Janhinnerk Voß erzählt, was Großhansdorf tun muss, um seinen Charakter zu bewahren. Größere Projekte sind die Bebauung des Rehastätten-Geländes und die Sanierung von Rathaus und Schulzentrum.
Großhansdorf. Echter Luxus – drei Stunden Sightseeing mit dem Bürgermeister: Janhinnerk Voß stellt sein Großhansdorf vor. Doch die Führung durch die Waldgemeinde ist kein Privatvergnügen, sondern eine Besichtigungstour, in der es um viel Arbeit geht. Genauer: Um die Frage, welche Projekte Politik und Verwaltung in Großhansdorf besonders beschäftigen. Im vergangenen September ist Voß wiedergewählt worden. Im Frühjahr hat seine dritte Amtszeit begonnen.
Rathaussanierung
Das erste Großprojekt ist unser Treffpunkt, das Rathaus. Der zweigeschossige Klinkerbau aus den Jahren 1960/61 ist mehr in die Jahre gekommen, als es den Anschein hat. Äußerlich ist das Gebäude am Barkholt in gutem Zustand, doch akute Probleme verursacht sein Innenleben. Energetischen Standards genügt das Rathaus schon lange nicht mehr. Auch die Haustechnik ist veraltet, ebenso der Brandschutz. Manche Räume wirken eher privat als öffentlich, die Sitzecke in der ersten Etage hat Retro-Charme.
„Viele finden, dass noch alles schön sei. Tatsächlich besteht hier dringender Handlungsbedarf“, sagt Voß. Der Bürgermeister schätzt, dass mindestens eine halbe Million Euro, vielleicht sogar mehr als eine Million für die Sanierung aufgewendet werden muss. Es wird eine der größeren Aufgaben sein, die ihn in seiner dritten Amtszeit beschäftigen. Zunächst aber muss die Großhansdorfer Politik beschließen, was getan werden soll und welche Beträge in welchen Zeiträumen dafür aufgewendet werden. Voß rechnet damit, dass 2015 mit der Sanierung begonnen werden kann.
Bevor wir vor dem Rathaus zur Rundfahrt starten, nimmt sich Voß Zeit für einen kurzen Exkurs in Sachen Heimatkunde. „Großhansdorf ist die einzige Gemeinde in Deutschland, die drei Bahnhöfe hat. Das hat mit unserer hamburgischen Vergangenheit zu tun. Erst 1937 wurde Großhansdorf eine eigenständige Gemeinde in Schleswig-Holstein – der Anschluss ans Netz der U1 und die starke Ausrichtung nach Hamburg sind geblieben“, sagt Voß. „Gegenüber sehen Sie den Bahnhof Kiekut.“ Dass ausgerechnet hier die kleinste und am wenigsten genutzte Station ist, verrät auch etwas über den Charakter der Großhansdorfer: Das Verwaltungsgebäude liegt nicht dort, wo viel los ist, sondern zwischen den beiden Ortsteilen, damit sich keiner benachteiligt fühlt. Erst 1872 waren Schmalenbeck, dessen 700. Geburtstag in diesem Jahr gefeiert wird, und Großhansdorf zu einer Gemeinde vereinigt worden.
Rentnerwohnungen am Kortenkamp
Das nächste Ziel liegt um die Ecke. „Unser sozialer Wohnungsbau“, sagt Janhinnerk Voß und zeigt auf die sogenannten Rentnerwohnungen am Kortenkamp, eine Reihe von zweigeschossigen Häusern, die gleichförmig wirken, aber gepflegt aussehen. Tatsächlich wurden hier in den 60er-Jahren etwa 60bezahlbare Wohnungen für ältere Großhansdorfer gebaut, die später als Sozialwohnungen genutzt wurden, aber nun stark sanierungsbedürftig sind.
„Wir wollten die Häuser durch Umschichtungen nach und nach leeren, um sie dann abzureißen und das Grundstück zu verkaufen, damit zeitgemäßer sozialer Wohnraum gebaut wird. Doch dann kam uns der enorme Zuzug von Asylbewerbern dazwischen, auf den wir rasch reagieren mussten. Wir hatten bereits 20 Wohnungen frei, die inzwischen aber alle wieder belegt sind.“ Die Häuser am Kortenkamp zeigten aber auch, wie gut das Miteinander in sozial schwierigen Verhältnissen funktionieren kann, wenn das Umfeld stimmt. Sie sind eingebettet in ein Viertel mit Einzelhausbebauung und öffentlichen Einrichtungen wie Sportverein, und Schule. Heile Welt in Großhansdorf? „Dass wir die Gemeinde der Millionäre seien, ist eine Legende“, sagt Voß. „Klar, uns geht es gut. Bei der Kaufkraft liegen wir in Schleswig-Holstein auf Platz 5 und bundesweit unter 10.000 Gemeinden auf Platz 29. Das heißt aber nicht, dass wir aus dem Vollen schöpfen. Wir leben von der Einkommensteuer und haben, außer dem Solarpark, kein Gewerbegebiet.“
Das Schulzentrum
Dass damit keine großen Sprünge möglich sind, zeigt sich bei unserer nächsten Station, dem Schulzentrum. Seit 1978 bildet Großhansdorf gemeinsam mit Hoisdorf und Siek einen Schulverband. 1650 Kinder und Jugendliche besuchen im Schulzentrum das Emil-von-Behring-Gymnasium, die Friedrich-Junge-Gemeinschaftsschule und die Grundschule. Die Gebäude stammen überwiegend aus den 60er-Jahren. Auch hier steht dringend eine Sanierung an, vor allem um das Ganze energieeffizienter betreiben zu können. Auch die Anforderungen haben sich verändert: „Vor fünf Jahren brauchten wir 20 Plätze in der offenen Ganztagsschule, heute sind es 180.“ Voß rechnet mit drei Millionen Euro, die für die Sanierung der Schulen fällig werden. Zurzeit wird ein neuer Verwaltungstrakt für 200.000 Euro gebaut.
