Ahrensburg. Ahrensburgs Bürgermeister-Kandidaten stellen sich Jugendlichen und erzählen von ihren Jugendsünden. Auch kritische Fragen gab es.

Es gibt sie noch, die politikinteressierten Jungwähler in Ahrensburg – wenn auch die meisten nach dem Abitur die Flucht aus der Stadt ergreifen. Aber der eine oder andere bleibt auch in der Zeit zwischen Abitur und Eigenheim mit Carport und nimmt Anteil an der Wahl des Bürgermeisters. Diesem Publikum stellten sich die drei Bewerber um den Posten als Verwaltungschef. Bürgermeister Michael Sarach (SPD) und seine beiden Kontrahenten Christian Conring (CDU) und Jörg Hansen (Grüne) lieferten sich im Jugendzentrum Juki 42 ein Duell um die Gunst der Jungwähler.

Nicht ganz einfach für die Kandidaten der Generation 40Plus. Ihnen wurde hier nichts geschenkt. Kritische Nachfragen, Themen wie Sozialer Wohnraum, das stagnierende Nachtleben oder veraltete Unterrichtsmaterialien an den Schulen verlangten den Kandidaten weitaus mehr ab, als es bei den vorherigen Diskussionsrunden beim Stadtforum oder bei der Bürgergemeinschaft am Hagen der Fall war.

Kandidaten mussten vor Publikum Pantomime spielen

Kurzweilig: Zwischen den Fragerunden mussten die Kandidaten kleine Minispiele absolvieren, wie Pantomime, oder Jugendwörter erklären wie „Swaggetarier“ (Mode-Vegetarier), „Krimmen“ (etwas wegnehmen) oder „merkeln“ (nichts tun).

Während sich Grünen-Politiker Jörg Hansen mit seinem „Refugees Welcome“-Shirt noch recht gut in die Szenerie des alternativen Jugendhauses einfügte, wirkten Sarach und Conring ein bisschen fehl am Platz. Der Verwaltungschef hatte in weiser Voraussicht immerhin seinen Anzug gegen Jeans und roten Pulli getauscht. CDUler Christian Conring wahrte jedoch konsequent die Etikette in Form eines Freizeitanzuges irgendwo zwischen Steuerberater und Landvogt.

Jugendliche empfinden Ahrensburg als nicht besonders attraktiv

Doch es geht schließlich nicht um die Verpackung, sondern die Inhalte. Die Runde startete mit persönlichen Fragen, wie Lieblingsverein, Familie, Adresse, Hobbys und – spannend – Jugendsünde. So gab HSV-Fan Christian Conring – Mann einer Frau, Vater zweier Kinder, 10 und 13, wohnhaft in der Manhagener Allee, Segler – gleich zu: „Ich konnte als Jugendlicher mit dem Autofahren nicht bis zum Führerschein warten und bin mit dem Wagen meiner Eltern hin und wieder schwarz gefahren.“ Kontrahent Michael Sarach attestierte ihm, dass das ja früher ganz normal gewesen sei. Er hingegen – ebenfalls Mann einer Frau, Vater einer erwachsenen Tochter, 35, aus erster Ehe, eines Sohnes, 17, und einer Tochter, 19, aus zweiter Ehe, St. Pauli-Fan, wohnhaft am Rickmerspark – war in der Schule stinkfaul: „Aber ich bereue nichts.“ Der kinderlose Ehemann Jörg Hansen – St. Pauli- und Holstein-Kiel-Fan, Radfahrer, Hobbyfotograf und Taucher – sieht seine Zeit bei der Marine als Jugendsünde: „Das würde ich wohl nicht noch einmal machen.“

Die anschließenden Fragerunden verdeutlichten die Versäumnisse der Stadt: Ahrensburg ist für Jugendliche wenig attraktiv. Es gibt zu wenig Freizeitmöglichkeiten, das Nachtleben ist keins und günstigen Wohnraum gibt es auch nicht. Wenig Gründe also für junge Menschen, hier zu bleiben – von der günstigen Lage zwischen Hamburg und Lübeck einmal abgesehen. „Leider können wir die Fehler der vergangenen 20 Jahre nicht in fünf Jahren ausbügeln“, sagte Michael Sarach.

Grünen-Politiker Hansen liegt in der Publikumswertung vor Sarach und Conring

Während die erste Runde eher gemächlich dahin plätscherte, ohne nennenswerte Anfeindungen, entzündete sich am Thema Wohnraum ein regelrechtes Streitgespräch zwischen Sarach und Conring. Der hatte den Bürgermeister aufgrund angeblich nicht umgesetzter Beschlüsse der Stadtverordneten angegriffen. Es folgte ein minutenlanger Streit, woraufhin Jörg Hansen seine Chance ergriff: „Da seht ihr, warum hier alles so lange dauert, wenn die Kandidaten für die Beantwortung einer Frage so lange brauchen. Für mich gibt es auf die Frage, ob ich mich für günstigen Wohnraum einsetzen würde, nur eine Antwort: Ja.“ Das saß.

Als die Kandidaten ihren Wahlkampfmodus ein wenig abgelegt hatten – anfangs wirkten einige Antworten doch etwas einstudiert und steif – konnten alle mehr oder weniger überzeugen. Die Publikumswertung entschied Jörg Hansen deutlich für sich. Er ergatterte elf Punkte, Sarach sechs und Conring nur vier. Nicht repräsentativ aber dennoch deutlich.

Am Donnerstag, 17. September, ist die offizielle Kandidatenrunde um 19 Uhr im Alfred-Rust-Saal.