Trittau. Per Bürgerbefragung sollen sich die Trittauer bis 25. Mai für oder gegen eine Sanierung des Freibads aussprechen.

Gleichmäßig zieht Lydia Sommerfeld ihre Bahnen im Wasser. Ihr Sohn Fiete, sieben Monate alt, liegt satt und zufrieden in der Babyschale am Beckenrand. Die 30 Jahre alte Lehrerin ist Triathletin, sie nutzt das Trittauer Freibad für ihr Schwimmtraining. Wie lange das noch möglich ist, ist ungewiss: Das 40 Jahre alte Bad ist stark sanierungsbedürftig. In diesem Sommer ist es noch geöffnet, danach wird es entweder erneuert oder für immer geschlossen.

Die Entscheidung fällt in den kommenden Wochen – und dabei sind Trittaus Bürger gefragt. Erstmals in der Geschichte der Gemeinde gibt es eine Bürgerbefragung: Die Trittauer sollen sagen, ob sie eine kreditfinanzierte Sanierung des Freibads wollen – und im Gegenzug bereit wären, die Kosten durch beispielsweise höhere Steuern auszugleichen. Anschließend entscheidet die Gemeindevertretung für oder gegen eine Sanierung. Dabei will sich die Politik nach dem Ergebnis der Abstimmung richten.

Die Bürgerbefragung hat ihren guten Grund: „Das Schönaubad ist schon lange ein emotional sehr aufgeladenes Thema in Trittau“, sagt Bürgermeister Oliver Mesch. Es gebe viele Befürworter des Bades, aber auch einige Gegner – selbst innerhalb der Gemeindevertretung. Der Betrieb fährt Jahr für Jahr ein Defizit von rund 300.000 Euro ein, und der Verlust macht sich regelmäßig im Gemeindehaushalt bemerkbar. Würde das Freibad saniert werden, bedeutete das nach derzeitiger Schätzung der Gemeinde weitere Kosten von mehr als einer Million Euro.

Ob die Seen eine Alternative wären, ist unter Trittauern umstritten

70
70 © Julia Sextl

Eine lohnende Investition, meint der Trittauer Richard Freyer: „Die Kinder müssen doch die Möglichkeit haben, in geschützter Atmosphäre Schwimmen zu lernen“, sagt der 73-Jährige. Das sei im Schönaubad gut möglich. „Es wäre wirklich traurig, wenn die Sanierung an der Finanzierung scheitern sollte. Und das in einer Zeit, in der fast jeder Zwölfjährige ein teures Handy in der Tasche hat.“ Edmund Egge hingegen hat kein Verständnis dafür, so viel Geld für ein Freibad auszugeben. „Ich würde auf die Sanierung gern verzichten“, sagt der 65-Jährige. „Es gibt doch genügend schöne Seen in unmittelbarer Umgebung, da braucht man doch kein zusätzliches Freibad.“

Großensee, Lütjensee oder Mönch-teich – für Lydia Sommerfeld sind die nahe gelegenen Seen keine Alternative. „Zum einen sind sie momentan viel zu kalt zum Trainieren. Viel wichtiger ist aber der Sicherheitsaspekt: Längere Strecken allein zu schwimmen, das ist ziemlich gefährlich“, so die Triathletin. Dass das Trittauer Freibad außerdem saubere Umkleidekabinen und Toiletten biete, dass sie hier ihren Sohn vom Becken aus im Blick habe und dass sie hier die Bahnen zählen und die Zeit stoppen könne, seien zudem positive Nebeneffekte. „Das nächste Schwimmbad wäre erst wieder in Ahrensburg“, sagt die 30-Jährige.

Nicht nur private Besucher wie Lydia Sommerfeld nutzen das Freibad, auch Schulen und der örtliche Sportverein sind regelmäßig zu Gast. Viele Schwimmwettkämpfe wurden in dem großen Becken schon ausgetragen, und ungezählte Trittauer haben darin schwimmen gelernt. Heute bietet das Schönaubad mehrere Kurse an, von Aquafitness für Erwachsene bis zum Schwimmunterricht für Kinder, die dort auch ihre Schwimmabzeichen ablegen können.

