Großensee. Die Großenseer Anlage aus den 80er-Jahren ist nicht leistungsfähig genug. Der Brandschutz ist gefährdet. Hamburg Wasser übernimmt.

Wer in diesen Tagen am Pfefferberg in Großensee entlangfährt, sieht sie schon von Weitem am Straßenrand liegen: lange, brandneue und leuchtend blaue Kunststoffrohre von etwa 25 Zentimeter Durchmesser. In wenigen Monaten werden sie unter der Erde sein – und damit Teil des Leitungsnetzes in Großensee. Jeder Tropfen Wasser, der ab September aus Großensees Wasserhähnen kommt, wird vorher durch die neuen, 2140 Meter langen Rohre geflossen sein.

Denn ab 1. September wird die Gemeinde nicht mehr über den gemeindeeigenen Brunnen samt Wasserwerk an der Straße Brookwisch versorgt, sondern durch das Unternehmen Hamburg Wasser, eine hundertprozentige Tochter der Stadt Hamburg. Das Wasser kommt dabei aber nicht etwa aus der Hansestadt, sondern stammt aus dem von Hamburg Wasser betriebenen Wasserwerk am Pfefferberg, westlich des Großensees. Die neuen Rohre sind das Verbindungsglied zwischen Großensees Leitungsnetz und dem Wasserwerk am Pfefferberg.

Wasserwerk soll im Herbst stillgelegt werden

Die Änderung wurde nötig, weil das Wasserwerk der Gemeinde Großensee aus den 80er-Jahren im Herbst stillgelegt werden soll. „Der Grund ist, dass manche Haushalte in Spitzenzeiten mit hoher Wasserabnahme nicht mehr optimal versorgt werden konnten“, sagt Großensees Bürgermeister Karsten Lindemann-Eggers.

„Wenn beispielsweise im Sommer die Gärten gesprengt werden, ein Anwohner gerade seinen Swimmingpool volllaufen lässt und ein anderer unter der Dusche steht, dann kann es sein, dass bei ihm kein Wasser mehr aus dem Hahn kommt“, sagt der Bürgermeister. Es gebe einige Wohngebiete, die etwas höher lägen oder zu weit vom Wasserwerk entfernt seien. „Die haben dann ab und an im ersten Stock kein Wasser mehr“, sagt Lindemann-Eggers. Betroffen seien unter anderem Anwohner in den Straßen Hohen Eichen und Hinterm See.

Würde es brennen, dürfte niemand mehr auf die Toilette gehen

Dramatisch wird es allerdings, wenn in Großensee ein Feuer ausbricht: Laut Bürgermeister kann mit den Kapazitäten aus dem gemeindeeigenen Wasserwerk an einigen Stellen keine ausreichende Löschwasserversorgung gewährleistet werden. „Deshalb fordern wir bei größeren Bränden in Großensee immer auch Tanklöschfahrzeuge aus anderen Gemeinden an“, sagt Lindemann-Eggers. Das Problem liegt im System: Im Brunnen auf dem Gelände an der Brookwisch sammelt sich Grundwasser an, welches immer dann, wenn der Druck im Leitungsnetz abgefallen ist – also dann, wenn Großensees Bürger eine bestimmte Menge Wasser verbraucht haben – ins Wasserwerk gepumpt wird. Im Wasserwerk wird das Grundwasser chemisch und mechanisch gereinigt und umgehend ins Leitungsnetz eingebracht. Der Druck im Leitungsnetz steigt damit wieder an. Dieser Vorgang geschieht etwa alle zehn bis 15 Minuten.

Werk von Hamburg Wasser ist schon seit 1892 in Betrieb

Auf diese Art und Weise können 50 Kubikmeter Wasser pro Stunde gefördert werden. Für die Trinkwasserversorgung an normalen Tagen reicht das aus. Für die Bekämpfung eines Großbrandes nicht. „Wenn es brennt, dann dürfte quasi kein Großenseer mehr das WC benutzen oder duschen“, sagt Lindemann-Eggers. Das Wasserwerk am Pfefferberg hingegen funktioniert anders: Es ist wesentlich größer und besitzt zwei Wasserspeicher mit 6000 Kubikmeter Speichervermögen.

Seit 1892 ist das Werk am Pfefferberg schon in Betrieb. Ursprünglich wurde es gebaut, um die Versorgung der damaligen Stadt Wandsbek zu sichern. Damals wurde das Wasser noch aus dem See entnommen, später wurden zusätzlich Brunnen gegraben. 1988 wurde die Aufbereitung von Seewasser eingestellt. Mittlerweile betreibt Hamburg Wasser in Großensee zehn Brunnen, die bis zu 235 Meter tief sind. 5,2 Millionen Kubikmeter Wasser wurden im vergangenen Jahr an die Oberfläche gepumpt.

Hamburg Wasser versorgt mit Großenseer Wasser viele Orte in der Nachbarschaft der Gemeinde schon seit mehr als 80 Jahren mit Trinkwasser. Sie haben sich bereits 1934 zur Wassergemeinschaft Stormarn zusammengeschlossen. Viele weitere Orte in Stormarn werden aus anderen Brunnen von Hamburg Wasser beliefert, etwa Ahrensburg oder Reinbek.

Der alte Brunnen an der Brookwisch soll nun aufgefüllt, die technischen Anlagen verkauft werden. Die neue Leitung, die das Wasserwerk am Pfefferberg mit dem Großenseer Leitungsnetz verbindet, kostet etwa 300.000 Euro. Das Netz bleibt im Besitz der Gemeinde – die Kosten für den Bau sollen 50 Jahre lang auf den Wasserpreis umgelegt werden. „Die Alternative wäre der Bau eines zweiten Brunnens gewesen“, sagt Bürgermeister Lindemann-Eggers. Dafür wären allerdings Kosten von geschätzt 500.000 Euro fällig geworden. Noch vor den Sommerferien soll es in Großensee eine Einwohnerversammlung zu dem Thema geben. (Julia Sextl)