Ahrensburg. Oldtimer-Rallye ADAC Hamburg Klassik endet in Ahrensburg. Was verbindet eigentlich Fahrer und Wagen? Wir haben nachgefragt.
Ein wenig nervös läuft Stefan Heer auf dem Parkplatz hinter dem Park Hotel in Ahrensburg herum. Heer ist der Vorsitzende des MSC Trittau, der Veranstalter der ADAC Hamburg Klassik. Mehr als 80 Oldtimer sollen gleich auf den Hof fahren. Da klingelt das Handy. Der „Spion“ ist dran: In 20 Minuten sollten die ersten Fahrer eintreffen. Sie sind gerade durch Bad Oldesloe gefahren mit ihren geliebten Autos. Das Abendblatt will wissen: Welche Gründe gibt es, so ein Auto zu lieben?
1. Weil es so selten ist. Eine Hupe tutet. Der erste Wagen schießt wie ein Blitz um die Ecke. Es ist ein blauer Alfa Romea Montreal, Baujahr 1972. Alexander Malcha und sein Beifahrer Oliver Dahlmann steigen aus. Fahrer Malcha streift seine braunen Lederhandschuhe ab. Dann grinst er und sagt: „Was für eine tolle Rallye. Es hat wieder einmal Spaß gemacht.“ Seit fünf Jahren gehört ihm der Alfa. Besonders schön findet er die Form und die schwarzen Lüftungsschlitze. „Nur 3972 Autos wurden davon gebaut. Und eines davon habe ich.“ 33.000 Euro hat es gekostet.
2. Weil man seine Technik versteht. Wenige Minuten später hupt es erneut, diesmal viel tiefer. Ein schwarzer Volvo PV 544, Baujahr 1960. Fahrer Jürgen Kornrumpf und Beifahrer Rainer Fletling kurbeln mühsam die Fensterscheibe herunter. Sie grinsen, freuen sich, dass sie im Ziel angekommen sind. Als sie aussteigen, strecken und recken sie sich erst einmal. „So eine Rallye-Fahrt ist ganz schön anstrengend“, sagt Kornrumpf. Er hat sich für den heutigen Anlass in Schale geworfen, trägt eine braune Lederweste, sein Schnurrbart ist gezwirbelt. Seit zwölf Jahren fährt er schon seinen geliebten Volvo. Besonders toll sei daran, dass er eine einfache Technik habe. Als Kornrumpf über die schwarz glänzende Motorhaube streicht, sagt er: „Wenn mein Buckel-Volvo mal hustet, weiß ich, wo die Krankheit sitzt.“ Die Ersatzteile könne er noch relativ einfach besorgen.
3. Weil es Erinnerungen weckt. Mittlerweile kommt ein Oldtimer nach dem anderen ins Ziel gefahren. Aus einer Ecke des Parkplatzes ist zu hören, wie über alte Zeiten gesprochen wird. Rüdiger Knübel steht vor seinem weiß-gelben Opel Kadett C GTE und unterhält sich mit anderen Fahrern. Knübel sagt: „Seit 2007 habe ich dieses wunderschöne Auto. Es weckt alte Erinnerungen.“ In den 70er-Jahren habe er schon mal so ein Auto gefahren. „Es gab nur 1000 davon.“
4. Weil es Vergangenes vergessen macht. An alte Zeiten zurückdenken möchte Thomas Esbach aus Hamburg nicht. Im Gegenteil. Mit dem Kauf seines Oldtimers begann für ihn ein neuer Lebensabschnitt. Er erzählt, warum: „Nach meiner Scheidung wollte ich mich belohnen und am liebsten alles vergessen.“ Der Herr wirkt schüchtern, trägt eine beigefarbene Mütze auf dem Kopf und ist gerade erst auf den Hof gefahren. Sein weißer Rambler American aus dem Jahr 1961 ist ziemlich leise. Ihm gefalle das Auto, weil es breit sei wie eine S-Klasse und kurz wie ein Käfer. „Das Auto ist klassisch und zurückhaltend, genauso wie ich, ein echter Hamburger“, scherzt er.
