Lütjensee. Jugendlager 2.0? Statt Zelte sollen bald Holzhütten auf der Wiese des Jugendcamps am Lütjensee stehen. Ein 800.000-Euro-Projekt.
Campen in Lütjensee in unmittelbarer Nähe zum See, das ist seit mehr als 60 Jahren für Jugendliche aus Stormarn und von auswärts möglich. Das Übernachten in Zelten auf der grünen Wiese direkt neben einem Wald, nur etwa 200 Meter vom Nordufer entfernt. Doch zumindest mit den Zelten soll bald Schluss sein. Stattdessen sollen Holzhäuser auf dem Gelände am Jugendgästehaus gebaut werden. Der Weg vom Zelt zur Hütte ist allerdings ein beschwerlicher – inklusive einiger Irritationen zwischen dem Kreis Stormarn und dem Umweltministerium in Kiel.
In den Hütten könnten die jungen Gäste von April bis Ende Oktober bleiben
So sieht die Skizze für das neueJugendcamp am Lütjensee aus, die den Plan desKreisjugendrings für das Projekt Jugendlager 2.0 veranschaulicht Kreisjugendring BSK
Uwe Sommer ist der Geschäftsführer des Kreisjugendrings, dem Betreiber des Jugendcamps. Er hat maßgeblich das Projekt, das er selbst gern Jugendlager 2.0 nennt, für die Kreisverwaltung vorangetrieben. Dabei geht es ihm und seinen Mitstreitern vor allem um Nachhaltigkeit. Sommer sagt: „Die Großzelte müssen alle drei Jahre erneuert werden.“ Das liegt daran, dass die Zelte unter Bäumen stehen. Unter anderem beschädigt der Kot der darauf lebenden Blattläuse, ein klebriger Film, im Sommer die Zelthäute. Zudem sei der Zeitraum, in dem das Camp genutzt werden könne, durch die Zelte eingeschränkt. So könnten die jungen Gäste nur von Mai bis Mitte September an den Lütjensee kommen. Sommer: „In den Hütten könnten Gruppen von Anfang April bis Ende Oktober campieren.“
Rund 800.000 Euro würde der Umbau zum Jugendlager 2.0 kosten. 16 Holzhütten, drei davon barrierefrei gebaut, sollen auf der Wiese entstehen. Zudem soll ein überdachter Grillplatz, ein Nebengebäude, eine Tartanfläche für Sport und drei Plätze mit Sitzplätzen errichtet beziehungsweise angelegt werden. 2016 soll die Umwandlung des Jugendcamps abgeschlossen werden.
Um die Kosten zu reduzieren, hat der Kreis nicht nur Kooperationspartner gewonnen, sondern auch einen Antrag auf Fördergeld beim Umweltministerium in Kiel gestellt. Das Geld aus dem Topf der ILE-Leitprojekt des Landesprogramms ländlicher Raum wird von der Europäischen Union zur Verfügung gestellt für Projekte aus den Bereichen Nahversorgung und Bildung. Nicola Kabel, Sprecherin des Ministeriums, sagt: „Die eingereichten Projekte werden nach einem Punktesystem bewertet, und die mit den meisten Punkten bekommen Geld, bis das Budget aufgebraucht ist.“ 75 Prozent der jeweiligen Projektkosten würde die Förderung decken; im Fall des Jugendlagers 2.0 wären das 586.818,75 Euro. Am Freitag werden die Verantwortlichen erfahren, ob das Lütjenseer Projekt den Zuschlag bekommt.
Im Antrag geht es um Co2-Reduzierung, doch die Hütten hätten keine Heizung
„Bei den Hütten geht es nicht um mehr Komfort, sondern um die Verbindung mit der Natur“, sagt Uwe Sommer,Kreisjugendring Birgit Schücking
Um ein Haar wäre das Projekt schon vor der Entscheidung aus dem Rennen geflogen. Sommer: „Das wäre furchtbar gewesen, auch weil ein dreiviertel Jahr Arbeit und Geld für einen Gutachter in dem Fördergeldantrag steckt.“ Der Grund für das Aus wäre absurd gewesen: Eine Bedingung für die Aufnahme in das ILE-Leitprojekt ist, dass die Projekte die Vorgaben der Energiesparverordnung, kurz EnEV, übertreffen sollen. Dazu gehört die Minderung der Kohlenstoffdioxid-Emmission. Doch eine Reduzierung des Co2-Ausstoßes ist bei dem Jugendcamp 2.0 gar nicht möglich. Uwe Sommer: „Der Ausstoß liegt nämlich sowieso bei Null, weil die Hüten weder beheizt noch klimatisiert werden sollen.“ Nicola Kabel sagt: „Wir haben nun berücksichtigt, dass bei den Hütten keine Minderung mehr möglich ist mit der Folge, dass das Projekt im Auswahlverfahren bleibt.“
Im Jugendlager 2.0 sollen die jungen Gäste aber nicht nur den Komfort von Hütten genießen. Es geht vor allem darum, dass sie eine Verbindung zur Natur aufbauen und entdecken, dass man dort nicht nur viel über Pflanzen und Tiere, sondern auch über sich selbst lernen kann. Als das Jugendcamp 1954 vom Großensee an den Lütjensee zog, hatten die Verantwortlichen andere Ziele. Sommer: „Da war der größte Erfolg, wenn die Kinder am Ende der Freizeit mehr gewogen haben als zu Beginn.“