Lebten Ende Januar 2013 noch 361 Asylbewerber in Kreis Stormarn, wurden im vergangenen Monat bereits 719 Männer, Frauen und Kinder gezählt. Eine Herausforderung für Helfer und Kommunen.
Bad Oldesloe. Aller Anfang ist schwer. Das gilt vielmehr noch für Menschen, die nicht mit einer Aufgabe neu beginnen, sondern mit ihrem gesamten Leben. So wie die 719 Asylbewerber, die ihre Heimatländer verlassen mussten und derzeit in Stormarn eine Heimat gefunden haben. Weil auch für Gastgeber der Anfang mitunter schwer sein kann, hat der Kreis nun auf Bitte der Städte und Gemeinden ein Konzept erarbeitet. Es hat den langen Namen „Konzept zur Entlastung der Kommunen bei der (Erst-)Aufnahme von Asylsuchenden und Flüchtlingen im Kreis Stormarn“. Es soll den Gemeinden und Städten sowie den vielen ehrenamtlich engagierten Stormarnern helfen, den Flüchtlingen zu helfen. Denn es werden immer mehr.
Zuletzt gab es in den 90er-Jahren einen vergleichbaren Flüchtlingszustrom
Lebten im Januar 2013 noch 361 Asylbewerber im Kreis, waren am es Ende des Jahres 558 (wir berichteten). Im Juni zählte der Kreis nun 719 Menschen, die anspruchsberechtigt nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sind. Sie kommen vornehmlich aus Syrien, Afghanistan und Serbien. Und: „Es sind weiterhin steigende Zuweisungszahlen von Asylbewerbern zu erwarten“, sagt Jan-Christian Heth, Leiter des Fachdienstes Grundsatzangelegenheiten der Kreisverwaltung. Einen vergleichbaren Flüchtlingszustrom erlebte die Bundesrepublik Deutschland zuletzt in den 90er-Jahren.
Die Männer, Frauen und Kinder, die sich nach Deutschland retten konnten, werden von den Auffangauflagern auf die Bundesländer aufgeteilt, von dort wiederum auf die Kreise, und sie landen schließlich in den Kommunen. Die Verantwortlichen dort müssen dann für Unterkunft sorgen. So will die Gemeinde Großhansdorf etwa, wie berichtet, für insgesamt 724.111 Euro zwei Gebäude neu bauen und drei Wohnungen sanieren. Zudem gilt es, die Neuankömmlinge zu betreuen.
Derzeit sieht der Entwurf des Konzeptes vor, die Kommunen und die ehrenamtlichen Helfer auf zweierlei Weise zu unterstützen: mit externen Kräften sowie mit Angeboten für die bereits aktiven Helfer. So sollen drei Vollzeitkräfte eingestellt werden, die als „Sprach- und Kulturmittler“ die Flüchtlinge am Tag ihre Ankunft vor Ort beraten. Organisation des „Willkommens in der aufnehmenden Kommune“ heißt die Idee. Dahinter steckt ein Bündel an Hilfen.
So sollen die Betreuer die Flüchtlinge mit wichtigen Adressen (Kleiderkammer, Tafel, Möbelbörse) versorgen, ihnen die Infrastruktur erklären und Zuständigkeiten von Polizei, Schulen und Kitas erläutern, die dem Ansässigen so selbstverständlich erscheinen. Zudem sollen sie informieren, wo es Beratungsstellen oder Sprachkurse gibt. Eine weitere Aufgabe der Mittler soll sein, bei Behördengängen oder – bei Bedarf – auch bei ganz alltäglichen Dingen wie dem Weg zum Arzt oder bei der Beschaffung notwendiger Einrichtungsgegenstände zu helfen.
Es sind die Aufgaben, die derzeit viele ehrenamtliche Helfer in Eigeninitiative übernommen haben. Wie etwa die Mitglieder das Netzwerks Freundeskreis Ammersbek. Dort macht Angelika Schmidt mit. Über die Hilfe vom Kreis sagt sie: „Es ist sehr wichtig, dass es ein Angebot gibt, das den Flüchtlingen schnell hilft, sich zurechtzufinden.“ Auch Angelika Schmidt und ihre vielen Mitstreiter in Stormarn sollen von dem neuen Konzept profitieren. So sieht die zweite Säule vor, für die Ehrenamtler alle notwendigen Informationen in einem Leitfaden zu bündeln. „Es ist sehr sinnvoll, dass der Kreis die Ehrenamtler in das Konzept einbindet“, meint Schmidt. Zudem sollen die Ehrenamtler beim Aufbau von Netzwerken unterstützt werden. Dazu soll ein Sozialpädagoge in Halbzeit eingestellt werden. Er soll auch das Bindeglied zwischen den eingestellten Mittlern, den Gemeinden und den Ehrenamtlern sein.
95.000 Euro sind für die Umsetzung des Konzeptes eingeplant
Derzeit beraten die Vertreter der Städte und Gemeinden mit dem Kreis über die Details des Konzepts. Im August sollen die Ergebnisse im Sozial- und Gesundheitsausschuss besprochen werden. Von der Notwendigkeit sind die Politiker mehrheitlich überzeugt. In der vergangenen Sitzung haben sie sich für die Ausarbeitung ausgesprochen. „Wir müssen die Kommunen dringend entlasten“, sagt etwa die Ausschussvorsitzende Margot Sinning (SPD).
Für die Umsetzung des Konzeptes haben die Politiker 95.000 Euro bereitgestellt. Es ist Geld, das der Kreis spart, weil er auf einen geplanten Neubau einer eigenen Flüchtlingsunterkunft in Bad Oldesloe verzichtet.