Volker und Jochen Kasch waren 2001 das erste gleichgeschlechtliche Ehepaar im Kreis. Im August feiern sie ihren 14. Hochzeitstag.
Die Fotos vom schönsten Tag ihres Lebens bewahren Volker und Jochen Kasch in ihrer „Hochzeitskiste“ auf. Mit dabei sind auch die Menü-Karte des Hochzeitsessens und einige Zeitungsartikel. Ihre Eheschließung am 30. August 2001 im Standesamt des Oststeinbeker Rathauses war nämlich nicht nur für die beiden und ihre Angehörigen ein ganz besonderes Ereignis. Es war auch die erste Hochzeit eines homosexuellen Paares im Kreis Stormarn überhaupt, weshalb viele lokale Medien darüber berichteten.
Im Sommer 2001 trat in Deutschland das Lebenspartnerschaftsgesetz in Kraft, womit gleichgeschlechtliche Ehen erlaubt wurden. „Wir wollten unbedingt so bald wie möglich heiraten, weil wir wussten, dass wir zusammen gehören“, sagt Volker Kasch. Ein bisschen sei es auch eine politische Entscheidung gewesen: „Wir wollten das neue Gesetz in der Öffentlichkeit bekannt machen, auch um die rechtliche Gleichstellung mit heterosexuellen Ehepaaren voranzubringen“, so der 52-Jährige. Beide entschieden sich auch bewusst für einen Nachnamen. „Ich habe nach der Hochzeit Volkers Namen angenommen, weil wir zeigen wollten, dass wir eine Familie sind“, sagt Jochen Kasch, 46.
Die Mitarbeiter im Standesamt waren zunächst überfordert
Seit 1995 sind die beiden ein Paar. Die Ehe war für sie ein weiterer Schritt, um sich noch enger aneinander zu binden. „Manche sagen, dass eine Hochzeit die Beziehung nicht verändert, aber das stimmt nicht“, sagt Volker Kasch. „Wir führen seitdem eine noch intensivere Partnerschaft, betrachten uns als Einheit. Dieses Gefühl hat sich durch die Heirat noch verstärkt.“ Jochen Kasch ergänzt: „Es gibt dem Ganzen, was schon besteht, noch mehr Festigkeit und Intensität.“
1481 Ehepaare ließen sich scheiden
Als die beiden sich direkt nach Inkrafttreten des Lebenspartnerschaftsgesetzes beim Standesamt in Oststeinbek meldeten, waren die Mitarbeiter zunächst etwas überfordert: „Die wussten zu dem Zeitpunkt noch nicht genau, wie das gehen soll“, erinnert sich Jochen Kasch. In manchen Städten und Gemeinden seien die Trauungen homosexueller Paare anfangs „ausgelagert“ worden, weil die Standesämter nicht wussten, ob sie dafür die offiziellen Trauzimmer nutzen durften. „Wir konnten aber glücklicherweise ganz normal im Trauzimmer des Standesamtes heiraten“, sagt Jochen Kasch. Anschließend wurde mit Familie und Freunden gefeiert.
Seitdem tragen beide ihre Eheringe aus Edelstahl an der rechten Hand. Verlobungsringe hatten die beiden schon seit 1996. Bis sie tatsächlich heiraten konnten, mussten sie aber bis 2001 warten.
Die Anzahl der Homo-Ehen wird in Stormarn erst seit Anfang 2015 erfasst.
Im selben Jahr wie Volker und Jochen Kasch heirateten in Schleswig-Holstein 56 weibliche und 107 männliche Paare. 2010 wurden mit 264 landesweit die meisten sogenannten Homo-Ehen geschlossen. Für den Kreis Stormarn wurde diese Zahl bisher noch nicht erhoben. Ab 2015 soll dies jedoch geschehen.
