Ahrensburg. Die geplante Linie von Hamburg nach Bad Oldesloe wird deutlich teurer als geplant. Deshalb muss gespart werden. Das wird Folgen haben.

1008,2 Millionen Euro, all inclusive – nach aktuellem Planungsstand. Die neueste Gesamtkostenschätzung der DB Netz AG nach einer umfassenden Kosten- und Risikoanalyse für die geplante S 4 hat alle alarmiert, die auf die Realisierung der S-Bahnlinie von Hamburg nach Bad Oldesloe warten. Bis vor kurzem hieß es nämlich, das Großprojekt würde insgesamt, inklusive Risikoaufschläge, etwa 819 Millionen Euro kosten. Als aber Mitte Juli bekannt wurde, dass es stattdessen wohl mehr als eine Milliarde Euro werden könnte, sorgte das für große Verunsicherung – und es wurde auch die Frage gestellt, ob das Ganze überhaupt noch finanzierbar sei. Die S4 als ein altes Projekt, das mal wieder auf den St. Nimmerleinstag verschoben werden muss?

Um die Antwort vorwegzunehmen: Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist die Realisierung offenbar nicht in Gefahr – zumal eine Entbindung von Fern- und Nahverkehr dringend geboten ist: Eine aktuelle Prognose im Bundesverkehrswegeplan besagt, dass durch die beabsichtigte Fehmarnbeltquerung auf dieser Strecke 78 zusätzliche Güterzüge fahren werden – derzeit sind es 20.

Die angedachten Einsparungen würden gravierende Planänderungen bedeuten

Doch es wird bei der S 4 über Einsparungen nachgedacht, die zum Teil gravierendere Planänderungen vor Ort zur Folge haben. Deshalb ist es verständlich, dass zum Beispiel die Stadt Ahrensburg nach Aufklärung sucht und der DB Netze, dem für die Planung zuständigen Eisenbahninfrastrukturunternehmen der Deutschen Bahn, sowie dem für den Betrieb zuständigen Nahverkehrsverbund Schleswig-Holstein, kurz Nah-SH, einige Fragen zur weiteren Entwicklung gestellt hat.

Dabei ging es um ein zusätzliches drittes Gleis, das in der Komplettplanung über Ahrensburg hinaus bis nach Bargteheide führen sollte, jedoch in der jetzt diskutierten Sparvariante in Ahrensburg-Gartenholz enden würde. Außerdem erscheint zweifelhaft, ob eine neue Haltestelle Ahrensburg-West, die optional geplant war, gebaut wird. Zudem meldete die Stadt Bedenken gegen zwei mögliche Folgen an: Als Ersatz für den Bahnübergang Brauner Hirsch im Naturschutzgebiet Ahrensburger Tunneltal soll eine Überführung gebaut werden. Die Stadt favorisiert eine Brücke, befürchtet aber, dass ein mehrere 100 Meter langer Damm als deutlich günstigere Lösung gebaut werden könnte, was das Landschaftsbild schädigen und dem Naturschutz zuwider laufen würde.

Hier werden Bürger über die Planungen informiert

Informationsbedarf bei den von der neuen Linie betroffenen Bürgern gibt es immer, das weiß man auch bei der DB Netze.

An den Hotspots der Strecke werden deshalb Experten die Bürger vor Ort besuchen und Fragen beantworten.

Die nächsten Stationen sind Wandsbek-Markt (3. September), Bargteheide (4. September).

Einzel-Sprechstunden, in denen Anlieger in Einzelgesprächen klären können, welche Konsequenzen der S4-Ausbau für sie hat, wird es ebenfalls geben.

In Ahrensburg sind Termine im Rathaus für den 25. August von 16 bis 19 Uhr geplant, in Bad Oldesloe am 9. September. Wahrscheinlich ist, dass einzelne Kommunen und Hamburger Bezirke ihre Bürger in Einwohnerversammlungen informieren.

