Lütjensee. Der DRK-Dienst wickelt von Stormarn aus den Großteil aller Blutspenden aus Schleswig-Holstein und Hamburg ab. Rund 750 täglich.

Stolz zeigt Annemarie Bauer aus Lütjensee ihren alten Blutspendeausweis. „Blutgruppe AB negativ? Dann sind Sie einer der seltensten Menschen, die es gibt“, stellt Dr. Birgit Stürmer, die Leitende Entnahmeärztin des Blutspendedienstes des Deutschen Roten Kreuzes in Lütjensee, fest. Nur ein Prozent der Bevölkerung habe diese Blutgruppe. Mit ihren 90 Jahren darf Annemarie Bauer zwar nicht mehr spenden – sie ist aber umso interessierter, wenn es um die Verarbeitung des Blutes geht: Beim Tag der offenen Tür des Blutspendedienstes ließ sie sich alles genau erklären.

Mitarbeiter des DRK führten am Wochenende rund 100 Besucher durch ihre heiligen Hallen: Dort sowie in der Schleswiger Niederlassung des DRK-Blutspendedienstes Nord-Ost landen sämtliche vom DRK generierten Blutspenden aus Schleswig-Holstein und Hamburg. So erfuhren die Besucher etwa, dass das Blut innerhalb von 24 Stunden verarbeitet werden muss, und dass der DRK-Blutspendedienst bundesweit einen Marktanteil von 70 Prozent hat.

Das frisch abgenommene Blut fließt in einen Beutel mit einer Nährlösung

Blutspenden funktioniert so wie Blutabnehmen beim Arzt: Eine Krankenschwester sticht dem Spender eine Kanüle in eine Vene in der Armbeuge. Nur, dass etwas mehr Blut abgenommen wird als beim Arzt: Rund 500 Milliliter sind es, die über einen dünnen Schlauch in einen durchsichtigen Plastikbeutel fließen. An diesen schließen sich drei leere Beutel an. Diese werden später für die Verarbeitung des Blutes gebraucht. Der Beutel, in den das frische Blut strömt, enthält eine Nährlösung aus Zucker und Citrat, eine Säure, die das Blut ungerinnbar macht. Es könnte sonst verklumpen.

Die frischen Blutspenden gelangen über die mobilen Teams nach Lütjensee: Ärzte und Schwestern sammeln mit fünf Transportern, Team-Wagen genannt, von jeweils Dienstag bis Sonnabend an Schulen, in Gemeindehäusern und in Firmen Spenderblut ein. Wenn sie von ihren Terminen zurückkommen, strömen sie wie fleißige Arbeitsbienen zurück nach Lütjensee, anstatt Honig haben sie Blut im Gepäck. Rund 700 bis 750 Vollblutspenden sind es am Tag. Die Beutel, sie sind alle mit Barcodes gekennzeichnet, stecken in roten Plastikbehältern, die die Mitarbeiter ins Gebäude bringen. Sie stellen sie vor einen Käfig ab. Und dann kommt ein Roboter zum Einsatz: „Das ist unser KURT-System, es ist einmalig in Europa“, sagt Stürmer. Der Blutspendedienst habe es eigens für seine Zwecke entwickeln lassen.

So können Sie Blut spenden

Blut spenden kann jeder gesunde Mensch ab 18 und einem Gewicht ab 50 Kilogramm.

Vor der Blutspende werden Fieber und der Sauerstoffgehalt im Blut gemessen: Durch einen Pieks in den Finger, aus dem ein Tropfen Blut entnommen wird.

Mit einem Fragebogen und in einem Arztgespräch wird geklärt, ob der Spender krank sein oder durch die Spende selbst gefährdet werden könnte.

Viermal pro Jahr dürfen Frauen Blut spenden, Männer sechsmal. Erstspender dürfen maximal 65 Jahre, alle anderen 72 Jahre alt sein.

