Westerau. Institut für ökologischen Landbau erforscht im Projekt „Mobile Hühner“ bessere Tierhaltung. Männliche Küken müssen nicht mehr sterben.
Alle zwei bis drei Wochen ziehen die Hühner vom Institut für ökologischen Landbau in Trenthorst um. Ihr Haus und ihren Garten nehmen sie dabei gleich mit. Hinter dem Projekt „Mobile Hühner“ verbirgt sich ein neuer Forschungszweig des Thünen-Instituts im Westerauer Ortsteil Trenthorst. Seit Anfang des Jahres wird hier am Bio-Ei der Zukunft gearbeitet. Parallel dazu sollen nach bio-ökologischen und ethischen Gesichtspunkten die Hähne fleischiger werden.
3,7 Millionen Legehennen werden nach Öko-Richtlinien gehalten
Mehr als 40 Millionen Legehennen gibt es in deutschen Betrieben. 3,7 Millionen davon werden nach den Richtlinien der ökologischen Landwirtschaft gehalten. Das entspricht laut Statistischem Bundesamt einem Anteil von 9,3 Prozent. Bei der Geflügelmast ist der Bio-Anteil mit 1,6 Prozent deutlich geringer. Ähnlich wie bei den Bio-Eiern verspricht man sich in Westerau von der ökologischen Produktion des Hühnerfleisches gute Wachstumschancen.
„Ein großes Problem bei der ökologischen Eierproduktion ist die Tatsache, dass die männlichen Küken von den hochleistenden Legehennen nicht für die Mast geeignet sind“, sagt Lisa Baldinger, promovierte Wissenschaftlerin am Thünen-Institut. „Diese Eintagsküken werden dann getötet.“
Im Thünen-Institut arbeiten die Wissenschaftler daran, den unterschiedlichen Ansprüchen gerecht zu werden: Hennen, die viele Eier legen, Hähne mit hohem Mastgewicht und die Einhaltung der ökologisch-ethischen Richtlinien.
Für Forschungszwecke bekommen die Gruppen unterschiedliches Futter
Die Zweinutzungshühner der Rasse Lohmann-Dual könnten dafür eine Lösung sein. Bei deren Zucht wird sowohl auf gute Legeleistung als auch auf die Mastleistung Wert gelegt. Die ersten Hähne in Trenthorst wurden im Alter von zwölf Wochen mit einen Gewicht von 2,6 Kilogramm geschlachtet. Zum Vergleich: Konventionelle Jungmasthühner werden mit etwa sechs Wochen und einem Gewicht von zwei Kilogramm geschlachtet. „Unsere Hoffnung ist ein tiergerechtes Produktionssystem, das auch ökonomisch tragfähig ist“, so Lisa Baldinger.
170 Hennen und vier Begleithähne teilen sich auf dem ökologischen Hof den ersten mobilen Stall. Dazu gehört eine eingezäunte Auslaufwiese, auf der die Tiere scharren, picken, umherlaufen sowie nach Futter suchen können. Streit innerhalb der Gruppe gibt es trotz der vielen Tiere nicht. „Auf 30 bis 50 Hennen kommt ein Hahn“, sagt Lisa Baldinger. Die Hähne sind damit beschäftigt, für den Schutz der Hennen und ausreichend Nachwuchs zu sorgen. Mit Beginn der Dämmerung ziehen sich die Tiere in den geschützten Stall zurück, der zudem ausreichend Möglichkeit zum Brüten bietet.
Spätestens nach vier Wochen wird das mobile Zuhause mit Hilfe eines Treckers an einen neuen Standort gesetzt. „Das ist nicht nur hygienischer, so bleibt auch die Auslauffläche für die Hühner attraktiv“, sagt die Wienerin, die seit einem halben Jahr in Stormarn lebt.
Für Forschungszwecke hat Lisa Baldinger die Tiere jetzt in zwei Gruppen geteilt. Jeweils 85 Hennen und zwei Hähne. Beide Versuchsgruppen bekommen das gleiche Futter, die eine zusätzlich noch ein knappes Kilo Saatwicken pro Tag. „Saatwicken haben einen hohen Eiweißgehalt. Hühner sind sehr anspruchsvoll, was die Qualität ihres Futters angeht“, sagt die Nutztierwissenschaftlerin.
Die wichtigsten Themen: Haltung und Fütterung
Fressen die Tiere die Saatwicken, wird die Dosis solange erhöht, bis irgendwann nicht mehr alles gefressen wird. In dem Versuch soll getestet werden, ob die Zugabe der Saatwicken die Legeleistung und die Eiqualität verändert. Gleich die erste Mahlzeit schien den Tieren zu schmecken. Eifrig scharrte sich die Versuchsgruppe um die gekeimten Köstlichkeiten.
In den nächsten Monaten wird es die Aufgabe der Wissenschaftlerin sein, die Größe der Eier, die Farbe des Dotters sowie die Beschaffenheit der Schale beider Versuchsgruppen miteinander zu vergleichen. Haltung und Fütterung sind die beiden wichtigsten Themen, denen man sich aktuell am Thünen-Institut widmet. Das Institut gehört zu einer der größten Forschungseinrichtungen für ökologischen Landbau weltweit.