Fieber, Schüttelfrost, Schweißausbrüche, Kopf- und Halsschmerzen, Husten. Mit diesen Grippesymptomen gehen immer mehr Stormarner zum Arzt.
Ahrensburg. Von einem Moment auf den anderen geht es los – Fieber, Schüttelfrost, Schweißausbrüche, Kopf-, Muskel- und Halsschmerzen sowie Hustenreiz. Mit diesen Grippesymptomen schleppen sich dieser Tage immer mehr Menschen in Stormarn zum Arzt. „Seit Ende Januar ist meine Praxis zum Bersten voll. In der Woche habe ich derzeit 30 bis 40 Patienten mit Grippe“, sagt Dr. Hans Irmer, Allgemeinmediziner aus Ahrensburg und Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) in Stormarn. Auch von anderen Kollegen in allen Teilen Stormarns hört der KV-Sprecher Ähnliches.
„Fast zwei Drittel der Menschen mit Grippesymptomen haben die meldepflichtige Influenza“, sagt Susanne Glasmacher, Pressesprecherin des Robert-Koch-Instituts (RKI). Ermittelt werde dies über Rachenabstriche bei Menschen mit typischen Symptomen. Sie werden im Nationalen Referenzzentrum für Influenza des RKI untersucht und gehen in den wöchentlichen Bericht der Arbeitsgemeinschaft Influenza ein. „Derzeit liegt die sogenannte Positivenrate bei 63 Prozent“, sagt Glasmacher. Ab 20 Prozent spreche das RKI von einer Grippewelle.
Tatsächliche Zahl der Erkrankten ist weitaus höher
Die Beobachtungen aus dem Praxisalltag der Hausärzte unterscheiden sich stark von der Zahl der bei den Gesundheitsämtern gemeldeten Fälle. Das Kreisgesundheitsamt Stormarn hat seit Beginn des Jahres lediglich 15 Fälle erfasst. „Im vergangenen Jahr waren es zur selben Zeit 40 Fälle“, sagt Andreas Musiol, Fachdienstleiter Gesundheit beim Kreis. Die Meldezahlen ließen allerdings keine eindeutigen Rückschlüsse auf den Verlauf einer Grippewelle zu. „Gemeldet wird nur, wenn die Influenza durch Tests diagnostiziert wird.“
Fünf neue Meldungen gab es in Stormarn in der vergangenen Woche laut der Universität Kiel, die die Daten nach dem Influenza-Infektionsschutzgesetz (IfSG) für Schleswig-Holstein auswertet. Das macht also ein Drittel aller bisher gemeldeten Fälle in Stormarn in nur einer Woche aus. Die Tendenz sei steigend.
Das vermutet auch Prof. Dr. Stefan Jäckle, Chefarzt der internistischen Klinik am Reinbeker Krankenhaus St.Adolf-Stift. „Wir haben bisher einen nachgewiesenen Fall von Influenza gehabt. Ich befürchte aber, dass da noch mehr kommen werden.“ Allerdings sei eine stationäre Behandlung nur bei schweren Verläufen der Erkrankung üblich. „In der Regel werden die Erkrankungen ambulant behandelt und kommen nicht in der Masse in den Krankenhäusern vor“, bestätigt auch Franz Jürgen Schell, medizinischer Sprecher bei Asklepios. In der Asklepios-Klinik Bad Oldesloe gebe es derzeit vereinzelte Grippefälle. „Dort gibt es aber insgesamt einen Anstieg an Infektionskrankheiten.“
Carmen Niesyto, Leiterin der Seniorenwohnanlage Stadtresidenz Ahrensburg, glaubt auch, dass die Welle ihren Höhepunkt noch nicht erreicht hat. „Das kommt gerade erst im Norden an, habe ich den Eindruck. Wir hatten aber bisher noch keinen einzigen Fall unter den 132 Bewohnern.“ Das hänge wahrscheinlich mit der großen Impfrate in der Wohnanlage zusammen, sagt Niesyto. „Wir informieren die Bewohner zusammen mit den Hausärzten jedes Jahr und empfehlen, sich rechtzeitig im Herbst impfen zu lassen, wenn die Grippesaison beginnt.“ Dies sei insbesondere bei älteren und chronisch kranken Menschen wichtig, weil sie ein geschwächtes Immunsystem hätten.
Impfung wird für Herbst empfohlen
Im Seniorenzentrum Bargteheide ist die Grippe inzwischen angekommen. Leiterin Petra Unger: „Ich schätze, dass momentan 15 Prozent der 42 Bewohner krank sind.“ Auch das Personal sei teilweise betroffen. „Wir kommen noch gut klar, haben aber unser Hygienemanagement hochgefahren“, sagt Unger. Es werde häufiger geputzt, Grippekranke seien zudem angehalten, das Haus nicht zu betreten.
Auch im Seniorenzentrum spielt Impfung eine wichtige Rolle. „Die Mehrheit der Bewohner bei uns ist geimpft. Darauf legen wir großen Wert.“
Peter Awolin, Pflegedienstleiter im Alten- und Pflegeheim Haus am Kurpark in Bad Oldesloe, setzt ebenfalls auf hohe Hygienestandards. „Wir haben bisher nur eine leichte Erkältungswelle gehabt, aber keine Grippefälle. Ich hoffe, dass das so bleibt.“ In seiner Einrichtung leben 90 Bewohner.
Das RKI empfiehlt die Grippeschutzimpfung insbesondere für Menschen ab 60 Jahren, chronisch Kranke und Schwangere sowie medizinisches Personal. Sie gehören zur Risikogruppe. Obwohl eine Impfung zu Grippesaisonbeginn im Herbst empfohlen wird, ist sie auch jetzt noch möglich. „Allerdings dauert es bis zu zwei Wochen, bis der Impfschutz aufgebaut ist. In dieser Zeit kann man sich noch anstecken“, sagt Hausarzt Hans Irmer. Er rate seinen Patienten in diesen Tagen deshalb nicht mehr zur Impfung.
RKI-Sprecherin Susanne Glasmacher erklärt zum Thema Impfung: „Der aktuelle Impfstoff ist in dieser Saison nicht so wirksam wie sonst, weil eine der drei zirkulierenden Influenza-Virusgruppen namens H3N2 sich inzwischen genetisch verändert hat. Die im Impfstoff vorhandene Variante des H3N2 passt daher nicht mehr ganz zu der zirkulierenden Variante.“
Was kann man noch tun, um sich und andere zu schützen? „Häufig Hände waschen und möglichst nicht in die Hände husten“, sagt Hans Irmer. Um das Immunsystem zu stärken, könne zudem jeder entsprechende Präparate aus der Apotheke einnehmen.
„Wer bereits krank ist, sollte sich außerdem ordentlich zu Hause auskurieren und erst zur Arbeit gehen, wenn er beschwerdefrei ist.“ Das könne schon mal bis zu zwei Wochen dauern, sagt der Ahrensburger Mediziner. „Antibiotika helfen übrigens bei Viruserkrankungen nicht.“