Die Apfelernte ist 2014 so gut wie seit Jahren nicht mehr. Der Süßmosterei Paul Schmidt in Nienwohld im Kreis Stormarn kommt das gelegen: Im Jahr werden hier bis zu 700.000 Flaschen Saft hergestellt.
Nienwohld. Ein süßlicher, ein angenehm süßlicher Geruch strömt dem Besucher in die Nase. Es ist der Duft von Äpfeln, der hier alles dominiert. Schon wieder fährt ein Auto vor, ein Jeep. Auf der Ladefläche stehen Kisten voller: Äpfel. Einige Männer eilen herbei, entladen den Jeep, stapeln die Kisten neben einem Fließband, das in ein großes Silo führt. Nachschub für die Saftproduktion in der Süßmosterei Paul Schmidt in Nienwohld.
Dort beginnt jetzt die Hochsaison. Apfel-Experten rechnen mit der besten Ernte seit sechs Jahren. Nach Angaben des Verbands der Deutschen Fruchtsaft-Industrie (VdF) werden in diesem Jahr voraussichtlich 1,1 Millionen Tonnen Tafeläpfel und 800.000 Tonnen Streuobsäpfel geerntet. „Das sind 30 Prozent mehr als im Schnitt der vergangenen Jahre“, sagt Geschäftsführer Klaus Hertlinger. Betriebe wie der in Nienwohld bekommen das zu spüren. „Wir haben so viele Äpfel, dass sie manchmal gar nicht alle ins Silo passen“, sagt Monique Schmidt, die Frau des Inhabers Martin Schmidt.
Nachdem alle Kisten vom Jeep abgeladen sind, stellt Martin Schmidt das Fließband an und hilft seinen Mitarbeitern dabei, das Obst darauf zu schütten. Die Äpfel befinden sich jetzt auf dem Weg in das Silo, das rund 15 Tonnen Obst Platz bietet. Währenddessen fährt schon wieder ein Auto mit einer weiteren Lieferung vor.
Schmidts kaufen Obst, gerade jetzt sind viele Lieferanten aber Gartenbesitzer. Wer Äpfel liefert, bekommt Rabatt auf Apfelsaft, das ist das Prinzip. „Vor Kurzem brachte eine Familie 1100 Kilogramm Äpfel“, sagt Martin Schmidt. „Die haben wohl eine Sammelaktion in ihrem gesamten Bekanntenkreis gestartet.“
Während ein Teil seiner Mitarbeiter die nächste Ladung Obst in Richtung Silo schickt, geht Schmidt in den Maschinenraum, um die Produktion zu überwachen. Laut ist es hier, der Apfelduft noch viel intensiver als draußen, aber nicht unangenehm. „Hier werden die Äpfel noch mal gewaschen“, sagt Schmidt und deutet auf einen großen Behälter. Er geht einen Raum weiter, zeigt auf ein Ungetüm aus Blech: „Und dort drin werden die Äpfel gemahlen und zerkleinert.“
Die Presse ist das Herzstück der Produktion
Martin Schmidt übernahm die Mosterei 1990 von seinem Vater. Sein Großvater hatte den Betrieb im Jahr 1930 in Hamburg gegründet. 40 Jahre später siedelte er das Unternehmen in die heute 460 Einwohner zählende Gemeinde Nienwohld um. Außer Äpfeln werden auch viele andere Früchte verarbeitet, unter anderem Birnen, Brombeeren, Johannisbeeren und Himbeeren. Im hauseigenen „Saftladen“ können Kunden kaufen, was aus dem Obst geworden ist.
In der Produktion sind die Äpfel jetzt bei der vorletzten Station angekommen: in der Presse. „Das Herzstück“, wie Schmidt es nennt. Unter hohem Druck wird hier der Saft aus dem zerkleinerten Fruchtfleisch gewonnen. Die Maschine ist so laut, dass es schwierig ist, sein eigenes Wort zu verstehen. Das ausgepresste Fruchtfleisch wird draußen in dem Anhänger eines Traktors aufgefangen. „Das dient nur noch als Futter für Tiere“, sagt Schmidt.
Bevor der Saft in Flaschen abgefüllt wird, wird er gefiltert und durch Erhitzen haltbar gemacht. Erst dann wird er in Mehrwegflaschen gefüllt, die, nachdem sie mit einem Etikett versehen worden sind, verkaufsfertig sind. Zu den Abnehmern gehören zum Beispiel Schulen, Kindergärten, die Gastronomie und Ökoläden. Im Jahr produziert der Betrieb zwischen 500.000 und 700.000 Flaschen Saft.
Unterstützt wird Schmidt dabei von vier festangestellten Mitarbeitern und seiner Frau. Während er für Organisation und Produktion zuständig ist, kümmert sich sich um Büroarbeit. „Wir sind zwar ein kleiner Betrieb, aber bei uns fällt der gleiche Papierkram an wie bei den großen Betrieben auch“, sagt Monique Schmidt, die außerdem Kunden betreut und Führungen durch die Mosterei leitet. Denn vor allem in Herbst melden sich regelmäßig Kindergärten oder Schulklassen an, um sich anzuschauen wie Saft entsteht. „Bei einer Massenproduktion kann man es den Leuten nicht so anschaulich zeigen“, sagt Frau Schmidt. „Hier ist es ein Bisschen wie bei der Sendung mit der Maus.“
Noch während sie es sagt, fährt draußen schon wieder ein Wagen vor. Nachschub. Und überall durftet es nach Äpfeln.