Großbauprojekt könnte den Kreis wirtschaftlich noch stärker machen. Wegen der Nähe zu Fehmarn wird die Region für Investoren interessanter. Oldesloer Catering-Unternehmen bewirbt sich als Baustellenversorger.
Bad Oldesloe. Stormarn rüstet sich für den Baubeginn am Fehmarnbelttunnel, der noch für dieses Jahr geplant ist. Nach Ansicht von Wirtschaftsexperten bieten sich für den Kreis ausgezeichnete wirtschaftliche Entwicklungschancen allein schon durch seine Nähe zu einem der größten Infrastrukturprojekte der Welt.
„Ich bin überzeugt, dass sich die Fehmarnbeltquerung auf Stormarn besonders positiv auswirken wird“, sagt Norbert Leinius von der Wirtschafts- und Aufbaugesellschaft Stormarn (WAS). „Wegen der Nähe zum Bauprojekt und der Lage an der A 1 wird die Region für Firmen und Investoren interessanter.“ Laut Rüdiger Schacht, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer zu Lübeck (IHK), können regionale Unternehmen von der Beltquerung profitieren, indem sie Aufträge im Zusammenhang mit dem Tunnelbau erhalten. „Ziel ist es, dass kleine und mittelständische Unternehmen große Aufträge nicht ausschlagen müssen, sondern sich zu regionalen Netzwerken zusammenschließen“, sagt Schacht. „Auf diese Weise können sie Aufträge gemeinsam und gewerkübergreifend anbieten und übernehmen.“
Bis zu 2000 Arbeiter müssen während der Bauphase täglich verpflegt werden
Für das Großprojekt sucht die dänische Planungsgesellschaft der Fehmarnbeltquerung, Femern A/S, Subunternehmer aus den unterschiedlichsten Bereichen. Das Spektrum reicht von Baufirmen über Wach- und Sicherheitsdienste bis hin zu Entsorgungsbetrieben und Büroausstattern. Und nicht zuletzt müssen die Mitarbeiter der Großbaustelle auch verpflegt werden. Für die Versorgung der Bauarbeiter auf deutscher Seite hat sich die Firma Norddeutsche Catering + Services (NCS) aus Bad Oldesloe beworben. Derzeit beliefert NCS mit 55 Mitarbeitern Unternehmen, Krankenhäuser, Schulen und Senioreneinrichtungen. Wenn die Firma den Auftrag für die Fehmarnbelt-Baustelle bekommen sollte, würde sich die Mitarbeiterzahl verdoppeln.
„Wir haben ein Konzept entwickelt, das einen 24-Stunden-Versorgungsbetrieb sieben Tage die Woche für die gesamte Dauer der Baustelle vorsieht“, sagt Mike Pitz, Geschäftsführer von NCS. „Wir würden drei warme Mahlzeiten pro Tag für 500 bis 2000 Bauarbeiter, Ingenieure und andere Mitarbeiter des Projekts zubereiten. Dafür würden wir einen Filialbetrieb auf Fehmarn mit einer 2000 Quadratmeter großen Kantine mit Küche, Sanitätsräumen, An- und Ablieferungsbereich und Personalaufenthaltsräumen einrichten.“
Die Riesenkantine an der Fehmarnbelt-Baustelle wäre das größte Projekt in der 16-jährigen Geschichte des Stormarner Unternehmens. Neben dem regelmäßigen Kantinenbetrieb wäre NCS auch für das Catering bei Besuchen von Politikern und anderen prominenten Gästen zuständig. „Die Organisation ist eine große Herausforderung, weil wir auf die unterschiedlichsten Anforderungen eingehen müssen, aber wir sind frohen Mutes, dass wir dies mit unserer Erfahrung souverän bewältigen können“, sagt Pitz. „Für uns als Firma spielt der wirtschaftliche Aspekt natürlich eine Rolle, aber der Auftrag wäre vor allem auch ein wichtiges Aushängeschild. Immerhin handelt es sich dabei um eine internationale Aufgabe mit Mitarbeitern und Gästen aus der ganzen Welt.“
Als Subunternehmer müsste NCS vor allem flexibel sein. „Die Baukonsortien erwarten, dass wir innerhalb von acht bis zehn Wochen unser Konzept umsetzen können“, sagt der Geschäftsführer. „Dabei haben wir den Vorteil, dass wir aus der Region kommen und schnell vor Ort sind.“ Auch das erforderliche Personal wäre kurzfristig einsatzfähig. „Ein Teil der Mannschaft steht bereits“, sagt Betriebsleiter Alexander Gehrling. „Die Arbeitsplätze sind auf die Dauer der Baustelle befristet. Das können also viele Jahre sein.“ Wann die Entscheidung über den Auftrag für die Baustellenversorgung fällt, steht noch nicht fest.
Fehmarnbeltquerung kann andere Infrastrukturprojekte voranbringen
Die Fehmarnbeltquerung bietet nicht nur Auftragsmöglichkeiten für Stormarner Subunternehmer. Laut Rüdiger Schacht wird der Bau auch andere Infrastrukturprojekte in der Region fördern. „Die Fehmarnbeltquerung wird den ohnehin starken Kreis Stormarn noch stärker machen“, sagt der stellvertretende IHK-Hauptgeschäftsführer. „Der Ausbau der Hamburger S-Bahn-Linie 4 bis nach Bad Oldesloe, die die Fernbahnstrecke zwischen Hamburg und Lübeck entlasten soll, wird dadurch noch dringender.“ Auch die Diskussion um den Ausbau der Autobahn 21 bis zur Autobahn 7 als Ostumfahrung Hamburgs werde wegen der steigenden Verkehrsmenge in der Metropolregion brandaktuell. „Darüber hinaus wird die Ausweitung des Marktes nach Skandinavien die gut aufgestellte Logistikwirtschaft Stormarns weiter stimulieren“, sagt Schacht.
Norbert Leinius plant gemeinsam mit anderen Wirtschaftsförderern die künftige Entwicklung der A-1-Achse: „In Zukunft werden Gewerbegebiete für überregional agierende Firmen insbesondere in Bad Oldesloe, Bargteheide, Stapelfeld und Braak gebraucht, weil dänische Unternehmen aus Kostengründen und wegen Mangels an Flächen in der Hamburger Innenstadt in die Region kommen werden“, sagt Leinius. „Die neue Nord-Süd-Verbindung wird zur Neuordnung der Wirtschaftsbeziehungen führen und die regionale Wirtschaft ankurbeln.“