Stormarns erstes Repair-Café feiert im März Eröffnung. Besucher können dann mit Jens Michaelsen kaputte Sachen wieder heil machen.

Reinbek. Ohne seinen Akkuschrauber wäre Jens Michaelsen nur ein halber Mensch: Seit mehr als 30 Jahren repariert der heute 70-Jährige fast täglich Elektrogeräte und Werkzeuge anderer Menschen. Ehrenamtlich. Gegen Spenden. Irgendwann hat ihm mal jemand den Namen „Werkzeugdoktor“ verpasst. „Und so heiße ich seitdem“, sagt Michaelsen und lacht. Wenn er mal eine Woche nicht in einem Baumarkt war, dann fehle ihm einfach was.

Werkzeuge sind Michaelsens Passion. Und anderen Menschen zu helfen auch: Deshalb engagiert sich der Elektroingenieur aus Wentorf auch für die sogenannten Repair-Cafés, die derzeit regelrecht aus dem Boden sprießen. Allein im Hamburger Raum gebe es mittlerweile schon 13 davon, sagt Michaelsen. „Von Buchholz über Hamburg bis Pinneberg. Das nächste entsteht jetzt in Reinbek.“

Das Konzept stammt ursprünglich aus den Niederlanden: Ehrenamtliche Reparatur-Experten treffen sich mit Besuchern, die kaputte Gegenstände wie Elektrogeräte, Möbel oder Kleidung mitbringen. Gemeinsam reparieren sie diese dann, gemütlich bei Kaffee und Kuchen. Ein eigenes Lokal gibt es dafür nicht – die Repair-Café-Treffen in Reinbek werden zum Beispiel in der Mensa der Grundschule Mühlenredder (Mühlenredder 43) stattfinden. Alle zwei Monate soll es Treffen geben, das erste ist am Sonntag, 15.März.

„Wir geben dort vor allem Hilfe zur Selbsthilfe“, sagt Michaelsen. Es sei jedes Mal toll zu beobachten, wie ratlos und hilflos die Menschen mit den kaputten Dingen im Repair-Café ankämen. Und wie groß hinterher deren Erfolgserlebnis sei. Etwa 70 Prozent der Sachen könnten grundsätzlich noch repariert werden, so Michaelsen. „Ich finde es einfach wichtig, dass wir unsere Ressourcen für unsere Kinder und Enkel erhalten. Man kann all diese Dinge viel länger nutzen, als man glaubt.“

„Suchen dringend noch weitere Reparateure“

Dieser Meinung ist auch Rolf Eichhorst aus Reinbek. Der 47-Jährige ist die treibende Kraft hinter dem Reinbeker Projekt. Es war seine Idee, das Projekt auch in Stormarn zu etablieren. „Ich hatte vor einigen Monaten ein Buch gelesen, das von der Faszination des Reparierens handelte – und die Faszination schwappte dabei wohl auf mich über“, sagt Eichhorst. Der Gedanke, unter Anleitung von ehrenamtlichen Experten kaputte Dinge wieder reparieren zu können, hat ihn begeistert. „Das ist quasi Nachhaltigkeit zum Anfassen“, sagt Eichhorst. „Ich finde es toll, lieb gewonnene Sachen wieder heil machen zu können, für die man vielleicht schon gar keinen Reparateur mehr findet, weil sie so alt sind.“ Seit Wochen ist Eichhorst am Telefonieren und Organisieren: Ein Raum musste gefunden werden, ehrenamtliche Helfer, Werkzeug, Flyer.

„Wir suchen dringend noch weitere Reparateure“, sagt Eichhorst. Zwar hätten bereits eine Schneiderin und zwei weitere Ehrenamtliche zugesagt, sich um die Reparaturen von Elektrogeräte zu kümmern – einer davon ist Jens Michaelsen – aber für kaputte Möbel und Spielzeug sowie PC-Probleme würden noch Helfer gebraucht. „Die Helfer müssen dabei keine Vollprofis sein“, betont Eichhorst. „Wir suchen normale Menschen mit handwerklichen Fähigkeiten.“ Das Alter spiele dabei keine Rolle. „Zwischen 30 und 80 Jahren ist alles dabei.“

Eine gute Altersmischung erhofft sich der Reinbeker auch unter den Besuchern: Jeder sei willkommen, betont er, egal ob Kind oder Rentner. Eichhorst sieht das Konzept des Repair-Cafés als generationenübergreifende Chance, Wissen weiterzugeben. Gerade die älteren Menschen seien im Reparieren von beispielsweise Radios oder Nähmaschinen oft fitter als die junge Generation, glaubt Eichhorst.

Besonders oft werden Nähmaschinen gebracht

Einer dieser begehrten Experten beglückt regelmäßig die Besucher im Repair-Café in Hamburg-Sasel: Acht Nähmaschinen sind dort schon mal an einem Tag repariert worden. Ein Rekord, sagt Eichhorst und lacht. „Erstaunlicherweise bringen nämlich Leute oft ihre Nähmaschinen vorbei. Ich hätte gar nicht gedacht, dass der Bedarf da so groß ist.“ Eichhorst hatte die Kollegen im Hamburger Stadtteil besucht, um sich genauer über das Konzept zu informieren. Die Einrichtung hatte sich im Jahr 2013 gegründet.

In Sasel ist auch Elektro-Experte Jens Michaelsen involviert. „Ich komme sozusagen immer auf Anfrage. Die Repair-Cafés finden an den einzelnen Orten ja nur immer alle zwei bis drei Monate statt.“ Allerdings zeitversetzt, sodass Menschen, die dringend etwas reparieren wollen, in den entsprechenden Ort fahren können. Die Termine der anderen Repair-Cafés seien über die Internetseite www.repaircafe.org zu finden. Außer in Sasel ist Michaelsen auch noch in den Repair-Cafés der Hamburger Stadtteile Wandsbek, Harburg, Bergedorf und Eimsbüttel zu finden.

Das Konzept „Reparieren statt Wegwerfen“ hat mittlerweile eine große Anhängerschaft gefunden. Denn auch der soziale Aspekt spiele dabei eine große Rolle, sagt Rolf Eichhorst. Für seine Initiative wünscht er sich, dass die Menschen aus Reinbek durch das gemeinsame Erlebnis mehr ins Gespräch kommen: „Wenn man mit einem vielleicht bisher Fremden gemeinsam etwas repariert, dann sieht man ihn hinterher vielleicht mit anderen Augen, wenn man ihn auf der Straße trifft.“

Damit es auch richtig gemütlich wird zum Start, braucht das Reinbeker Repair-Café nicht nur Reparateure, sondern auch Kuchenbäcker und Menschen, die Kaffee kochen und für die Organisation zuständig sind. „Wir suchen auch noch Leute für die Materialverwaltung“, sagt Eichhorst. „Je mehr Menschen mithelfen, desto besser.“

Künftig gibt’s also wieder eine Chance, Opas altes Röhrenradio zum Leben zu erwecken, das Loch im Lieblingspulli zu stopfen oder das Skateboard wieder zum Laufen zu bringen. „Wer Elektrogeräte mitbringt, sollte auch an Bedienungsanleitung und Schaltpläne denken“, sagt Michaelsen. Das mache vieles einfacher. Er hat vor allem einen Wunsch an die Industrie: „Ich fände es gut, wenn auch die Hersteller von Elektrogeräten wieder mehr auf Qualität achten würden. Das, was da heutzutage angeboten wird, das ist meistens fabrikneuer Sondermüll!“