An drei Schulen im Kreis Stormarn hatte ein Unbekannter in einer Mail einen Amoklauf angekündigt - Hunderte Schüler blieben zu Hause. Am Donnerstag bewachen Polizisten die Schulen.
Glinde/Barsbüttel. Nach einer Amokdrohung lernten die Schüler an drei Schulen im Kreis Stormarn in Schleswig-Holstein zunächst unter Polizeischutz. Die Polizei war am Donnerstag weiter vor Ort und kontrollierte mit zehn Polizisten die Eingänge der Schulen. Am Freitag will die Polizei ihre Präsenz wieder reduzieren. Am Freitag würden die Beamten vor dem Schulzentrum in Glinde und der Gemeinschaftsschule in Barsbüttel (Kreis Stormarn) voraussichtlich nur noch mit je einem Streifenwagen stehen, sagte eine Polizeisprecherin.
In einer E-Mail war am Dienstag dem Schulzentrum Glinde mit dem Gymnasium Glinde und der Sönke-Nissen-Gemeinschaftsschule sowie der Erich-Kästner-Gemeinschaftsschule Barsbüttel ein Amoklauf angedroht worden. An den Schulen fiel daraufhin am Mittwoch der Unterricht aus. Der Verfasser der E-Mail sei weiterhin unbekannt, hieß es.
Fast 2000 Schüler mussten am Mittwoch zu Hause bleiben, nachdem ein Unbekannter im Kreis Stormarn mit einem Amoklauf gedroht hatte. Am Donnerstag findet der Unterricht am Gymnasium Glinde, der Sönke-Nissen-Gemeinschaftsschule und der Erich-Kästner-Schule in Barsbüttel wieder statt - wenn auch der Ablauf zu Schulbeginn etwas anders als sonst sein wird: Die Polizei wird vor Ort sein und Einlasskontrollen durchführen.
Im Eingangsbereich standen am Mittwoch Polizisten, einer von ihnen war mit einem G3-Sturmgewehr bewaffnet. Andere Beamte schlichen ums Gebäude. Sie sicherten die Erich-Kästner-Gemeinschaftsschule in Barsbüttel im Kreis Stormarn, während drinnen das Lehrerkollegium die Situation besprach. Die 700 Schüler waren allesamt zu Hause geblieben. In der Nachbarkommune Glinde die gleichen Bilder. Das Schulzentrum war verwaist, weit und breit keiner der 1290 Jugendlichen zu sehen. Nur Polizisten, einige mit Hunden. An beiden Standorten ist der Unterricht am Mittwoch ausgefallen.
Ein Unbekannter hatte die Warnung am frühen Dienstagabend per E-Mail an das Gymnasium Glinde, das zusammen mit der Sönke-Nissen-Gemeinschaftsschule am Oher Weg beheimatet ist, verschickt und die Barsbütteler Einrichtung in Kopie gesetzt. Daraufhin alarmierten die Schulleiter die Polizei. In Abstimmung mit den Verwaltungen und dem Ministerium für Schule und Berufsbildung wurde beschlossen, den Unterricht abzusagen. „Aus ermittlungstaktischen Gründen“, heißt es in Kiel. Hauptkommissar Jochen Sohrt, der in Barsbüttel im Einsatz war, sagte: „Das ist eine Bedrohungslage. Wir sind auch hier, um zu schauen, ob sich etwas abzeichnet.“
Amok-Drohung per Mail: „Es waren nur zwei Sätze“
Wer die E-Mail abgeschickt hat, konnte die Polizei noch nicht sagen. Auch gibt sie keine Auskunft über verdächtige Personen. Die Beamten erhoffen sich, über die E-Mail an die IP-Adresse zu gelangen und den Absender zu lokalisieren. „Die Ermittlungen sind nicht einfach. Wenn der Server zum Beispiel in Asien oder Südamerika steht, ist das schon ein Problem. Wir benötigen Zeit“, sagt Sonja Kurz, Pressesprecherin der zuständigen Polizeidirektion Ratzeburg. Einen Dumme-Jungen-Streich wolle sie nicht ausschließen. Ihr Kollege Holger Meincke, stellvertretender Direktionsleiter, der im Glinder Polizeirevier eine mobile Pressestelle eingerichtet hatte, beschreibt den Inhalt der E-Mail so: „Es waren nur zwei Sätze.“ Allerdings mit extremen Auswirkungen.
Bereits am Mittwochmorgen gegen 7 Uhr sicherten 25 Beamte die Schulen in Glinde und Barsbüttel, suchten in den Innenräumen mit Hunden nach Spuren. Zutritt hatten nur die Lehrer. Zu den Vorkommnissen wollten die Pädagogen aber keine Stellung nehmen. Im Schulsekretariat des Gymnasiums Glinde hieß es: „Wir haben die Anweisung, nichts zu sagen.“ Vorsichtshalber postierte sich die Polizei auch vor der Grundschule am Glinder Tannenweg. Dort lief der Betrieb wie gewohnt.
In der 18.500-Einwohner-Stadt hatte die Nachricht vom Unterrichtsausfall am Schulzentrum nicht alle erreicht. Rund 80 Schüler standen am Morgen vor verschlossenen Türen. Jene Fünft- und Sechstklässler, deren Eltern nicht zu Hause waren, wurden an anderen Schulen der Stadt untergebracht. In Barsbüttel funktionierte die Kommunikation besser. Jan Greve, stellvertretender Fachbereichsleiter Schule, Jugend und Kultur im Rathaus: „Wir haben am Dienstag gegen 21.30 Uhr sämtliche Eltern in Kenntnis gesetzt.“
Mutter in Stormarn: „Natürlich habe ich Angst“
Die rund 100 Meter entfernte Kindertagesstätte am Soltausredder machte ebenfalls dicht. Es wurde eine Notfallbetreuung eingerichtet. Die angrenzende Grundschule war zwar geöffnet, leerte sich jedoch im Laufe des Vormittags. Eine Mutter, die namentlich nicht genannt werden will und ihre Tochter gegen 9 Uhr abholte, sagte dem Abendblatt: „Natürlich habe ich Angst.“ Sie hätte am frühen Morgen mit mehreren Müttern telefoniert, die Gefühlslage bei denen sei die gleiche. Die Frau nahm noch drei Kinder aus der Nachbarschaft mit zu sich nach Hause.
Schockiert von der Amokdrohung zeigten sich die Bürgermeister beider Kommunen. Barsbüttels Verwaltungschef Thomas Schreitmüller wurde am Mittwochmorgen von einem Mitarbeiter informiert. Er sagt: „Wenn eine minimale Wahrscheinlichkeit besteht, dass etwas passiert, müssen alle Register gezogen werden.“ Sein Glinder Amtskollege Rainhard Zug: „Hier wird mit der Angst von Menschen gespielt.“ Der Täter müsse entsprechend hart zur Rechenschaft gezogen werden.