90 Bauern halten 96.000 Tiere in Stormarn. In Hoisdorf streiten eine Bürgerinitiative und ein Landwirt derzeit um Mastanlage mit 1460 Plätzen.
Hoisdorf. Der Streit um die geplante Schweinemastanlage in Hoisdorf geht weiter. Die Bürgerinitiative (BI) „Keine Schweinereien in Hoisdorf“, die gegen die Aussiedlung und Erweiterung des Betriebs von Landwirt Jörg Elbers ist (wir berichteten), ruft per Flugblatt alle Hoisdorfer zur Teilnahme an der Einwohnerversammlung am Mittwoch, 11. März, auf. Dort möchten die Mitglieder der BI mit Anwohnern, Gemeindevertretern und Experten sowie dem Bauern über die Pläne sowie alternative Vorschläge diskutieren.
„Wir hoffen, dass Jörg Elbers gesprächsbereit ist und unsere Hilfe annimmt“, sagt Jörn Gehrmann, Mitinitiator der BI. Auf ihrem Flyer betonen die Gegner der Mastanlage, „nicht gegen die bäuerlich familiäre Landwirtschaft“ zu sein. Ihr Protest richte sich „nur gegen die industrieähnliche Tierhaltung“. Genau das ist die Mastanlage mit 1460 Plätzen in den Augen der Bürgerinitiative.
Der Landwirt möchte mit seinem Hof aus der Dorfmitte an den Wastenfelder Redder am Rande der Gemeinde ziehen. Neben einem Wohnhaus, einer Maschinenhalle, Futtersilos und Güllebehältern soll eine Schweinemasthalle mit 1460 Tieren entstehen. Zu viele Tiere meint die Bürgerinitiative. Bisher hält Elbers 400 Schweine. Auch die Inhaber der Sieker Landgärtnerei Beier, neben der der Neubau geplant ist, haben ihren Protest angekündigt.
Ein Blick auf die Schweinebestände in anderen Stormarner Dörfer und Städten zeigt, dass die Größenordnungen durchaus an der Tagesordnung sind. In Stormarn gibt es nach aktueller Befragung des Kreisbauernverbands rund 90 Schweinehalter. Zusammen haben sie knapp 96.000 Tiere. Im Durchschnitt kommen also rund 1060 Tiere auf jeden Halter.
Alle registrierten Landwirte mästen Schweine. Ungefähr 30 Halter züchten auch noch nebenbei. Die Zahl der Betriebe ist in den vergangenen Jahrzehnten kontinuierlich gesunken, dafür sind sie größer geworden. Diese Entwicklung wird innerhalb der Branche als Strukturwandel bezeichnet. Allein Stormarn haben in den vergangenen fünf Jahren 14 Schweinebauern ihren Betrieb aufgegeben.
Der durchschnittliche Schweinebestand in Schleswig-Holstein lag 1990 bei 232 Tieren pro Halter. Bis zum Vorjahr ist die Zahl landesweit auf 1485 gestiegen – also etwa genau so viele Tiere, wie Jörg Elbers halten möchte. „Dass die Schweinebestände in den Betrieben in den vergangenen Jahren gewachsen sind, heißt aber nicht, dass wir viel mehr Schweine in Schleswig-Holstein haben“, sagt Peter Koll, Geschäftsführer des Kreisbauernverbands Stormarn.
Das Statistikamt Nord meldete 1990 rund 1,4 Millionen Schweine für Schleswig-Holstein. Im vergangenen Jahr wurden rund 1,5 Millionen Tiere gezählt. Auf die Mastschweine beschränkt, ergibt sich eine deutlichere Steigerung. Wurden 1990 rund 548.000 Tiere gehalten, waren es 2014 circa 708.000.
„Die Zahl der Halter ist stetig zurückgegangen, die Betriebe sind dafür aber effizienter geworden“, sagt Koll. Es werde also bei nahezu gleich bleibender Tierzahl viel mehr Fleisch produziert.
Diese Entwicklung möchte die Hoisdorfer Bürgerinitiative zumindest in ihrem Ort stoppen. Bei der bevorstehenden Versammlung wollen die Mitglieder versuchen, Jörg Elbers umzustimmen. Der Landwirt will teilnehmen und sich der Diskussion über seine Pläne stellen. Er wehrt sich aber energisch gegen den Begriff Massentierhaltung. „Ich würde gern wissen, was die Menschen unter bäuerlich familiärer Landwirtschaft verstehen. Das ist nämlich genau das, was ich mit meinem Sohn auf unserem Hof mache.“ Elbers betont, dass die Zukunft der Familie an der Modernisierung des Betriebs hänge.
Die Bürgerinitiative definiert den Begriff Massentierhaltung genauer. „Es geht nicht um die Anzahl der Tiere, sondern darum, wie sie gehalten werden“, sagt Mitinitiator Jörn Gehrmann. Zu wenig Platz, Spaltböden statt Einstreu sowie der Einsatz von Antibiotika hätten nichts mit bäuerlich familiärer Landwirtschaft zu tun, sondern mit „Fleischproduktion auf niedrigstem Niveau“. Die Bürger hätten die Verantwortung, sich grundsätzlich gegen solche Zustände einzusetzen, wenn sich die Politik nicht bewege.
Bauernverbands-Geschäftsführer Peter Koll entgegnet: „Wir haben in Deutschland ein sehr hohes Niveau in der Fleischproduktion. Nach der Schweiz haben wir das schärfste Tierschutzgesetz und eine strenge Qualitätskontrolle.“ Falle ein Bauer zum Beispiel dadurch auf, dass er häufig kranke Tiere beim Schlachthof abliefert, werde das an ihn selbst sowie an die Kreisveterinärämter gemeldet. „Das Amt macht dann unangemeldete Kontrollbesuche.“ Auch die Tierkörperbeseitigung melde, wenn ungewöhnlich viele verendete Tiere von einem Hof kämen.
„Es gibt natürlich auch Missstände. Das ist aber sehr häufig auf persönliche Tragödien zurückzuführen, die dazu führen, dass die Bauern sich nicht mehr um ihre Tiere kümmern können“, sagt Peter Koll.
In größeren Betrieben, die auch zusätzliches Personal beschäftigen, könne die Betreuung der Tiere bei Notfällen wie Krankheit oder familiären Problemen sogar besser gewährleistet werden. „Kein Bauer hat Interesse daran, seine Tiere schlecht zu behandeln.“
Einwohnerversammlung in Hoisdorf, Mittwoch, 11. März, 19 Uhr, Landhaus Hoisdorf, Dorfstraße 14.