Ernestine Wäßle, 86
Ernestine Wäßle, 86 © Julia Sextl

Grund genug für die Trittauerin Ernestine Wäßle, das Freibad zu erhalten – auch wenn sie selbst nichts mehr davon hat: „Ich bin schon 86, da gehe ich nicht mehr schwimmen. Aber früher war ich jeden Morgen dort, sicher 20 Jahre lang.“ Sie fände es „fürchterlich, wenn es in Trittau kein Bad mehr gäbe“. Auch Doris Kruse spricht von einem „großen Verlust“ im Falle einer Schließung. Die 73-Jährige nutzt das Freibad drei bis vier mal pro Woche.

Wie viele Trittauer tatsächlich für eine Sanierung des Freibads stimmen, wird sich Ende Mai bei der Auszählung zeigen. Derzeit erhalten alle Wahlberechtigten von der Gemeinde ein Informationsschreiben mit einem Fragebogen, auf dem sie Ja oder Nein ankreuzen können. Die Stimmzettel müssen bis spätestens 25. Mai zurückgeschickt werden. Damit sich die Gemeindevertretung nach den Wünschen der Bürger richtet, ist eine Mindestbeteiligung von 20 Prozent nötig. Von den 8390 Einwohnern Trittaus sind 7087 wahlberechtigt.

Gemeinde könnte Zuschuss aus einem Sonderprogramm beantragen

Die Sanierungspläne bedeuten einen hohen Verwaltungsaufwand für die Gemeinde. „Meine Bauabteilung ist momentan nur noch damit beschäftigt“, sagt Bürgermeister Mesch. Die Mitarbeiter mussten binnen kurzer Zeit Zahlen liefern, damit ein Gutachterbüro die Kosten für verschiedene Sanierungsvarianten abschätzen konnte. Welche der Varianten nun zur Debatte steht, wurde durch die Gemeindevertretung beschlossen. Jetzt werden noch mal genauere Kostenberechnungen erstellt.

Am Dienstag, 12. Mai, gibt es zudem eine Einwohnerversammlung, bei der Bürger noch offene Fragen klären können (19.30 Uhr, Forum des Gymnasiums Trittau, Heinrich-Hertz-Straße 7). Falls sich die Gemeinde für eine Sanierung entscheidet, soll diese gleich nach der Freibadsaison beginnen – und bis Ende des Jahres beendet sein. „Der Zeitplan ist recht ambitioniert“, sagt Bürgermeister Mesch. Der Grund: Nur in diesem Jahr stellt die Landesregierung in Schleswig-Holstein Sondermittel für die Sanierung von Schwimmbädern zur Verfügung. „Die Richtlinien dazu kamen erst im April“, sagt Mesch. Die Bedingung: Die Erneuerung darf noch nicht begonnen haben – muss aber trotzdem 2015 beendet sein. „Für den Fall, dass eine Sanierung beschlossen wird, möchten wir diese Förderung natürlich beantragen“, so Bürgermeister Mesch. Die maximale Fördersumme liegt bei 250.000 Euro.

Bürgermeister Oliver Mesch und Bürgervorsteherin Ulrike Lorenzen zeigen die Unterlagen für die Bürgerbefragung
Bürgermeister Oliver Mesch und Bürgervorsteherin Ulrike Lorenzen zeigen die Unterlagen für die Bürgerbefragung © Julia Sextl

Trotz des knappen Zeitplanes – es sei ein guter Weg, den die Politik mit der Bürgerbefragung gehe, meint Mesch. „Die Gemeindevertreter nehmen das Thema sehr ernst.“ Bürgervorsteherin Ulrike Lorenzen (CDU) betont: „Ich halte es für sehr wichtig, dass die Bürger einbezogen werden. Denn eine Sanierung bedeutet auch eine große Belastung für den Haushalt.“ Weil Trittau keine Rücklagen zur Verfügung hat, müsste die Kommune einen Kredit aufnehmen. Schon jetzt liegt die Schuldenbelastung bei rund 6,2 Millionen Euro – und damit bei durchschnittlich 740 Euro pro Einwohner.