Fachkräfte-Qoute von 50 Prozent wird nicht immer und überall erfüllt. Stormarner Heimaufsicht verhängte dreimal einen Belegungsstopp

Schlechte Bezahlung, miese Arbeitsbedingungen, wenig Wertschätzung – so beschreiben Gewerkschafter die Situation von Personal in vielen Pflegeheimen. Deswegen hätten immer mehr Einrichtungen Probleme bei der Suche nach Mitarbeitern. Aus dem aktuellen Bericht der Heimaufsicht Stormarn geht hervor, dass in den vergangenen zwei Jahren 17 von 94 Einrichtung nicht die erforderliche Fachkräftequote von mindestens 50 Prozent erfüllt haben. Dreimal musste die Heimaufsicht deswegen sogar einen Belegungsstopp verhängen.

In einigen Häusern kündigen Mitarbeiter schnell wegen der Arbeitsbedingungen

„Der Fachkräftemangel wird sich weiter verstärken“, sagt Astrid Matern, Fachdienstleiterin Öffentliche Sicherheit beim Kreis Stormarn und damit Chefin der Heimaufsicht. Diese kontrolliert die 57 Alten- und Pflegeheime und 37 sogenannte Einrichtungen der Eingliederungshilfe, in denen zum Beispiel psychisch Kranke oder behinderte Menschen gepflegt werden. Als Grund für den Fachkräftemangel sieht Matern den demografischen Wandel. „Auf einen pflegebedürftigen älteren Menschen kommen immer weniger junge Menschen.“ Außerdem gebe es bei den Arbeitsbedingungen große Unterschiede. Matern: „Einige Einrichtungenhaben weniger Probleme, Fachpersonal zu finden.“

Imke Wriedt von der ver.di Nord kennt die Unterschiede: „In einigen Häusern sind die Arbeitsbedingungen so schlecht, dass die Mitarbeiter schon nach wenigen Monaten kündigen“, sagt die Gewerkschafterin, die den Fachbereich Gesundheit in Südholstein vertritt. Wriedt erreichten Beschwerden darüber, dass Mitarbeiter während der Freizeit oder aus dem Urlaub an der Arbeitsplatz zurückgerufen würden, Doppelschichten schieben müssten. „Oder in der Nachtschicht keine Pause haben“, sagt Wriedt. Ein weiteres Problem der Branche sei die Bezahlung. „Wir erleben eine Tarifflucht“, sagt die Gewerkschafterin. In Stormarn und den benachbarten Kreisen werde der Großteil der Pflegemitarbeiter nicht nach Tarif bezahlt. „Ich habe es sogar schon erlebt, dass eine Pflegekraft gekündigt hat, weil sie als Putzfrau mehr verdient.“ Erschreckend finde sie, dass einige Einrichtungen nicht einmal den Branchen-Mindestlohn von 9,40 Euro zahlten. „In einem Fall soll eine Pflegehelferin laut Arbeitsvertrag pro Monat 1568 Euro brutto bei einer 40-Stunden-Woche ausgezahlt bekommen.“ Gegen solche Verträge gehe ver.di jetzt vor.

Damit seien die grundsätzliche Probleme aber nicht gelöst. Die Gewerkschafterin fordert, dass der Pflegeberuf aufgewertet werden müsse. Qualifizierte Pflegekräfte müssten mindestens 3000 Euro brutto monatlich bekommen. Wie hoch die Gehälter sind, könnten die Pflegeheime oft aber nicht selbst bestimmen. „Es gibt Pflegesatzverhandlungen mit dem Verband der Krankenkassen. Dabei werden auch die Gehälter verhandelt“, sagt Katrin Dähn-Erler, die das Travedomizil in Bad Oldesloe leitet. Auch sie kennt das Problem Fachkräfte-Mangel. „Wir konnten bisher immer die 50-Prozent-Quote erfüllen, aber immer weniger Menschen wollen diesen Beruf erlernen. Andreas Schulz, der das Pflegeheim Haus Billetal in Trittau leitet, sagt: „Wir haben eine hohe Heimplatzdichte. Die Konkurrenz ist groß, der Markt an Fachkräften leer.“ Die von der Heimaufsicht geforderte Quote könne er dennoch erfüllen. Auch habe das Trittauer Pflegeheim bisher immer alle Ausbildungsplätze besetzen können. Schulz: „Aber früher hatten wir eine größere Auswahl.“ Diese Beobachtung macht auch Mandy Ziemann, Vize-Leiterin des Asklepios-Pflegezentrums in Reinfeld, sagt: „Es werden von Jahr zu Jahr weniger Bewerber. Der Beruf wird immer unattraktiver.“ Ihr Haus könne die Fachkräfte-Quote von mindestens 50 Prozent derzeit nicht erfüllen.

Heimleiterin aus Bad Oldesloe liebt ihren Job trotz aller Schwierigkeiten

Ob der Negativtrend durch höheren Löhne gestoppt werden könne, sei ungewiss. „Schließlich ist der Beruf mit schwerer körperlicher Arbeit verbunden“, sagt Gewerkschafterin Imke Wriedt. „Doch es gibt durch technische Mitteln und durch Fortbildung Möglichkeiten zur Entlastung.“ Katrin Dähn-Erler wirbt trotz allem für den Beruf: „Ich habe mich damals für diesen Beruf entschieden, weil es viele Entwicklungschancen gibt. Man kann Zusatzqualifikationen erwerben und sich auf bestimmten Gebieten spezialisieren“, sagt die 48-Jährige, die als Pflegeassistentin angefangen hat und heute das Travedomizil leitet. Sie sagt: „Ich liebe meinen Beruf.“