Hammoor. Nach dem Aus für die Ortsumgehungs-Planung lassen Vertreter des Landes bei der Einwohnerversammlung konkrete Ideen vermissen.

Nach dem Aus für die bisherigen Planungen zur Ortsumgehung in Hammoor (wir berichteten) sind mehr als 250 Menschen zu einer Einwohnerversammlung zusammengekommen. Bürgermeister Helmut Drenkhahn (Allgemeine Wählergemeinschaft Hammoor) hatte am Donnerstagabend auch Vertreter des Wirtschaftsministeriums und des Landesbetriebs Verkehr (LBV) eingeladen. Sie versuchten zu erklären, warum die bisherigen Planungen gescheitert sind und erläuterten das weitere Vorgehen. Auch die Bürger konnten ihre Bedenken äußern und Fragen stellen.

Einer von ihnen ist der Landwirt Bernd Ruthke, dessen Hof von der nördlichen Trassenvariante – nunmehr wieder eine mögliche Alternative – betroffen wäre. „80 Prozent der für die nördliche Trasse benötigten Flächen gehören Karl Heinz, Thomas und mir“, stellt Ruthke im Lauf des Abends klar. „Und wenn wir Nein sagen, dann weiß ich nicht, wie Sie so ein Vorhaben umsetzen wollen!“

Ursprünglich hatte es konkrete Planungen für eine Trassenvariante südwestlich von Hammoor gegeben. Dann, Mitte Februar, verkündete Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Reinhard Meyer (SPD) das Aus für diese Trasse. Sie wäre im Falle einer Klage nicht gerichtsfest, so die Begründung.

„Wir mussten dieses Verfahren stoppen“, bekräftigt auf der Einwohnerversammlung in Hammoor nun auch Karin Druba, Referatsleiterin Straßenbau im schleswig-holsteinischen Wirtschaftsministerium. Sie verweist auf ihre Kollegin Britta Lüth vom Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr (LBV), die das Projekt betreut. „Ich weiß, dass Sie sich 2007 für die südwestliche Variante entschieden haben und 2012 die Planungen begonnen haben“, sagte Lüth.

Behörde möchte Fehler bei der Abwägung vermeiden

In der Zwischenzeit hätten sich jedoch die zu beachtenden Kriterien verändert. So habe es Erweiterungen der Siedlungsgebiete gegeben. „Das Entscheidende aber ist die Veränderung des Schutzgutes Tier“, so Lüth. „Das war damals bei der Nord-Variante ausschlaggebend für die schlechte Bewertung. Das hat sich jetzt geändert. Die Varianten im Südwesten und im Norden sind im Bereich Umwelt jetzt gleichrangig.“ In den Kriterien Wirtschaftlichkeit und Verkehr sei die Nordvariante von vornherein besser beurteilt worden.

Damit Straßenplanungen im Falle einer Klage vor Gericht standhalten können, müssen alle denkbaren Trassenvarianten auf einen Stand gebracht werden. Im Klartext heißt das: „Wir fangen noch mal ganz neu an zu planen“, so Lüth. „Denn was Gerichte uns vorwerfen könnten, ist, dass wir irgendwo einen Abwägungsfehler begangen haben oder irgendwo ein Abwägungsdefizit haben.“

„Das ist doch eine rein subjektive Betrachtungsweise aus Ihrem Hause“, wirft der Hammoorer Bürger Ralf Bargmann ein. „Wir sind an bestimmte Verfahren gebunden, bevor mit dem Bau begonnen werden kann. Zunächst wird die sogenannte Vorzugsvariante ermittelt“, erklärt Druba vom Wirtschaftsministerium. Dass es bei der Vorzugsvariante nicht darum geht, welche Variante die Bürger Hammoors bevorzugen, erklärt sie nicht. Ausschlaggebend für die Bewertung seien vier gleichberechtigte Kriterien: Verkehr, Wirtschaftlichkeit, Umwelt und sonstige Kriterien.

Die Bürger, so Drube, sollten sich nun für eine Umgehungsstraße im Allgemeinen entscheiden, nicht für eine bestimmte. Denn welche Trasse sich dafür unter dem Gesichtspunkt der oben genannten Kriterien am besten eigne, könne nur der Landesbetrieb Verkehr ermitteln. Nur, wenn alle Optionen geprüft wurden, wäre die Vorzugsvariante auch gerichtsfest.

Ein Geraune geht durch den Raum. Sätze wie „Das ist doch Diktatur“ und „Ich hab’s immer noch nicht verstanden, warum das nicht gehen soll“, sind zu hören. Auch die Hammoorerin Rosemarie K. meldet sich zu Wort: „Mensch, Wohnen, Tiere – ich höre immer nur, dass Tiere an erster Stelle stehen. Das kann doch nicht sein!“ K. ist eine der Betroffenen, die an der vielbefahrenen Hauptstraße leben.

Nach drei Stunden machen die Bürger lange Gesichter

„Ich wohne im Neubaugebiet“, sagt Torben Badke. „Wie soll ich denn einer Trasse zustimmen, wenn ich nicht weiß, worauf ich mich einlasse?“ Eine der Varianten führe nicht einmal 100 Meter an seinem Haus vorbei. Hinnerk Winterberg, dessen Familie einen der landwirtschaftlichen Betriebe im Norden besitzt, sagt: „Es heißt, die südliche Variante sei gestorben, aber die Gründe dafür werden nicht genannt. Uns jetzt so die Pistole auf die Brust zu setzen und zu fragen: Wollt ihr eine Umgehung oder nicht?, das geht doch nicht!“

Am Ende der dreistündigen Einwohnerversammlung gibt es viele frustrierte Gesichter. Karin Druba sagt: „Einige hatten wohl die Erwartung, dass über eine Trasse entschieden wird. Aber wir waren hier, um zu informieren und Fragen zu beantworten.“