Beim Polizeiautobahnrevier Bad Oldesloe sollen Stellen gestrichen werden. Betroffene klagen: Für Kontrollen von Gefahrguttransporten oder für die Jagd auf Raser bliebe dann keine Zeit mehr.
Bad Oldesloe. Übermüdete Lastwagenfahrer, rücksichtlose Raser und aggressive Drängler – immer wieder ziehen Polizisten des Autobahnreviers Bad Oldesloe solche Fahrer aus dem Verkehr und sorgen so für mehr Sicherheit auf den Autobahnen in Stormarn. Künftig könnte sich das ändern. Denn 122 Stellen sollen bei der Polizei in Schleswig-Holstein bis 2020 gestrichen werden.
Innenminister Andreas Breitner (SPD) hatte Landespolizeidirektor Ralf Höhs den Auftrag erteilt, Vorschläge zu machen, wo diese Stellen eingespart werden könnten. Und Höhs kam zu dem Ergebnis, dass unter anderem bei den Autobahn- und Bezirksrevieren gespart werden könnte. Die Folge: „Reduzierung der polizeilichen Kontrolldichte, gegebenenfalls bis auf Null“, heißt es in Höhs’ Bericht. Es geht beispielsweise um Schwerlastkontrollen und um die Jagd auf Verkehrssünder mit Videofahrzeugen.
Doch so weit soll es laut Innenminister Andreas Breitner nicht kommen. „Wir alle wollen nicht, dass zwischen Hamburg und Dänemark ein Eldorado für Raser entsteht“, sagt der SPD-Politiker. Er hat am Freitag das Oldesloer Autobahnrevier besucht, „um mich vor Ort schlau zu machen“. Sein Erkenntis: „Ich habe Zweifel, ob wir hier Stellen einsparen können.“ Er könne aber auch nicht versprechen kann, dass das nicht geschehen werde.
Innenminister verweistauf die Schuldenbremse
„Wir haben einen Vertrag mit dem Bund, die Schuldenbremse einzuhalten“, sagt Breitner und meint damit, dass Schleswig-Holstein sich verpflichtet hat, bis 2020 einen ausgeglichenen Haushalt zu haben – also keine neuen Schulden aufzunehmen. „Dafür bekommen wir schon jetzt jährlich 80 Millionen Euro Konsolidierungshilfe vom Bund“, so der Minister weiter. Dafür muss das Land aber weiter sparen, auch bei der Polizei. „Das muss aber auch verantwortbar sein. Deswegen werden auch bei der Kriminalpolizei und der Schutzpolizei keine Stellen gestrichen.“ Möglichkeiten sieht Breitner bei der Wasserschutzpolizei, beim Betrieb eigener IT-Anlagen und eben der Verkehrsüberwachung. „Letzteres ist der sensibelste Bereich“, sagt der SPD-Politiker, der von einem möglichen Sicherheitsrisiko spricht.
Dem können die Beamten des Autobahnreviers nur zustimmen. „Wir haben im vergangenen Jahr 405 Gefahrguttransporter kontrolliert. 149 wurden beanstandet, in 132 Fällen untersagten wir die Weiterfahrt“, sagt Peter Czech, Mitarbeiter des Autobahnreviers. Obwohl die Beanstandungsquote bei 37 Prozent lag, ist dies für den Polizisten ein gutes Ergebnis. „2006 war der Wert deutlich höher. In den vergangenen zwei bis drei Jahren ist er spürbar gesunken. Das haben wir uns selbst auf die Fahnen zu schreiben“, sagt Czech.
Georg Ruge, Chef des Autobahnreviers, sagt: „Um diese Überwachungsquote zu halten bräuchte ich eigentlich mehr Personal.“ Denn pro Jahr steige die Zahl der Autos und Lastwagen. „Derzeit fahren täglich 9500 Lastwagen auf der A 1 durch Stormarn.“ Ruge und seine Mitarbeiter wissen, wie wichtig es ist, regelmäßig zu kontrollieren. „Vor Kurzem gab es einen Unfall, bei dem ein übermüdeter Lastwagenfahrer, der seine Ruhezeiten nicht eingehalten hatte, ein Stauende übersah und auf einen Volvo auffuhr“, erinnert sich Ruge.
Sein Kollege Horst Meins fügt hinzu: „Ich erinnere mich an einen Fall, bei dem ein Sattelzugfahrer auf der Ladefläche seines Lasters einen Schiffsmotor geladen hatte. Wegen eines Stauendes musste er eine Vollbremsung machen. Weil der Motor aber nicht vernünftig gesichert war, schoss er gegen das Führerhaus und zerstörte es völlig.“ Beiden Polizisten ist bewusst, dass sie solche Unfälle auch mit mehr Personal nicht werden verhindern können. „Aber dank ständiger Kontrollen und viel Präsenz haben die Lastwagen- und Autofahrer das Gefühl, sie könnten jederzeit von uns kontrolliert werden. Das bewirkt sehr viel“, sagt Georg Ruge.
Laut der Gewerkschaft der Polizei (GdP) darf sich an diesem Konzept nichts ändern. „Wir geben sonst ein Stück Sicherheit preis“, sagt Manfred Börner, Landesvorsitzender der GdP in Schleswig-Holstein. Börner spricht sogar von 282 Stellen, die bei der Polizei gestrichen werden. „Schon heute fehlen 160 Stellen bei der Polizei. 122 weitere sollen wegfallen“, so Börner. Für den Gewerkschafter ist dies verantwortungslos.
Auch Astrid Damerow, polizeipolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion, sagt: „Unsere Polizeikräfte sind ständig am Limit. Damit geht jede Stellenstreichung unmittelbar auf Kosten der Sicherheit. Das ist nicht zu verantworten.“ Damit spricht Damerow auch die zahlreichen Überstunden der Polizisten an. Allein beim Polizeiautobahnrevier in Bad Oldesloe hat jeder Mitarbeiter im Durchschnitt 40 Überstunden.
Deswegen hatte die CDU-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag im Mai einen Antrag gestellt, von Stellenstreichungen bei der Polizei Abstand zu nehmen. „Für die Einhaltung der Schuldenbremse müssen nicht Stellen bei der Polizei gestrichen werden“, so Astrid Damerow. Der Antrag ist inzwischen mehrheitlich abgewiesen worden. Somit wird Innenminister Andreas Breitner bis Ende September eine entscheidungsfähige Vorlage erarbeiten, in der aufgelistet ist, wo die 122 Stellen bei der Polizei gestrichen werden. Mit einer Entscheidung rechnet er im Oktober.