Grosshansdorf. Vor 19 Monaten war Zug 187 bei Großhansdorf im Sturm verunglückt. Die Instandsetzung hatte historische Dimensionen.

Fahrzeug 187 fährt wieder. Frisch lackiert wartet der U-Bahnzug eineinhalb Jahre nach dem schweren Unfall (siehe Infokasten) darauf, wieder Passagiere durch das Hamburger Netz bis nach Stormarn zu fahren. Dabei sah es direkt nach dem Unglück gar nicht gut aus für das Schienenfahrzeug der Hamburger Hochbahn AG. „Ein komplett deformierter Wagenkasten, kaputte Achsen, Drehgestelle und verzogene Türsäulen“, zählt Hendrik Rolf, Diplom-Ingenieur bei der Hochbahn, auf. Und das sind nur einige der Schäden, die auf den ersten Blick erkennbar waren. Der am stärksten beschädigte Waggon konnte erst nach mehreren Tagen mithilfe eines Krans geborgen werden.

Zum ersten Mal wurde eine Hamburger Zug außerhalb der Hansestadt repariert

Schnell wurde nach einer Begutachtung durch Hochbahn-Experten klar, dass für die notwendigen Reparaturen das Know-how und die Erfahrung der Hochbahn nicht ausreichten, obwohl das Unternehmen über alle Zertifizierungen verfügt, die nötig sind, um selbst Schienfahrzeuge zu bauen. „Wir haben eine Instandhaltungsquote von 97 Prozent und machen sehr viele Reparaturen selbst“, sagt Fahrzeugbau-Spezialist Hendrik Rolf. „Aber bei so umfangreichen Reparaturen kommt es auf absolute Präzision und vor allem auf viel Erfahrung an“, sagt Rolf, der mit der Reparatur von Fahrzeug 187 betraut war.

Einen Fall wie diesen hat es bei der Hochbahn noch nie gegeben. Zum ersten Mal in der mehr als 100-jährigen Geschichte des Unternehmens wurde ein Fahrzeug außer Haus repariert. „Wir haben die Unternehmen eingeladen, sich Fahrzeug 187 in Seevetal anzuschauen und ihre Vorschläge zu machen.“ Der brandenburgische Spezialist FMW gewann die Ausschreibung, und so ging es für den kaputten Zug mit Sondergenehmigungen, Polizeibegleitung und zwei riesigen Tiefladern nach Henningsdorf bei Berlin. 25 Mitarbeiter machten sich an die Arbeit. Der Zug wurde komplett entkernt, die gesamte Elektrik, Fenster und Türen wurden entfernt. Hendrik Rolf fuhr während der Arbeiten immer wieder nach Henningsdorf, begutachtete jeden Fortschritt.

Fahrzeug 187 wurde von zwei Schienfahrzeugen in die Zange genommen

Mit Spannung warteten der 35-Jährige und die Experten in Henningsdorf auf die Ergebnisse der dynamischen Inbetriebnahme, wie die erste Testfahrt korrekt heißt. „Das ist wirklich ein Aha-Erlebnis, wenn der Zug dann wieder rollt“, sagt Rolf. Für seinen Weg zurück nach Hamburg wurde Fahrzeug 187 von zwei Schienfahrzeugen der Deutschen Bahn in die Zange genommen. Nun müssen nur noch die Sprinkleranlagen befüllt, die Räder nachgedreht und der Zugfunk eingerichtet werden. Dann geht Fahrzeug 187 wieder in den Liniendienst.

Gekostet hat die Reparatur rund 700.000 Euro. Das ist etwa die Hälfte der Summe, die die Hochbahn in einer ersten Schadensschätzung an dem U-Bahnzug genannt hatte. Die Frage, wer für den Schäden aufkommen muss, der durch Sturmtief Xaver an dem Triebwagen und der Brücke am Waldreiterweg entstand, ist noch immer nicht entschieden. Das Verfahren läuft noch, bestätigt Hochbahn-Sprecherin Christina Becker. Das Areal zwischen den U-Bahnhöfen Kiekut und Großhansdorf gehört den schleswig-holsteinischen Landesforsten. Bei den Landesforsten hatte man die durch den Sturm entstandenen Schäden als Folge höherer Gewalt eingeschätzt, sagt Peter Knierim, der bei den Landesforsten für Rechtsfragen zuständig ist.

Bei höherer Gewalt müsste nach Einschätzung des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherer die Transport- oder Gebäudeversicherung des Betreibers, also in diesem Fall der Hochbahn, einspringen. Der Verkehrssicherungspflicht seien die Landesforsten immer nachgekommen. Die Überprüfung des Waldstückes sei in den vorgeschriebenen Intervallen erfolgt. Dabei sei keine Gefährdung festgestellt worden, sagt Knierim.

Während Fahrzeug 187 bald wieder fährt, werden die Bauarbeiten an der Brücke über den Wöhrendamm im kommenden Jahr beginnen.

6. Dezember 2013: Triebwagen 187 kracht gegen eine Buche

Xaver hieß der Sturm, der in der Nacht zum 6. Dezember 2013 über den Norden hinwegfegte und dabei zwischen den U-Bahn-Stationen Kiekut und Großhansdorf auf der Linie 1 eine Buche entwurzelte. Der Baum stürzte auf die Gleise.

Mit Tempo 80 fuhr U-Bahn-Triebzug 187 aus Richtung Hamburg gegen den Stamm und schleifte ihn 200 Meter mit. Durch den Aufprall wurde vor allem der erste Wagen des Zuges schwer beschädigt und sprang aus dem Gleis.

Sechs Fahräste wurden bei dem Unglück leicht verletzt.

Die Brücke über dem Wöhrendamm wurde in Mitleidenschaft gezogen. Die Hochbahn schätzte den Schaden auf zwei Millionen Euro.

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