5. Weil Frau gut damit fahren kann. Gegenüber wird ein rot-schwarzer Volvo 66 GL eingeparkt. Er ist noch ein wenig jünger als der Rambler, dafür umso lauter. „Er wurde 1980 gebaut“, ruft Beifahrer Magnus Korff zwei Männern zu, die interessierte Blicke auf den kleinen Flitzer werfen. Seine Frau Martina sitzt am Steuer. Das Ehepaar nimmt zum zweiten Mal an den Hamburg Klassiks teil. Für sie ist ihr Oldtimer genau das richtige Rallye-Auto. Fahrerin Korff sagt: „Das Auto kann sogar ich als Frau fahren.“ Es habe zwar nur einen Wert von 8000 Euro, für sie sei es aber unbezahlbar.
6. Weil Bowling zu langweilig ist. Als nächstes fährt ein Mercedes 190 auf den Hof. Vorn rechts unten, über der Stoßstange, prangt die Startnummer 26. Fahrer Uwe Huntemann steigt aus, tätschelt sein Automobil. „Gut gemacht“, flüstert er seinem 66 Jahre alten Benz leise zu. Zum Oldtimerfahren kam er, als er auf der Suche nach einem neuen Hobby war. „Zuerst habe ich Bowling gespielt, das war mir dann zu langweilig.“ Huntemann greift zur Wasserflasche und sagt: „Solch eine Fahrt ist anstrengend. Das Auto hat keine Servolenkung und keinen Bremskraftverstärker.“ Dass viele Oldtimerfahrer von der rund 300 Kilometer langen Fahrt müde sind und großen Hunger haben, zeigt sich vermehrt. Viele parken nur noch schnell und steuern direkt auf das Restaurant zu. Dort wartet ein großes Büfett.
7. Weil es zur Familienphilosophie passt. Viel Zeit lassen sich hingegen Oliver und Birka Marien. Sie lehnen lässig an ihrem auffällig weiß-mintgrünen VW T1, Baujahr 1967. Sie genießen den Blick auf die anderen wunderschönen, alten Autos und lächeln. Dann wird klar, warum Stress für sie nicht infrage kommt: „Wir sind immer sehr gelassen. Und unser VW Bus ist unser Gute-Laune-Mobil. Es entspricht unserer Familienphilosophie.“ Sie seien schon ein wenig verrückt, sagen die beiden von sich selbst. Sie haben fast nur Kleidung in Mintgrün. Auch heute: Sie trägt eine mintgrüne Strickjacke und passende Ballerinas dazu. Er ein mintgrünes T-Shirt, auf das ein VW Bus aufgedruckt ist.
8. Weil der Lack noch nicht ab ist. Zu den weniger hektischen Leuten gehören auch Carsten Reeps und Christian Malchee. Sie haben einen ganz besonderen Blick auf die Zieleinfahrt. Sie sitzen auf der Ladefläche ihrer VW-T2-Pritsche, Baujahr 1975. Die beiden Hamburger schwärmen von ihrem Auto, insbesondere von der Farbe. Fahrer Reeps sagt: „Die Originalfarbe macht diesen Oldtimer besonders schick. Er sieht aus wie damals. Eben ein echtes Original.“
9. Weil es ein Schnäppchen war. Zwar nicht ganz so bequem, aber immerhin auch hoch oben sitzen Ralf Bugenhagen und sein Beifahrer Christian Corleis. Sie haben es sich auf dem Dach ihres dunkelgrünen Audi 100 LS gemütlich gemacht. Dafür kassieren sie verständnislose Blicke. Bugenhagen sagt: „Der war ein richtiges Schnäppchen. Ich habe 3000 Euro bezahlt. Mir macht es nichts aus, wenn der Wagen ein wenig mehr aushalten muss.“
10. Weil es ein Stück Bella Italia ist. Viel behutsamer gehen Matthias und Marion Bublitz mit ihrem Alfa Romeo GT, Baujahr 1971, um.
Ein Fleck auf dem Lack wäre sofort sichtbar, denn das Fahrzeug ist weiß. Außerdem ist es so einiges mehr wert als der Audi nebenan: 22.000 Euro. Beide haben das Auto gekauft, weil sie Italien toll finden: „So haben wir immer ein Stückchen Italien bei uns.“ Auch gleich am Büfett? Sie werden es herausfinden, ohne Auto.