Volker und Jochen Kasch würden beide immer wieder Ja sagen. „Wir sind nach wie vor glücklich und untrennbar“, sagt Jochen Kasch. Das Geheimnis ihrer glücklichen Ehe könnte man als Gemeinsamkeit und Toleranz zusammenfassen: „Wir haben von Anfang an fast alles zusammen gemacht“, sagt Volker Kasch. „Wir haben gleiche Interessen und denken gleich“, sagt sein Mann Jochen. Wichtig sei es auch, die Macken des anderen zu akzeptieren. „Viele Menschen versuchen, ihren Partner umzuerziehen, aber das ist nicht der richtige Weg“, sagt Jochen Kasch. „Man muss auch nicht auf jeder Kleinigkeit herumreiten und alles ausdiskutieren. Dann ist die Zahnpastatube halt mal auf, na und?“ Auch Volker Kasch findet Kompromissbereitschaft wichtig: „Man muss dem Partner Freiheiten lassen und ihn akzeptieren wie er ist. Trotzdem sollte man sich auch nicht unterbuttern lassen.“ Auch wenn sie einander natürlich ab und zu auf die Nerven gingen, könnten sie nicht ernsthaft miteinander streiten, wie Jochen Kasch sagt. „Wir haben es mal versucht, das Ganze ist dann in einem Lachkrampf geendet.“
Die beiden geben Deutschunterricht und leiten einen Männertreff für Flüchtlinge
Seit 1997 lebt das Paar in Oststeinbek. In der Nähe der Großstadt und gleichzeitig im Grünen fühlen sie sich wohl. Volker Kasch ist kaufmännischer Angestellter, Jochen Kasch arbeitet im Vertriebs-Außendienst. Beide sind ehrenamtlich in der Evangelisch-Lutherischen Auferstehungskirche in Oststeinbek aktiv und engagieren sich in der Flüchtlingshilfe. Sie geben Deutsch-Unterricht und arbeiten als Lesepaten in „Deutsch als Zweitsprache“-Zentren (DAZ). Außerdem haben sie eine Männergruppe für Flüchtlinge ins Leben gerufen.
„Eine Oststeinbekerin hatte bereits eine solche Gruppe für Frauen organisiert“, sagt Volker Kasch. „Wir fanden, dass es so etwas auch für Männer geben sollte.“ Einmal die Woche treffen sie sich nun mit etwa zehn Migranten und Deutschen, spielen zum Beispiel Billard und tauschen sich aus. „Das klappt super mit den unterschiedlichen Kulturen “, sagt Jochen Kasch.
Als gemeinsames Hobby machen die beiden derzeit einen Standard- und Lateintanzkursus, früher spielten sie zusammen Theater. Engagieren tun sich Volker und Jochen Kasch nach wie vor auch für die rechtliche Gleichstellung von Homosexuellen. Dass diese in Deutschland im Gegensatz zu manchen anderen Ländern noch nicht in allen Bereichen durchgesetzt ist, finden sie „peinlich“. „Deshalb nehmen wir auch jedes Jahr an der Parade zum Christopher Street Day teil“, sagt Volker Kasch. „Das ist nicht nur eine Party, sondern auch ein politisches Statement, um zu zeigen: wir sind da.“ Persönlich hatten die beiden weder bei der Arbeit noch in ihrem Oststeinbeker Umfeld je ein Problem, zu ihrer Liebe zu stehen. „Generell sollte die sexuelle Ausrichtung eigentlich kein Thema sein“, sagt Volker Kasch.
Im August feiern er und sein Mann Jochen ihren 14. Hochzeitstag. Ein großes Fest ist allerdings nicht geplant. „Unsere Angehörigen haben zu unserer Petersilienhochzeit nach 12,5 Ehejahren eine Überraschungsparty organisiert“, sagt Jochen Kasch. „Deshalb werden wir dieses Mal nur ganz klein feiern. Zu unserer Silberhochzeit gibt es dann aber wieder eine große Party.“