Bargteheide. Zahl der Hilfesuchenden in Bargteheide hat sich binnen Jahresfrist verzehnfacht. Aber es gibt auch deutlich mehr Spender

Tom Nickel ist schwer beschäftigt Bereits zum dritten Mal trägt der sportliche Mann einen großen Karton in das kleine Haus in der Baumschulstraße 24 in Bargteheide. „Wir bringen unsere aussortierten Sachen hierher“, sagt der Ahrensburger. Seit vor eineinhalb Jahren die Kleiderkammer in seiner Heimatstadt geschlossen wurde, fährt Nickel nach Bargteheide. Im Gepäck hat er Kleidung, Schuhe und einige Haushaltsgegenstände, die er spenden möchte.

Während Tom Nickel sein Auto entlädt, wird die Schlange der Wartenden vor der Tür immer länger. Seit Wochen zeigt sich einmal wöchentlich vor der Kleiderkammer des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Bargteheide dasselbe Bild. In die eine Tür gehen Menschen, schwer beladen mit großen Kartons, prall gefüllten Plastiktüten und Koffern. Vor der anderen – noch verschlossenen Tür – warten Menschen mit leeren Händen und hoffnungsvollem Blick.

Viele warten in Sommerkleidung auf angemessene Klamotten

Der Ansturm von Helfenden und Hilfesuchenden wird immer größer. An manchen Tagen ist das für die ehrenamtlichen DRK-Mitarbeiter schwer zu bewältigen. „Bargteheide und Umgebung sind sehr spendenfreudig“, sagt der Ortsvorsitzende Manfred Gattermann erfreut. 137 Jacken, 172 Paar Schuhe, 364 Pullover sowie 193 Hemden und 134 Hosen wurden allein im Juni dieses Jahres gespendet. Dazu kamen 285 Haushaltskleingeräte, 178 Handtücher, 137 Bettwäschesets und vieles mehr.

Manfred Gattermann ist seit sechs Monaten neu im Amt und beim Roten Kreuz aktiv. Einen ruhigen Alltag hat der 65-Jährige noch nicht kennengelernt. Gleich mit Beginn seiner Amtszeit sah er sich mit diesem Ausnahmezustand konfrontiert. Grund dafür ist die aktuelle Flüchtlingssituation.

Viele Hilfesuchende warten noch in leichter Sommerkleidung auf die Öffnung des kleinen Warenhauses. Im Eingangsbereich stapeln sich bis zu 40 Kartons und Tüten, gefüllt mit Hosen, Jacken, Kleidern, Pullovern, Unterwäsche und Schuhen. Aber auch Haushaltsgeräte, Bettwäsche und Spielzeug werden abgegeben.

Weil es so eng ist, sortieren Helfer die Sachen auf dem Fußboden

Ähnlich wie Tom Nickel kommen viele Stormarner nach Bargteheide, um zu spenden. „Die Großzügigkeit ist überwältigend“, sagt Jutta Schmidt, Leiterin der Kleiderkammer. Doch die große Hilfsbereitschaft macht auch viel Arbeit. Die angelieferte Kleidung muss nach Geschlecht, Größe und Jahreszeit sortiert werden. Das stellt die acht aktiven Frauen der Kleiderkammer in diesen Wochen vor besondere Herausforderungen. Meist bleibt ihnen gar nichts anderes übrig, als die Sachen auf dem Fußboden zu sortieren. „Wir bräuchten dringend größere Räumlichkeiten“, sagt Jutta Schmidt.

Hier können Sie Kleiderspenden abgeben

Wer spenden möchte, wendet sich an die Kleiderkammern des DRK.

Bargteheide: Baumschulenstraße 24, mittwochs 14.30 bis 18.30, freitags 9 bis 12 Uhr, Ausgabe mittwochs 16.30 bis 18 Uhr; Kinderbekleidung an das Kinderhaus, Alte Landstraße 53.

Großhansdorf: Wöhrendamm 59, jeden zweiten Mittwoch im Monat 15 bis 17, jeden vierten Mittwoch 10 bis 12 Uhr.

Reinbek: Hermann-Körner-Straße 55c, Annahme vorübergehend gestoppt, Ausgabe montags 14 bis 18 Uhr.

Reinfeld: Lokfelder Straße 4, Annahme mittwochs und freitags 14 bis 16, Ausgabe am zweiten und dritten Donnerstag 14 bis 16 Uhr.

Tangstedt: Hauptstraße 121, Annahme am ersten und dritten Montag 16 bis 18, Ausgabe ersten und dritten Dienstag 10 bis 12 Uhr.

1/6

Kurz vor halb fünf wird es unruhig auf der Straße. Vor der Tür stehen Menschen aus Afghanistan, Eritrea, Syrien und vielen anderen Flüchtlingsländern. Männer, Frauen und kleine Kinder. Die Wartenden wissen, dass sie gleich das kleine Warenhaus betreten dürfen, um den Mitarbeitern zu sagen oder zu zeigen, was ihnen fehlt.

Jutta Schmidt verteilt Nummern an die Flüchtlinge. „Es werden nicht alle gleichzeitig hineingelassen“, sagt die Leiterin. Jeder Besucher der Kleiderkammer wird von einem Mitarbeiter begleitet. Nur so lässt sich eine geordnete Ausgabe organisieren. „Sonst endet es in einem wilden Chaos“, sagt Schmidt aus Erfahrung. Maximal zehn Minuten darf jeder Gast in der Kleiderkammer bleiben und aussuchen. Anders ist der Andrang in der Kürze der Zeit nicht zu bewältigen.

Fast 4000 Menschen besuchen wöchentlich die Tafeln

Was die sechs Stormarner Tafeln, die Lebensmittel ausgeben, seit Monaten registrieren, ist bei den Kleiderkammern im Kreis nicht anders. Mit steigenden Flüchtlingszahlen wächst auch die Zahl derjenigen, die Unterstützung bei der Versorgung benötigen.

Fast 4000 Bedürftige werden jede Woche in Ahrensburg, Barsbüttel, Glinde, Bad Oldesloe, Trittau und Reinfeld von den Mitarbeitern der Tafeln versorgt. Das sind doppelt so viel wie noch vor fünf Jahren.

Bei der Kleiderkammer in Bargteheide hat sich die Zahl der Menschen, die auf Hilfe angewiesen sind, in kurzer Zeit sogar verzehnfacht. Waren es vor einem Jahr gerade einmal im Durchschnitt zehn Menschen, die zur wöchentlichen Ausgabe kamen, sind es mittlerweile bis zu 100 Menschen, die versorgt werden wollen.

Benötigt werden regenfeste und warme Kleidung sowie Winterschuhe

„Noch haben wir die Situation im Griff“, sagt Manfred Gattermann. Das bestätigt Irmgard Sievers, die seit drei Jahren aktiv ist. „Aktuell sortieren wir die Herbst- und Winterbekleidung“, so die ehrenamtliche Helferin.

Nicht immer ist es einfach, das Passende für jeden Bedürftigen zu finden. „Die ausländischen Männer haben viel kleinere Füße als die deutschen“, sagt Jutta Schmidt. „Schuhe in Größe 46 bringen wir nur selten an den Mann.“ Die Qualität der gespendeten Kleidung sei durchweg hoch. Nur wenig wandere in den Müll. „Nur ein Prozent müssen wir wegschmeißen“, sagt Jutta Schmidt.

Aktuell werden warme und regenfeste Kleidung, Decken und Schuhe, aber auch schon Mützen und Handschuhe benötigt.