Auf der Weiterfahrt erzählt der Bürgermeister davon, dass Großhansdorf – auch durch Zuzug junger Familien – stetig gewachsen sei. „Doch es ist nicht unser Ziel, 10.000 Einwohner zu haben. Momentan sind es rund 9350, und für diese Größe sind unsere Strukturen stimmig“, sagt Voß. Ein wichtiger Aspekt ist auch die Abneigung der Großhansdorfer gegen stärkere Verdichtung, die den Charakter des Ortes mit seinen großzügig bemessenen Grundstücken verändern würde.
Die Ärzte-Hauptstadt
Wie intakt die Strukturen sind, lässt sich in Schmalenbecks Einkaufszentrum am Ahrensfelder Weg beobachten. Es gibt keine erdrückende Präsenz von Supermarktketten, was auch ein Verdienst behutsamer politischer Steuerung ist. Das Angebot in Schmalenbeck ist neben dem am Eilbergweg in Großhansdorf so attraktiv, dass es Kunden aus der Umgebung anlockt.
Was zusätzlich Besucher bringt, demonstriert Bürgermeister Voß am aktuellen Beispiel im Ahrensberger Weg: Nahe der Apotheke werde demnächst ein drittes Ärztehaus gebaut, sagt er. Das Projekt bestätigt den Ruf als „Ärzte-Hauptstadt“ der Region. Das hat viel mit Tradition zu tun, mit Großhansdorfs Vergangenheit als Luftkurort für Lungenkranke. Davon profitiert die Gemeinde bis heute, weil dieser Ruf lebendig erhalten und als Standortvorteil genutzt wurde. LungenClinic und Park-Klinik Manhagen sind gute Adressen, die wiederum die Ansiedlung vieler Arztpraxen begünstigt haben.
Rehastätten-Gelände
In der Tradition der Ärztestadt steht auch das Rehastätten-Gelände, wo einst Tuberkulose-Patienten aus Hamburg kuriert wurden. Bis zum Sommer 2015 betreut die Behindertenhilfe Nord hier noch ihre Patienten. Das Grundstück gehört der Deutschen Rentenversicherung, die es verkaufen will – 250.000 Quadratmeter Wald- und Parklandschaft, die bei Investoren Begehrlichkeiten wecken. Doch auch hier ist zu erwarten, dass im Großhansdorfer Gemeinderat planerisches Augenmaß Priorität hat. Noch ist nichts entschieden, doch Voß weiß schon jetzt, dass es keine große Lösung geben wird, sondern eher ein gut durchdachtes Konzept mit 60 bis 80 Wohnungen. Die Verwaltung bereitet derzeit einen Ideenwettbewerb vor.
Park Manhagen
Letzte Station ist ein anderes Naturidyll: der am Manhagener Teich gelegene Park. „Für viele Großhansdorfer ein Ort, mit dem sie gute Erinnerungen verbinden“, erzählt Voß. Das Parkhotel über dem See, das 1978 abgerissen wurde, war wichtig für das gesellschaftliche Leben: „Hier wurden viele Hochzeiten und andere Familienfeste gefeiert.“ Voß wünscht sich, dass dieser Ort wiederbelebt wird. „Realistisch wäre ein Restaurant mit wenigen Gästezimmern, das sich der Größe der Lichtung anpasst.“ Erste Voraussetzung dafür ist eine Neuordnung der Eigentumsverhältnisse. Das 10,5 Hektar-Grundstück gehört dem Kreis Stormarn, der Stadt Ahrensburg und der Gemeinde Großhansdorf. Zurzeit wird darüber verhandelt, dass alle Anteile für einen symbolischen Preis an Großhansdorf abgetreten werden. Bis dort ein neues Ausflugsziel entstehen kann, dürften drei bis vier Jahre vergehen, schätzt Voß. Das wäre mitten in seiner dritten Amtszeit.
Die erste begann 2002. Seither arbeitet er daran, dass Großhansdorf sich erneuert, um so zu bleiben, wie es ist.