Witzhave. Innerhalb der Aktion „Offener Garten“ laden 19 Stormarner an diesem Wochenende in ihre kleinen Paradies ein – so viele wie noch nie.
Sabine Hecht ist hinter den Rosenbüschen verschwunden, Jörg Kurth kniet mitten im Staudenbeet. Das Paar aus Witzhave steckt in den letzten Vorbereitungen für das Wochenende, an dem es zum ersten Mal seine Gartenpforte für neugierige Gäste öffnet.
Wobei Gartenpforte hier nur im übertragenen Sinn gilt. „Bei unserem Einzug vor vier Jahren haben wir als erstes den Zaun, der das gesamte Grundstück umgeben hat, entfernt“, sagt Jörg Kurth. Stattdessen wird das Einfamilienhaus in der Feldstraße nun von blühenden Stauden, verschiedenen Weidenarten, Obstbäumen, Kletterrosen und rankendem Wein eingerahmt.
Margeriten in strahlendem Weiß, gelbe Lilien und Storchschnabel in Blau und Lila
„Irgendetwas blüht bei uns immer“, sagt Sabine Hecht, 50 Jahre alt und schon immer ein echter Naturfan. Im Moment sind es vor allem die Margeriten in strahlendem Weiß, gelbe Lilien, Rittersporn und Storchschnabel in Blau und Lila. Und überall leuchtet zwischendurch das Rot von wildem Mohn auf, der sich hier ungehindert verbreiten darf. „Ja, für uns ist das ein kleines Paradies“, sagen die beiden Gartenbesitzer wie aus einem Mund. „Klein“ entspricht in diesem Fall etwa 800 Quadratmetern. Aus einer öden Rasenfläche mit baufälligem Holzschuppen hat das Paar eigenhändig einen Garten geschaffen, in dem es nie langweilig wird und der auf Schritt und Tritt neue Entdeckungen verspricht. Er scheint wie in einzelne Räume aufgeteilt, kleine Rasenwege führen von einem „Zimmer“ in das nächste, Staketenzaun-Elemente aus Kastanienholz schaffen Ordnung fürs Auge und wirken trotzdem nicht abgrenzend.
„,Zeige mir deinen Garten und ich sage dir, wer du bist’ sagt meine Mutter immer“, so Jörg Kurth, der Gärtner gelernt hat und in Hamburg als Projektleiter im Aufzugsbau arbeitet. Der Garten als Spiegel der Seele? „Ja, ich glaube, da ist was dran.“ Vor allem sei für ihn ein eigenes Stückchen Erde auch der schönste Platz, der Natur ganz nahe zu sein und ihre Vielfalt und die Veränderungen in ihr zu bewundern.
Zwischen den Pflanzen ist der Berufsalltag schnell vergessen
Dass in den vergangenen Jahren immer mehr junge Leute die Lust am Grün für sich entdecken, Gartenmagazine wie Pilze aus dem Boden schießen und selbst Großstädter die Sommerabende und Wochenenden statt in Clubs lieber in ihren gepachteten Kleingärten verbringen, ist für Sabine Hecht eine Entwicklung, die sie gut nachvollziehen kann. Sie ist bei einem großen Pharmaunternehmen im Bereich Business Development angestellt, hat Verantwortung zu tragen und selten eine Arbeitswoche ohne Überstunden. „Wenn ich nach einem stressigen Arbeitstag durch den Garten gehe, fällt die Anspannung ganz schnell von mir ab. Ich merke deutlich, dass ich auf einmal wieder tief durchatmen kann.“ Sie erdet sich, kommt bei sich an, tankt neue Energie. Zwischen Lavendel und Co. spielen weder fordernde Chefs, volle Aktenordner, anstrengende Geschäftspartner oder dringende Abgabefristen eine Rolle. Solch einen Ruhepol wünsche sich wohl jeder, der beruflich stark eingebunden ist und am nächsten Tag wieder vollen Einsatz bringen muss, so Sabine Hecht.
Insgesamt 19 Gärten nehmen an der Aktion „Offener Garten“ teil
Im Jahr 2000 fand die Aktion „Offener Garten“ das erste Mal statt. Gerade einmal 17 Privatgärten nahmen in Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen daran teil, doch schon damals war die Resonanz überwältigend: 50 bis 500 Gartengäste besuchten die ausgewählten Adressen, staunten über den Einfallsreichtum der Besitzer, fachsimpelten bei einer Tasse Kaffee über die gemeinsame Leidenschaft oder wollten einfach nur einmal hinter fremde Hecken gucken. So ist das bis heute geblieben, allein die Zahl der Teilnehmer hat sich bis heute um das Fünfzehnfache auf 258 vergrößert. Auch in Stormarn kommen jedes Jahr neue Gärten hinzu: Mit 19 Gärten sind es vier mehr als im vergangenen Jahr.
„Natürlich möchte man von den Besuchern in erster Linie für seinen schönen Garten gelobt werden. Wir sind stolz auf unser gemeinsames Werk und geben gerne unsere Erfahrung weiter“, begründen Sabine Hecht und Jörg Kurth ihre Entscheidung, bei der diesjährigen Aktion erstmals als Gastgeber mit dabei zu sein.
Ihre Gestaltungstipps sollen auch anderen helfen
Sie möchten zeigen, wie selbst eine relativ kleine Fläche mit ein paar Gestaltungstricks optimal genutzt werden und zu einem spannenden Gartenerlebnis heranwachsen kann. „Wir möchten auch ganz speziell unsere Witzhavener Nachbarn einladen“, sagt Sabine Hecht. „Die meisten kennen Haus und Garten noch von früher. Wo heute unser Esszimmer ist, war früher der Friseursalon. Da gibt es bestimmt den ein oder anderen, der mal sehen möchte, wie das heute so aussieht.“
Am heutigen Sonnabend und am Sonntag ist der Garten in der Feldstraße 9 in Witzhave von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Wie viele der anderen Gartenbesitzer auch, bieten Sabine Hecht und Jörg Kurth nach Absprache gerne noch Zusatztermine an.