Seit 30 Jahren warten die Bürger von Hammoor auf die neue Straße. Jetzt sind neue „ökologische Aspekte“ aufgetaucht, die in die Planung einfließen müssen. Bürgerinitiativen sind enttäuscht.
Hammoor. Der seit Jahren geplante Bau einer Ortsumgehung für Hammoor verzögert sich weiter. Grund sind ökologische Aspekte, die neu in die Planung einfließen müssen. Möglicherweise muss die Trasse, die südlich um den Ort herumführen soll, sogar neu geplant werden. In jedem Fall wird das Verfahren zusätzliche Monate in Anspruch nehmen. Für Bürger und Gemeindevertreter, die sich seit langer Zeit vehement für eine Entlastung des verkehrsgeplagten Ortes einsetzen, ist das eine große Enttäuschung. Eigentlich hatten sie 2014 mit einem Planfeststellungsbeschluss gerechnet. Der zuständige Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr (LBV) hatte Ende 2013 das Verfahren eingeleitet – 30 Jahre nach dem ersten Antrag.
Dass es neue Fakten gibt, haben Gemeindevertreter kürzlich bei einem inoffiziellen Treffen mit Mitarbeitern der Landesregierung und des LBV erfahren. Zu den Details sagt der stellvertretende Bürgermeister Horst Lassen (CDU), der bei diesem Treffen dabei war: „Es haben sich neue ökologische Aspekte ergeben. Und es ist gesagt worden, dass das Land vor Gericht Klagen verlieren könnte, wenn welche kommen.“ Diese neuen Aspekte, so Lassen, müssten jetzt in die Planung einfließen. Details seien nicht genannt worden.
Torsten Conradt, Direktor des LBV, sagt: „Wir haben eine Nacherhebung der naturräumlichen Gegebenheiten durchgeführt.“ Der Grund sei, dass die mit den Planunterlagen eingereichten Daten, sie waren aus den Jahren 2009 und 2010, zu alt gewesen seien. Einzelheiten nennt auch Conradt nicht. Nun werde beim LBV geprüft, welche Auswirkungen die neuen Daten auf die Planungen haben. Sicher sei: „Der Plan wird noch einmal ausgelegt.“ Das bedeutet auch, dass Anwohner und Umweltverbände noch einmal Einwendungen vorbringen können. Hammoors Bürgermeister Helmut Drenkhahn sagt: „Das Verfahren wird sich weiter verzögern, das ist völlig klar. Darüber bin ich enttäuscht.“ Weiter will er sich nicht äußern.
Im Minutentakt fahren die Lastwagen durch das Dorf
Enttäuscht – das sind auch Vertreter der Bürgerinitiativen, die sich seit Jahren für den Bau einsetzen. So sagt Denise Thiel von der Initiative „Ortsumgehung jetzt“: „Wenn man zu Fuß über die Hauptstraße gehen will, ist das lebensgefährlich. Ich hätte niemals für möglich gehalten, dass die Planung der Umgehungsstraße so lange dauern würde.“ Tatsächlich fahren an ihrem an der Hauptstraße gelegenen Haus nahezu im Minutentakt Lastwagen vorbei – besonders morgens und nachmittags sei es schlimm, wie sie sagt.
Hammoor liegt zwischen Ahrensburg und Bargteheide auf der einen sowie den Autobahnen 1 und 21 auf der anderen Seite, das sorgt seit Jahrzehnten für viel Durchgangsverkehr. Der Ausbau des Aldi-Zentrallagers im Bargteheider Gewerbegebiet im Jahr 2012 hat die Lage noch einmal „massiv verschlimmert“, sagt Denise Thiel.
Gemeinsam mit ihrem Ehemann Björn zog Denise Thiel im Jahr 2005 nach Hammoor, um „auf dem Dorf zu leben“, wie sie sagt. Das Paar rechnete damit, dass bald eine Umgehungsstraße gebaut werde, damals war sie schon in der Planung. Nun hat das Paar eine dreieinhalb Jahre alte Tochter, doch die Lastwagen im Ortskern sind nur noch mehr geworden. Das hat konkrete Auswirkungen auf das tägliche Leben: „Unsere Tochter darf nur im Hintergarten allein spielen, den haben wir eingezäunt.“
Wolfgang Krecker, er ist Mitglied der Bürgerinitiative „Sichere Straßen Hammoor“, ergänzt: „Viele der Lastwagen, die in das Gewerbegebiet fahren, sind zu schnell unterwegs, manche mit mehr als 100 km/h.“ Eltern wie Denise und Björn Thiel macht das Angst – in wenigen Jahren kommt ihre Tochter in die Schule und muss dann zu Fuß zu der Bushaltestelle gehen, die an der Hauptstraße liegt.
Die Landesregierung will das Projekt durchziehen – aber wann?
Warum dauert die Planung der Straße nun schon mehr als 30 Jahre? Wolfgang Krecker sieht Versäumnisse aufseiten der Gemeinde: „Man hätte schon vor Jahren, vor Beginn des Planfeststellungsverfahrens, mit Umweltverbänden und Anwohnern sprechen müssen, die klagen könnten. Dann wäre das nicht passiert.“ Horst Lassen sieht die Probleme hingegen aufseiten des Landes, das die Planungshoheit hat: „Ich vermute, dass die Landesplanung überlastet ist. Vielleicht soll auch kein Geld ausgegeben werden.“
Die Landesregierung aus SPD, Grünen und SSW hatte bei ihrem Antritt 2012 die Losung ausgegeben, dass künftig Straßensanierungen vor Neubauten gehen sollen. Dazu Harald Haase, Sprecher des Kieler Verkehrsministeriums: „Die Losung gilt. Aber die Ortsumgehung für Hammoor ist ein laufendes Projekt, das wird durchgezogen.“ Bevor das Geld in den Haushalt eingestellt werde, müsse allerdings ein Planfeststellungsbeschluss vorliegen.
Damit dieser endlich kommt, muss die Gemeinde Hammoor an der bestehenden Trassenplanung festhalten – so sieht es Horst Lassen. Er ergänzt: „Wir sollten dabei helfen, dass die jetzt aufgetauchten Probleme gelöst werden.“ Auch Wolfgang Krecker sagt: „Es ist schon so viel Geld für die Südumgehung ausgegeben worden. Man sollte jetzt nicht alles über den Haufen werfen und die Trasse verändern.“ Denise Thiel sagt: „Ich hoffe sehr, dass das jetzt nicht noch Jahre dauert. Das Problem wird immer akuter. Wir haben ein großes Neubaugebiet, viele Familien mit Kindern ziehen hierher.“