Ahrensburg. Serie zum neuen Flächennutzungsplan (5): Leitbild Zentrum will den Einzelhandel in der City stärken und die Verkehrsprobleme lösen.

Wenn das Ahrensburger Zentrum so etwas wie das Schaufenster der Stadt ist, dann lässt sich über den ersten Eindruck zweierlei sagen: die Auslage ist gut bestückt, qualitativ und quantitativ, an der Präsentation des Ganzen sollte aber noch gearbeitet werden. Beides ist erkannt. Deshalb hat die Innenstadtentwicklung beziehungsweise das Leitbild Zentrum, wie es die Planer nennen, großen Stellenwert im Vorentwurf des neuen Flächennutzungsplan. Es ist das Thema, das am meisten das Image einer Stadt bestimmt und den wichtigen ersten Eindruck der Menschen prägt.

Auch wenn der Handlungsdruck an einigen Orten unübersehbar ist, liegt es eher an der Gunst der Stunde, dass zumindest beim Leitbild Zentrum die Planung von der Realisierung überholt wird. Ahrensburg kann dank der Aufnahme in das Programm der Städtebauförderung von Bund und Land und der damit verbundenen generellen Zustimmung zu Investitionen in Höhe von 21 Millionen Euro – von denen die Stadt selbst nur sieben Millionen tragen muss – schon in diesem Jahr mit der Sanierung des denkmalgeschützen Rathauses beginnen. Außerdem sind die Sanierung der Hamburger Straße und die Neugestaltung der nördlichen Großen Straße mit dem Alten Markt auf der historischen Achse zum Schloss hin geplant, und last not least eine Neukonzeption des Rathausmarktes.

Wichtige Investitionen in die Zukunft, die quasi eine moderne Übersetzung der wichtigen Verbindungslinien des barocken Stadtentwurfs ermöglichen und deutlich machen sollen, das das zergliedert wirkende Zentrum tatsächlich ein Innenstadtentwurf wie aus einem Guss ist.

Doch Innenstadtentwicklung ist mehr als eine schön anzusehende City, nämlich ein Zentrum, das auch lebt und dessen Angebote locken, das zudem gut erschlossen ist, ohne dass der Verkehr die Aufenthaltsqualität beeinträchtigt. Diese Aufzählung deutet es bereits an: Das Thema ist komplex. Denn es müssen viele Wünsche unterschiedlicher Gruppen in Einklang gebracht werden, die sich zum Teil gegenseitig ausschließen.

Einigkeit besteht bei allen in der Stadtverordnetenversammlung vertretenen Parteien darüber, dass die Vielfalt und Angebotsqualität der 232 Einzelhandelsgeschäfte im Zentrum eine Stärke Ahrensburgs ist, die noch weiter ausgebaut oder zumindest geschützt werden sollte. Laut Einzelhandelsgutachten von 2012 hatte die Branche in Ahrensburg einen Jahresbruttoumsatz von 214 Millionen Euro erwirtschaftet. Die Gesamtfläche des städtischen Einzelhandels wuchs von 2008 bis 2012 um 20 Prozent.

Die Pflege des Ahrensburger Einzelhandelsbiotops mit seinen ungewöhnlich vielen inhabergeführten Geschäften steht im engen Verhältnis zur Verkehrsentwicklung in der Stadt. Besteht über die Entwicklung der City weitestgehend Übereinstimmung zwischen allen Fraktionen, gehen die Vorstellungen darüber, was verkehrspolitisch die besten Lösungen für die City sein sollen, deutlich auseinander.

CDU

Carola Behr, Stastverordnete und Stellvertretende Bürgermeisterin:

„Wir haben über die Erhaltungs- und Gestaltungssatzung festgelegt, dass bestimmte städtische Strukturen beibehalten und weiterentwickelt werden. Modernisieren ja, aber der Charakter der Stadt muss erkennbar bleiben. Im historischen Kern sollten die Sichtachsen deutlich sein. Ein gelungenes Beispiel dafür ist die Große Straße mit ihrem Grünbereich.

Eine autofreie Innenstadt kann ich mir zurzeit nicht vorstellen. Wir haben in unserem Einzelhandelskonzept festgelegt, dass wir das Angebot im Zentrum stärken. Deshalb sind weitere Fußgängerzonen in der Innenstadt nicht sinnvoll.

Zur Entlastung der innerstädtischen Straßen haben wir den öffentlichen Personennahverkehr weiterentwickelt und zusätzliche Buslinien eingekauft. Und wir haben Velorouten beschlossen, die wir nach und nach budgetieren und umsetzen.

Wir brauchen mit Sicherheit zusätzliche Parkplätze und Fahrradstellplätze, unter anderem am Bahnhof. Bei Neubauten wie zum Beispiel am Lindenhof sollte bei den Eigentümern benachbarter Grundstücke darüber verhandelt werden, ob deren Parkplätze zum Teil auch öffentlich genutzt werden könnten.

Die Attraktivität einer Stadt hängt stark von ihrem Angebot an Dienstleistungen und der Vielfalt an Waren ab. Dafür ist Ahrensburg schon ganz gut aufgestellt. Nicht sehr einladend sind dagegen Leerstände wie im CCA.

