Das Abendblatt hat mit Carsten Willms von ADAC Hansa in Ahrensburg den Straßencheck gemacht. Das Urteil des Experten ist ziemlich vernichtend.
Ahrensburg. Risse in der Asphaltdecke, ungezählte Schlaglöcher in den unterschiedlichsten Größen und Formen und schlecht ausgebesserte Straßenschäden: „Das ist schlimmer, als ich erwartet habe!“ Das sagt, nach einer Fahrt durch Ahrensburgs Hauptverkehrsstraßen, Carsten Willms, verkehrspolitischer Sprecher des ADAC Hansa. „Im Grunde sind alle Straßen, die nicht kürzlich saniert wurden, schlecht bis sehr schlecht befahrbar“, urteilt der Experte.
Für 650.000 Euro hatte die Verwaltung im Sommer die Asphaltdecke von neun Straßen erneuern lassen (wir berichteten). Der Sanierungsbedarf am Straßennetz der Schlossstadt ist laut Willms allerdings viel höher als diese Investition. Er sagt: „Im Durchschnitt hat eine Stadt von der Größe Ahrensburgs einen Sanierungsstau von 60 bis 70 Millionen Euro.“ Das sei die Summe, die benötigt werden würde, um alle Straßen in einen vernünftigen Zustand zu versetzen. Im Falle der Schlossstadt umfasst das Straßennetz 133 Kilometer. Der Rechnung liegt die Annahme zugrunde, dass 50 Prozent dieser Straßen erneuert werden müssen. „Ist der Zustand der Straßen insgesamt schlechter, dann kann so eine Summe auch schnell dreistellig sein“, sagt Willms.
Marode Straßen schaden nicht nur den Autos, sondern auch Umwelt und Wirtschaft
So wie die Hagener Allee. „Das ist wirklich katastrophal“, sagt Willms, „Totalschaden.“ Er hat sich neben ein langes Schlagloch gehockt und sein Maßband ausgerollt. „Das sind fast zwei Meter“, sagt er. Doch das ist nicht sein einziger Kritikpunkt: Auf weiten Teilen der knapp fünf Kilometer langen Straße, die von der Innenstadt bis fast an die Landesgrenze zu Hamburg führt, fahren viele Autofahrer mit ihren Fahrzeugen so lange mittig auf der Fahrbahn, bis sie dem Gegenverkehr ausweichen müssen. Der Grund: Wegen schlechter Ausbesserungen sind die Ränder der Fahrbahn auf beiden Fahrspuren so uneben, dass es selbst bei einer Geschwindigkeit von 30 Kilometern pro Stunde im Auto mächtig poltert. Ebenso beurteilt Willms den Spechtweg. Doch auch der Zustand vieler weiterer Straßen der Stadt sei „schlecht“.
Marode Straßen seien nicht nur ein Ärgernis für Autofahrer, die oft Schäden an Reifen und den Stoßdämpfern ihrer Autos beklagten. Laut Willms übrigens „eine der Hauptbeschwerden, die uns beim ADAC erreichen“. Schlechte Straßen bedeuteten aber auch einen massiven Wertverlust und eine Belastung für die Kommunen, sagt Willms. „Wegen der Schäden muss die Geschwindigkeit begrenzt werden. Emission und der Lärmpegel steigen, weil die Fahrer ihre Autos öfter abbremsen und beschleunigen. Schließlich kann so eine Situation dazu führen, dass das Gewerbe abwandert.“
Deutlich besser als Hagener Allee und Spechtweg sieht der Wulfsdorfer Weg aus. Dass Willms dennoch unzufrieden ist, zeigt seine in Falten gelegte Stirn. Währenddessen zeigt er auf kleine Risse im Asphalt. „Wenn Sie ein Schlagloch sehen, dann ist es schon zu spät“, sagt er.
4,4 Millionen Euro müsste Ahrensburg jährlich in den Neubau stecken
Seinen Anfang nehme der Verfall mit diesen Rissen. Durch sie dringe Wasser in den Unterbau ein. Wenn es im Winter gefriert, entstehen unterhalb der Oberfläche Löcher. Durch das Gewicht der Autos, Lastwagen und Busse sacke die Decke der Straße ab. Es entstünden Löcher und Abbrüche an der Oberfläche. Willms: „Dann kann eine Straße nicht mehr repariert werden, dann muss sie erneuert werden“. Das ist teuer.
Ein Beispiel: In diesem Jahr will die Stadt den Pionierweg zwischen der Einmündung der Straße Am Hagen und dem Jonny-Loesch-Weg erneuern. Stephan Schott, Fachdienstleiter für Straßenwesen im Ahrensburger Rathaus, sagt: „Für die Maßnahme haben wir 450.000 Euro im Haushalt eingeplant.“ Der Straßenabschnitt ist 400 Meter lang. Macht 1125 Euro pro Meter.
Schott sagt auch: „Eigentlich müssten wir jährlich 4,4 Millionen Euro in den Neubau der Straßen investieren. Und zusätzlich Geld für den Unterhalt der Straßen, Straßenbeleuchtung und Brücken bekommen.“ Für den Unterhalt haben Schott und die Mitarbeiter in seiner Abteilung in diesem Jahr 725.000 Euro zur Verfügung. 2013 waren es 850.000 Euro.