Glinde. Bürgerinitiative schaltet Kommunalaufsicht ein, weil Glinde das Baugrundstück dem Investor Semmelhaack zu billig überlassen habe.
Michael Riedinger lässt nicht locker. Der Sprecher der Bürgerinitiative Glinder Gleisdreieck will mit seinen Mitstreitern das Bauprojekt im Zentrum der Stadt mit 153 Wohneinheiten – 60 Prozent davon sind öffentlich gefördert – verhindern und das 2,1 Hektar große Areal als Grünfläche erhalten. Vor Kurzem hat er eine Beschwerde an die Kommunalaufsicht des Kreises geschickt. Riedinger wirft der Stadt vor, dass sie ein 12.405 Quadratmeter großes Grundstück unter Marktwert an den Investor Semmelhaack verkauft hat. „Der Firma werden so zwei bis drei Millionen Euro geschenkt, das kann nicht sein“, sagt er. Die Behörde in Bad Oldesloe hat Glinde um eine Stellungnahme gebeten und wird den Vertrag prüfen.
Bodenrichtwert für Mehrfamilienhaus liegt bei 215 Euro pro Quadratmeter
In dem im Februar dieses Jahres geschlossenen Grundstückskaufvertrag ist der Quadratmeterpreis auf 74 Euro festgelegt. Riedinger liegt dieser Kontrakt vor. „Ich durfte ihn erst einsehen, nachdem ich das Datenschutzzentrum Schleswig-Holstein eingeschaltet hatte“, sagt er. Der 64-jährige Unternehmensberater bemängelt in dem Schriftstück die Bezeichnung Bauerwartungsland. Das ist risikobehaftet, weil noch kein B-Plan vorliegt und günstiger als Bauland. Tatsächlich liegt der Bodenrichtwert für Mehrfamilienhäuser in Glinde bei 215 Euro.
Teilweise wird sogar tiefer in die Tasche gegriffen. Ein Immobilienmakler, der namentlich nicht genannt werden will, sagt dieser Zeitung, dass für ein Grundstück unweit des Areals Gleisdreieck 290 Euro für den Quadratmeter Bauland gezahlt wurde. Riedinger: „Und auch beim Gleisdreieck handelt es sich um Bauland. Denn Semmelhaack hat so viele Bedingungen aufgestellt und kann jederzeit zurücktreten, wenn eine nicht erfüllt wird. Die Firma geht also kein Risiko ein.“
Hermann Harder, Fachdienstleiter der Kommunalaufsicht in Bad Oldesloe, will die Sache derzeit nicht bewerten. „Ich warte jetzt ab, was die Stadt Glinde dazu sagt. Mir wurde mitgeteilt, dass eine entsprechende Stellungnahme Ende des Monats fertiggestellt wird.“ Glindes Bauamtsleiter Frank Thiemann sieht der Prüfung gelassen entgegen. „Wir sind tiefenentspannt“, sagt er. „Für die Preisermittlung war der Gutachterausschuss des Kreises zuständig. Die Stadt hat damit nichts zu tun.“ Mehrere Personen der Behörde aus Bad Oldesloe hätten sich vor Ort ein Bild gemacht und so entschieden. Thiemann: „Ohne ein unabhängiges Gutachten schließen wir keinen Kaufvertrag ab.“
Glindes Politiker hatten das B-Planverfahren im Juni 2014 mit der Absegnung des Aufstellungsbeschlusses gestartet. Nachdem auch der Auslegungs- und Entwurfsbeschluss abgesegnet wurden, konnten die Bürger vor Kurzem bei der Verwaltung ihre Bedenken äußern. Riedinger und seine Mitstreiter haben davon Gebrauch gemacht. SPD-Politiker Peter Michael Geierhaas: „Herr Riedinger ist ein harter Hund, der überall nachfragt. Das ist sein gutes Recht.“ Es gebe aber keinen Anhaltspunkt, dass die Stadt etwas falsch gemacht habe. So sieht es auch Hartmut Thede, Leiter der Projektentwicklung bei Semmelhaack: „Alles ist mit rechten Dingen zugegangen.“
SPD-Politiker: Bebauungsplan wird erst im Frühjahr 2016 verabschiedet
Riedinger, der das Vertragswerk ausführlich studiert hat, ist da anderer Meinung. „Die sogenannten aufschiebenden Bedingungen kannten die Gutachter des Kreises nicht.“ Bei einem Abweichen vom Marktpreis könne der Vertrag für nichtig erklärt werden. Die Hoffnung, dass das Bauvorhaben noch platzt, hat der Initiativensprecher nicht aufgegeben. „Und die Option, vor Gericht zu ziehen, halten wir uns immer offen.“
Doch auch so wird sich das Projekt verzögern. Zum einen, weil gleich mehrfach Vorarbeiten auf dem Areal sabotiert wurden. Unbekannte hatten Bohrmarkierungen aus dem Boden gerissen. Zudem ist der städtebauliche Vertrag zwischen Glinde und Semmelhaack noch nicht geschlossen. SPD-Politiker Geierhaas: „Ohne ihn gibt es keinen B-Plan, den wir wohl erst im Frühjahr 2016 verabschieden.“