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Ein weiteres Bedenken ist die Sorge, dass Ahrensburg im Bahnhofsbereich durch hohe Lärmschutzwände zugestellt werden könnte. Die Stadt verlangt mit Rücksicht auf ihr Panorama und die barocken Sichtachsen stattdessen weniger sichtbaren Lärmschutz direkt am Gleis. Und last not least spricht Ahrensburg für viele Pendler, wenn angemahnt wird, dass die fast doppelt so schnellen Expresslinien mit Halt in Ahrensburg nicht durch das Angebot der S 4 in Frage gestellt werden dürfen. Ahrensburg deutet in seiner Anfrage an, dass vom Umgang mit den Sorgen der Bürger auch die Akzeptanz des Projektes in der Region abhänge.

Sowohl DB Netze als auch Nah.SH bestätigen, dass der Wegfall des dritten Gleises zwischen Ahrensburg-Gartenholz und Bargteheide als Option mit erheblichem Einsparpotenzial diskutiert worden sei. Den Effekt beschreibt Dennis Fiedel, Leiter der Kommunikation bei Nah.SH, in Stichworten: „Wegfall eines Gleises im Güterbahnhof Wandsbek (bei gleichzeitiger zweigleisiger Herrichtung der Kurve zur Güterumgehungsbahn), Wegfall des dritten Gleises hinter Gartenholz und dadurch vereinfachter Umbau des Bahnhofs Bargteheide.“

Die geplante Taktung könnte trotz der Planänderung beibehalten werden

An der geplanten Taktung der S 4 würde der Wegfall nichts ändern. Sicher wäre jedoch, sagt DB-Netze-Sprecher Egbert Meyer-Lovis, dass der optional geplante Bahnhof Delingsdorf mit Sicherheit nicht gebaut würde, weil das Extra-S-Bahn-Gleis dafür nötig wäre. „Die Entscheidung über das dritte Gleis liegt aber letztlich bei den Ländern“, sagt Meyer-Lovis. Ob Ahrensburg-West gebaut werde oder nicht, werde dagegen unabhängig vom dritten Gleis entschieden.

Was die Lösung im Tunneltal betrifft, antwortet Meyer-Lovis ergebnisoffen: „Die Planung ist nicht zuletzt eine umweltrechtliche Frage. Es kommt wesentlich darauf an, was das umweltrechtliche Gutachten ergibt.“ Gewiss ist bislang nur, dass es keine Troglösung, also eine tief gelegte Trasse, geben wird. „Damit hätte man noch mehr in das Tunneltal eingegriffen, und es wäre noch teurer geworden“, sagt Nah-SH-Sprecher Fiedel.

Unwahrscheinlich ist, dass Ahrensburg sich mit der Forderung durchsetzt, von hohen Lärmschutzwänden verschont zu werden. „Das Anliegen der Stadt ist uns bekannt“, so Fiedel diplomatisch. „Aber zurzeit gibt es de facto keine zugelassenen Lärmschutzwände abseits der klassischen im Bahnbereich. Die DB prüft aber zurzeit nochmals Alternativen im Rahmen des Lärmgutachtens. Sobald es da neue Erkenntnisse gibt, setzen wir uns damit natürlich auseinander. Ergänzende Maßnahmen wie zum Beispiel Schienenstegdämpfer werden bereits jetzt in der Planung berücksichtigt. Diese allein leisten aber nur einen vergleichbaren minimalen Beitrag zum Lärmschutz und können die klassische Lärmschutzwand nur in ihrer Wirkung ergänzen.“

Meyer-Lovis bestätigt das: „Wir haben nichts gegen eine diskretere Lösung, das ist jedenfalls keine Frage des Geldes. Doch wir müssen uns beim Schallschutz an die Vorgaben des Bundes-Immissionsschutzgesetzes halten. Entsprechend wirksame Lärmschutzmaßnahmen können wir zurzeit nur mit Schallschutzwänden erreichen.“

Die schnellen Regionalexpress-Züge sollen erhalten bleiben

Kein Sorge müssen sich die Pendler von und nach Ahrensburg um den Status quo des Regionalexpress-Betriebes mit Halt in der Stadt machen. Dennis Fiedel von Nah.SH, das den Schienen-Personen-Nahverkehr als Vertreter des Landes bestellt, versichert: „Die S-Bahn ersetzt lediglich Regionalbahnen (RB), Regionalexpress-Züge sind davon grundsätzlich nicht betroffen.“