Der nächste Termin zur Blutspende in Lütjensee ist am Dienstag, 18. August, 15 bis 19.30 Uhr. Alle weiteren Termine gibt es online unter www.blutspende.de und unter Telefon 0800/11 949 11. sx

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Der Roboter packt die einzelnen Kisten mit den Blutspendebeuteln mit einem Greifarm und stapelt sie nach einem bestimmten System. Er weiß genau, welche Blutkonserven wie alt sind – und in welcher Reihenfolge sie verarbeitet werden müssen. Das geschieht in der sogenannten Produktion, einem großen Raum, den die Mitarbeiter nur mit möglichst steriler Kleidung betreten dürfen. Als erstes kommen die Beutel in eine Zentrifuge, in der sie extrem schnell im Kreis gedreht werden. Dadurch setzen sich die schwereren Bestandteile des Blutes unten ab, die mittelschweren in der Mitte und die leichten ganz oben. Das heißt: Unten sind die roten Blutkörperchen, in der Mitte schwimmen die Blutplättchen, und die Flüssigkeit oben drüber ist das Plasma, in dem Gerinnungsfaktoren und Eiweiße schwimmen.

Nun werden die restlichen drei Beutel gebraucht: Der Ursprungsbeutel, in dem sich das zentrifugierte Blut befindet, wird in ein Gerät gespannt, das Quetsche genannt wird: Es quetscht nämlich das Plasma in einen der leeren Beutel. In einem der weiteren Beutel landen dann die für die Gerinnung zuständigen Blutplättchen, und im dritten Beutel die roten Blutkörperchen. Zugleich werden die weißen Blutkörperchen herausgefiltert, sie sind für die Infektabwehr verantwortlich und werden hier nicht gebraucht.

Jeder Arbeitsschritt wird genau dokumentiert

Anschließend werden Stichproben gemacht. Erst, wenn das Labor grünes Licht gibt, bekommen die einzelnen Beutel neben den Barcodes auch ein Etikett. Verwechselt werden können sie nicht, bei jedem Vorgang werden sie von einem Mitarbeiter gescannt. „Jeder einzelne Schritt, von der Blutabnahme bis zum Verkauf, ist genau dokumentiert und nachvollziehbar“, betont DRK-Ärztin Stürmer.

© Julia Sextl | Julia Sextl

Ein Besucher bleibt trotzdem skeptisch, erkundigt sich nach der Infektionsgefahr. Stürmer: „Das Blut ist extrem sicher. Da wird man eher vom Blitz erschlagen, als dass man über eine Transfusion eine Infektion übertragen bekommt.“ Die roten Blutkörperchen sind bis zu 35 Tage haltbar und werden an Kliniken verkauft, beispielsweise nach Großhansdorf oder ans Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Blutplasma bekommen Patienten, wenn sie durch eine Transfusion eine große Menge an roten Blutkörperchen erhalten haben. „Damit die Mischung wieder stimmt“, sagt Stürmer.

Bis heute kann Blut nicht künstlich hergestellt werden

Das in Lütjensee gewonnene Plasma ist allerdings rein für die Pharmaindustrie bestimmt: Aus ihm werden Medikamente hergestellt, beispielsweise für Bluter – also für Menschen, deren Blut nicht gerinnt und die ohne Medikamente wegen einer winzigen Wunde verbluten könnten. Die Blutplättchen wiederum, auch Thrombozyten genannt, sind zum Beispiel für Krebspatienten wichtig, die diese Zellen nicht mehr selbst bilden können. Sie sind nur vier Tage haltbar.

Sorge macht DRK-Ärztin Stürmer, dass immer weniger junge Menschen Blut spenden. „Man kann Blut bisher nicht künstlich herstellen. Deshalb sind Spenden ganz wichtig“, sagt sie. Angst vor der Nadel beim Blutabnehmen brauche dabei niemand haben: „Unsere Teams beherrschen das perfekt. Sie machen ja den ganzen Tag nichts anderes“, sagt Stürmer und lacht. Wichtig sei lediglich, dass die Spender vorher gegessen und ausreichend getrunken hätten, damit sie genug Energie haben.