Ahrensburg. Die Stadt Ahrensburg will eine Unterkunft am Ahrensburger Kamp bauen. Die Anwohner fühlen sich bei den Planungen übergangen.

Sie fühlen sich durch eine „Nacht- und Nebelaktion“ vor vollendete Tatsachen gestellt. Und zwar wegen des geplanten Baus einer Flüchtlingsunterkunft in ihrer Nachbarschaft. Sie, das sind Anwohner des Ahrensburger Kamp und der umliegenden Straßen. Die Ahrensburger Verwaltung hat wegen des unvermindert hohen Flüchtlingszustroms vor drei Wochen empfohlen, ein Mehrfamilienhaus an der Straße Ahrensburger Kamp/ Ecke Ludwigslustring zu bauen. Am Dienstag, 14. April, wollen die Politiker des Sozialausschusses über den Neubau abstimmen.

„Wir gehen davon aus, dass dieses Bauvorhaben für unser Viertel eine maßgebliche Veränderung mit sich bringt“, schreibt Andreas Hausmann, Vorsitzender der Interessengemeinschaft Ahrensburger Kamp, auf der Internetseite des Vereins. Er kritisiert, dass die Verwaltung ausgerechnet jetzt das Projekt voranbringen will – „wohlwissend, dass Frühjahrsferien sind“ und viele Anwohner verreist seien.

In das Haus sollen im September maximal 25 Flüchtlinge einziehen

Isolde Klier, ebenfalls Vorstandsmitglied der Interessengemeinschaft, ergänzt: „Wir wünschen uns, dass die Entscheidung vertagt wird. Wir würden gern in den Prozess eingebunden werden oder zumindest Gelegenheit bekommen, mit Verwaltung und Politik zu sprechen.“ Denn, so sagt Klier, die für die Interessenvertretung sich die Meinungen der Anwohner anhört, gebe es bei einigen offene Fragen, auch Ängste. Etwa die, dass es Konflikte in der Unterkunft geben könnte. Andere Anwohner würden den Bau allerdings begrüßen, ganz ohne Bedenken, sagt Klier: „Grundsätzlich ist die Meinung die, dass Menschen in so einer schwierigen Situation geholfen werden muss.“ Es gebe keine Ablehnung gegen die Unterkunft, es sei vielmehr die kurzfristige Bekanntgabe, die die Interessenvertretung kritisiert.

Im September hatten die Stadtverordneten den Bau von vorerst drei Flüchtlingsunterkünften beschlossen. Sie sollen an den Straßen Reeshoop und Lange Koppel gebaut werden. Dort leben bereits Flüchtlinge in städtischen Wohnungen. 1,5 Millionen Euro sind für den Bau eingeplant. Kommt das vierte Haus am Ahrensburger Kamp, erhöhen sich die Kosten um 200.000 Euro.

„Aufgrund der steigenden Zuweisungszahlen haben wir entschieden, dass der Bau eines weiteren Gebäudes notwendig ist“, sagt Michael Cyrkel, zuständiger Fachdienstleiter im Rathaus. Cyrkel: „Stand März wohnen 175 Personen in städtischen Unterkünften sowie angemieteten Wohnungen. In diesem Jahr müssen voraussichtlich 209 weitere Asylbewerber untergebracht werden.“ Und: Es sei auch 2016 mit ähnlich hohen Zuweisungszahlen zu rechnen. „Ahrensburg ist mit den vorhandenen Unterbringungsmöglichkeiten nicht in der Lage, seiner Verpflichtung nachzukommen.“ Perspektivisch müsse die Stadt, so Cyrkel, wohl noch weitere Flächen wie etwa am Helgolandring mit Notunterkünften bebauen.

Auch trotz der Prognosen über Aufnahmezahlen, die der Kreis an die Kommunen übermittelt: Die Zeitfenster sind meist für die Städte und Gemeinden deutlich kleiner. Cyrkel: „Wie viele Flüchtlinge wir aufnehmen, erfahren wir eine Woche, bevor die Menschen tatsächlich in Ahrensburg ankommen.“ Tim Woidtke, Fachdienstleiter für Grundsatzangelegenheiten beim Kreis Stormarn, arbeitet mit ähnlichen Fristen: „Wir bekommen zehn Tage vor der Ankunft der Flüchtlinge die Zahlen übermittelt. Diese können sich dann kurzfristig noch marginal verändern.“ In der Zwischenzeit sprechen Woidtke und seine Mitarbeiter mit den Kommunen, fragen Kapazitäten ab. Woidtke: „Aber im Grunde läuft die Verteilung nach einem Schlüssel.“ Einwohnerstarke Städte nehmen mehr Flüchtlinge auf als dünner besiedelte Gemeinden. Die Flüchtlinge, die auf die Stormarner Kommunen verteilt werden, werden vom Landesamt für Ausländerangelegenheiten zugeteilt. 7,7 Prozent aller Flüchtlinge, die in Schleswig-Holstein ankommen, sind es. Woidtke: „Das waren in diesem Jahr bereits 273 Frauen, Männer und Kinder.“

Bisher habe es noch keine Spannungen an den Unterkünften gegeben

In dem Wohnhaus, das am Ahrensburger Kamp gebaut werden soll, werden maximal sechs Wohnungen entstehen. In den etwa 50 Quadratmeter großen Wohnungen sollen vornehmlich Familien untergebracht werden. Zwischen 22 bis 25 Personen, so schätzt Cyrkel, können dort insgesamt einziehen. Den Standort habe die Verwaltung gewählt, weil „es eine gute ÖPNV-Anbindung und gute Versorgungsmöglichkeiten gibt“. Zudem gebe es in dem Stadtteil noch keine Häuser und Wohnungen, in denen Flüchtlinge untergebracht seien, so Cyrkel.

Bisher leben in Ahrensburg in 26 angemieteten Wohnungen über das ganze Stadtgebiet verteilt sowie in den städtischen Unterkünften am Reeshoop und an der Langen Koppel Flüchtlinge, teilweise gemeinsam mit Obdachlosen und Aussiedlern. Michael Cyrkel: „An keinem der Standorte sind gravierende Nachbarschaftsprobleme oder sonstige Spanunngen aufgetreten.“

Der Sozialausschuss trifft am Dienstag, 14. April, um 19.30 Uhr im Peter-Rantzau-Haus (Manfred-Samusch-Straße 9) zusammen.