Wie einfallsreiches Stadtmarketing funktionieren kann, hat unsere Partnergemeinde Feldkirchen bei ihrem letzten Besuch vorgestellt. Dort gibt es unter anderem Shopping Nights. Diese könnten in Ahrensburg neben den verkaufsoffenen Sonntagen auch zur Belebung der Innenstadt beitragen.“

SPD

Hartmut Möller, Stadtverordneter:

„Der verbreitete Eindruck, dass Ahrensburg über zu wenig Parkplätze verfüge, ist eine subjektive Wahrnehmung. Die Gutachter haben nämlich im Masterplan Verkehr festgestellt, dass die Kapazitäten mit Parkhäusern und Tiefgaragen nicht nur ausreichen, sondern sogar ziemlich gut sind. Ich wünsche mir, dass die Innenstadt 2025 wesentlich autofrei ist.

Wichtig ist, dass unser Radwegekonzept konsequent und – wegen der Kosten – schrittweise umgesetzt wird, bis die Stadt auf acht Routen auch auf diese Weise vollständig erschlossen ist.

Die Stadt wandelt sich. Sie hat ihren dörflichen Charakter verloren und entwickelt sich rasant zur modernen Mittelstadt. Dazu gehört auch eine gute Versorgungsqualität, wie sie Ahrensburg mit seiner Vielfalt von Geschäften hat. Diese Qualität gilt es zu stärken. Deshalb ist sich die Politik auch darin einig, dass nicht Einkaufszentren am Stadtrand entstehen, die Kaufkraft aus dem Zentrum abziehen.

Als ich vor etwa 30 Jahren mit meiner Familie nach Ahrensburg gezogen bin, hatte die Stadt noch keine 25.000 Einwohner, heute sind es 32.000. Wir müssen selbst entscheiden, wie wir weiter wachsen. Weitere 3000 Einwohner wären kein Problem. Auf keinen Fall sollten es jedoch mehr als 40.000 werden.“

Grüne

Jörg Hansen, Stadtverordneter und Bürgermeisterkandidat:

„Wir unterstützen das beantragte Städebauförderungsprogramm. Vorrangig erscheint uns der Umbau der Hamburger Straße zwischen AOK-Knoten und Rondeel. Hier können wir uns eine autofreie Innenstadt oder zumindest ein Shared-Space-Konzept vorstellen. Die Alte Reitbahn erscheint uns derzeit für eine reine Wohnbebauung zu wertvoll. Hier sind intelligente Konzepte gefragt, Wir können uns hier eine Mischbebauung, auch ein Kino mit hochwertiger Gastronomie und Ladenangeboten vorstellen, ohne Verlust an öffentlichen Stellplätzen. Dies sollte unserer Meinung nach aber erst nach Fertigstellung des Lindenhofs passieren. Den Stormarnplatz wollen wir als Sportstätte erhalten.

Wir meinen, dass wir die Verkehrsprobleme nur durch Rücknahme des motorisierten Individualverkehrs lösen können. Das bedeutet den weiteren Ausbau des ÖPNV, aber auch des Radverkehrs.“

WAB

Gabriela Schwintzer:

„Es gibt ein breites Angebot an Geschäften. Schön wäre es, wenn Leerstände schneller wieder belegt würden. Es fehlt ein Kino zur Abrundung des Angebotes. Große Einzelhandelsunternehmen, wie sie die Planungen für Lindenhof und Alte Reitbahn vorsehen, halten wir nicht für erforderlich. Dafür gibt es das Gewerbegebiet.

Wir freuen uns auf die städtebauliche Sanierung der Großen Straße und des Denkmals Rathaus. Eine Bebauung der Grünanlage hinter dem Rathaus lehnen wir ab.

Parkplätze fehlen zum Beispiel für das Ärztehaus. Den Rathausplatz mit Schranken und Zahlautomaten auszustatten ist eine gute Idee. Überall in der Innenstadt fehlen Fahrradbügel.

Die WAB ist prinzipiell für eine weitere Verkehrsberuhigung der Innenstadt, wenn im Gegenzug genügend Parkplätze an den ‘Eingängen’ zur Innenstadt geschaffen werden können. Durch das Ärztehaus an der Hamburger Straße und die Entscheidung von CDU/Grüne/FDP, den Lindenhof zu bebauen, ohne die wegfallenden Parkplätze zu ersetzen, wird die Umsetzung allerdings immer schwieriger.“

Olaf Falke, FDP:

„Wir haben hier ein großes und gutes Waren- und Dienstleistungsangebot. Die Einzelhändler und Dienstleister beleben die Innenstadt und sie sind ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, weil sie für viele Arbeitsplätze und Steuereinnahmen sorgen und gleichzeitig die Innenstadt beleben. Die Infrastruktur stimmt noch. Wir müssen jedoch im Blick haben, dass Ahrensburg in Konkurrenz mit dem AEZ, Bargteheide oder dem Volksdorfer Zentrum steht, also aufpassen, dass keine Wettbewerbsnachteile entstehen. Deshalb wäre es auch verkehrt den Auto-Verkehr aus der Innenstadt vollständig herauszudrängen.

Verbannt man den Autoverkehr aus der Innenstadt, wird das dem Einzelhandel schaden. Dass die Menschen hier mit dem Auto vorfahren dürfen, ist gut für die Geschäfte und ihre Kunden. Ein Standortvorteil, den man nicht ohne Not aufs Spiel setzen sollte. Es muss uns daher vielmehr darum gehen, ein vernünftiges Nebeneinander der unterschiedlichen Verkehrsteilnehmer zu ermöglichen.

Die Parkplatzsituation im Zentrum ist zwar manchmal schwierig, aber darauf könnte man mit innovativen Ideen wie zum Beispiel der ‘Brötchentaste’ reagieren, die kostenloses Parken für kurze Besorgungen bietet.“