Auf dem Areal, das dem Pharmakonzern Takeda gehört, könnten 100 Wohneinheiten entstehen, darunter auch öffentlich geförderte. Die Politik ist nicht abgeneigt. Anwohnern ist das zu viel.

Barsbüttel. Es gab belegte Brötchen, Mineralwasser, Cola und Bier. Doch nicht alles, was der Pharmakonzern Takeda den Barsbüttelern beim zweiten Bürgerworkshop auftischte, mochte den Einheimischen so recht schmecken. Geht es nach dem Eigentümer der früheren Tierversuchsanstalt im Ortsteil Willinghusen, die im März 2013 geschlossen wurde, entstehen auf dem 4,8 Hektar großen Areal 100 Wohneinheiten, darunter auch öffentlich geförderte. Wie die angeordnet sein könnten, zeigte das vom Unternehmen beauftragte Planungsbüro anhand von vier Bebauungskonzepten. Die Politik ist dem Vorhaben gegenüber aufgeschlossen. Sollte das Projekt realisiert werden, würde Willinghusen kräftig wachsen: von rund 2200 auf mindestens 2500 Einwohner. Viele Barsbütteler wünschen sich jedoch eine abgespeckte Variante. Eine Interessengemeinschaft hat sich bereits gebildet.

Der Barsbütteler Rechtsanwalt Andreas Dimke ist Motor dieser Gruppe, die derzeit zehn Mitglieder zählt. Zwei Versammlungen wurden bereits abgehalten. Der 50 Jahre alte Jurist sagt: „Der Naherholungscharakter muss erhalten bleiben. Wir möchten hier kein Klein-Mümmelmannsberg und auch keinen sozialen Brennpunkt. Die Gebäude dürfen also nicht viergeschossig sein. Und mindestens 30 Prozent weniger Wohneinheiten sollten es sein.“

Anwohner befürchten eine Wertminderung ihrer Grundstücke

Diese Meinung teilte auf der von Takeda und der Gemeinde organisierten Veranstaltung die Mehrheit der Anwesenden. Rund 80 Bürger waren der Einladung gefolgt. Einer von ihnen ist Hinrich Thormählen, 52, der mit seiner Familie seit 1991 in Willinghusen lebt. Auch er gehört der Interessengemeinschaft an, die laut Dimke einer Bürgerinitiative gleichbedeutend ist. Thormählen geht es auch um die Werterhaltung seines Grundstücks. „Sollten hier zu viele Geschosswohnungen entstehen, ist das meiner Ansicht nach mit einer Wertminderung verbunden. Das will natürlich kein Grundstückseigentürmer.“ Er möchte angehört werden, und die Anliegen der Anwohner sollten berücksichtigt werden, sagt der Willinghusener.

Genau das ist auch das Ansinnen von Takeda und der Gemeinde: Sie wollen ein Nutzungskonzept mit Bürgerbeteiligung entwickeln. Allerdings müsse man auch die wirtschaftlichen Interessen des Grundstückeigentümers verstehen, sagt Wolfgang Böckmann (CDU), stellvertretender Bürgermeister in Barsbüttel. Und wenn diese mit den Zielen der Gemeinde übereinstimmten, müsse man die Möglichkeit auch nutzen. Böckmann: „100 Wohneinheiten sind vom Grundsatz her in der Politik mehrheitsfähig.“

Rund die Hälfte davon sind im Konzept des Planungsbüros Evers & Küssner den Geschosswohnungen zugeordnet, die maximal 12,5 Meter in die Höhe ragen und drei Geschosse nicht übersteigen. Die Sozialwohnungen sollen auf die Gebäude aufgeteilt werden. Hinzu kommen Reihenhäuser und Doppel-haushälften mit 400 Quadratmeter großen Grundstücken. Einzelhäuser sollen auf je 600 Quadratmeter Fläche gebaut werden. Die beiden bereits bestehenden hochwertigen Immobilien auf dem Gelände, Labore und Büros, in die vor rund zehn Jahren 23 Millionen Euro investiert wurden, sind die einzigen Gebäude, die nicht abgerissen werden. Für sie ist eine gewerbliche Nutzung möglich (siehe Grafik unten). Das Gebiet soll verkehrlich über die Kreisstraße 109 angebunden werden.

Ursprünglich war auf dem kompletten Areal ein Innovationspark mit weiteren Gewerbeobjekten im Gespräch. Diese Variante ist vom Tisch. Sie stieß auch bei den Bürgern nicht auf Gegenliebe. Bei der weiteren Planung des Areals zeigt sich Takeda kompromissbereit. Standortleiter Jörg Kemkowski: „Wir haben die Anregungen aus der Bevölkerung aufgenommen, werden uns über den Punkt Bebauungsdichte Gedanken machen und uns dann mit den Entscheidungsträgern zusammensetzen.“

Einer von ihnen ist Joachim Germer von den Grünen. Er kennt die vier Konzepte und sagt: „Das ist alles gut durchdacht. Wir hatten schon schlechtere Planer.“ 100 Einheiten seien für ihn kein Problem. „Im Ortsteil Stemwarde mit seinen 500 Einwohnern entstehen gerade 30 Einheiten. Da ist ein bisschen mehr als die dreifache Menge für die 2200 Menschen in Willinghusen auch vertretbar.“ Man benötige zusätzlichen Wohnraum in der Gemeinde. „Vor allem, um die jungen Leute im Ort zu halten. Und er muss bezahlbar sein“, sagt Böckmann. Der CDU-Politiker denkt dabei auch an die Kameraden der freiwilligen Feuerwehr. Laut Bürgermeister Thomas Schreitmüller stehen derzeit 80 Personen auf der Warteliste der Gemeinde, die bezahlbare Wohnungen suchen.

Die Planungen für das Areal befinden sich noch in der Anfangsphase. Derzeit ist im Bebauungsplan ausschließlich die Nutzung als Tierversuchsanstalt festgeschrieben. Er muss also geändert werden, wenn dort Wohnungen entstehen sollen. „Das wird frühestens in einem Jahr der Fall sein“, sagt Rita Dux, Leiterin des Fachbereichs Bau und Umwelt im Barsbütteler Rathaus. Ein städtebaulicher Vertrag, der die Kostenübernahme bei der Planung regelt, wurde mit dem japanischen Pharmariesen bereits vor Monaten geschlossen. Laut Dux muss vor einer B-Planänderung noch ein Erschließungsvertrag unterzeichnet werden.

Takeda will das Grundstück nicht selbst vermarkten und sucht einen Investor, der das Vorhaben umsetzt. Das Unternehmen hatte das Objekt nach Informationen der Abendblatt-Regionalausgabe Stormarn im vergangenen Jahr für 20 Millionen Euro zum Verkauf angeboten. Rechtsanwalt Dimke: „Mir hat man es später für fünf Millionen Euro offeriert.“