lindenhof als beliebtes Ausflugslokal mit Kegelbahn und Saal – heute ist das Grundstück an der Bahnhofstraße ein Parkplatz.
Die Bahnlinie zerschnitt allerdings den Ort. Die Gleise zogen eine soziale Grenze. Auf der „anderen Seite der Bahn“ entstand um die Jahrhundertwende ein Villenviertel, in dem sich wohlhabende Kaufleute aus Hamburg niederließen.
Der Bahnhof besaß neben dem Empfangsgebäude einen Güter- und einen Lokschuppen. Damals konnte eine Lok zwischen 20 und 30 Kilometer fahren, bevor sie ausgetauscht werden musste. Brennstoff und Wasservorrat waren verbraucht. Neben dem Bahnhof befand sich bis in die 1960er-Jahre ein Wasserturm als Speicher. Auf der Strecke Hamburg–Lübeck wurden die Lokomotiven in Ahrensburg und in Bad Oldesloe gewechselt.
Da die Waggons aus getrennten Abteilen bestanden, trafen sich die Reisenden oft schon eine Stunde vor Abfahrt am Gleis, um sich nach einer passenden Reisegesellschaft umzusehen. Durchgänge zwischen den einzelnen Abteilen gab es erst nach 1875.