Die Abendblatt-Regionalausgabe Stormarn trifft in der Serie „Bank-Geheimnisse“ Stormarner auf ihrer Lieblingsbank. Heute: Heidi Boock, seit 40 Jahren Erzieherin in Bargteheide.
Bargteheide. Auf eine wie Heidi Boock kann man sich verlassen. Das sagt sie selbst, aber wer mit ihr spricht, merkt, dass es stimmt. Eltern können sich darauf verlassen, dass die 59-Jährige jeden Morgen um 7 Uhr den Kindergarten aufschließt, Kinder können sich darauf verlassen, dass Heidi Boock Fragen jeder Art beantwortet. „Wer nicht fragt, bleibt schließlich dumm, den Spruch kennen wir ja alle“, sagt Heidi Boock.
Fragen hat Heidi Boock während der vergangenen 40 Jahre viele gehört. So lange arbeitet die 59-Jährige als Erzieherin für die Kindertagesstätten der Kirchengemeinde Bargteheide. Angefangen hat sie 1974 in der Kita Eckhorst, seit 20 Jahren leitet sie die Einrichtung an der Lindenstraße. Gewollt hat sie das eigentlich nie. „Ich wollte nicht Vollzeit arbeiten, wegen meiner eigenen Kinder“, sagt Boock. Die Kollegen jedoch hätten sie dann „so da reingeschubst“.
Bereut hat sie wohl nicht, dass sie sich hat schubsen lassen. „Ich fand meine Arbeit immer total schön. An den Ruhestand denke ich zurzeit noch gar nicht“, sagt Boock. Trotzdem gehört sie nicht zu denen, die nur an die Arbeit denken. „Es gibt auch noch ein Leben nach der Kita“, sagt die Erzieherin. Das Leben nach der Kita beinhaltet für sie zum Beispiel den Besuch im Fitnessstudio, jeden Sonntag.
In 40 Jahren Kita-Arbeit hat die Bargteheiderin vor allem eines gelernt: Kinder stellen nicht nur Fragen, sie können oftmals auch Lösungen aufzeigen. „Aus Kinderlogik kann man so viel schöpfen, man muss sich nur darauf einlassen“, sagt Boock, der früh klar war, dass sie Erzieherin werden wollte. Die 59-Jährige ist in einer Großfamilie in Nienwohld aufgewachsen. „Da war immer einer für den anderen da.“ Es sei immer viel losgewesen, aber: „Es gab auch ganz klare Regeln, an die ich mich gehalten habe“, sagt Boock, und fügt lächelnd hinzu: „Ich denke, ich war wohl ein eher braves Kind.“
Im Vergleich zu früher habe sich einiges geändert, Eltern seien unsicherer geworden, die Kinder häufig „kleine Wirbelwinde. Da ist es umso wichtiger, dass man selbst klare Entscheidungen vorlebt“, sagt Boock, die sich auch hätte vorstellen können, Krankenschwester zu werden oder mit Behinderten zu arbeiten. Aber es ist anders gekommen. „Die Arbeit in der Kita hat sich auch geändert: Heute müssen wir viel mehr dokumentieren, für jedes Kind eine Akte führen.“ Mehr Arbeit, das schon, aber für Heidi Boock eine positive Veränderung: „Es hilft mir, mich selbst zu reflektieren.“ Auch die Wahl ihres Arbeitgebers, der Kirche, war für Heidi Boock naheliegend. Sie selbst ist „mit Gott großgeworden“ und das wünscht sie sich auch für die Kita-Kinder. „Ich möchte ihnen Toleranz beibringen: Nur über Dinge, die sie kennengelernt haben, können sie sich später auch ein Urteil bilden.“
Vor allem den Umgang unter Kollegen lobt Heidi Boock im Gespräch immer wieder. Angefangen hat die Erzieherin mit zwei Mitarbeiterinnen, heute sind sie zu sechst, und zum 1. Juli sollen zum Start zwei neuer Krippengruppen sieben weitere Kollegen dazukommen, darunter sind auch Männer. „Das gab es früher nicht. Wir sind aber eher stolz darauf, dass wir es geschafft haben, mehrere Männer in unser Team zu holen“, sagt Boock.
Das Angebot an Kinderbetreuungseinrichtungen in Bargteheide ist breit, der Ausbau in vollem Gange. „Von einem Geburtenrückgang merken wir nichts“ sagt Heidi Boock. „Es gibt bei uns viele Familien, die vier Kinder haben.“ Teils betreut die 59-Jährige inzwischen schon den Nachwuchs ihrer einstigen Kita-Kinder. Bargteheides Bürgermeister Henning Görtz etwa hat die Einrichtung besucht und auch die Geschwister des aus der Stadt stammenden Schauspielers David Kross. Viele Bargteheider kennen Heidi Boock. Typisch für die Erzieherin: „Ich bin immer mit dem Fahrrad unterwegs, so sehen die Leute mich durch die Stadt fahren.“
Im Garten der Kita hat sie sich in den Strandkorb gesetzt. Manchmal, erklärt sie, müsse man sich einfach auf sein Gefühl verlassen. Dieser Rat gilt etwa für die Wahl einer Kita. So hat Heidi Boock es ihrer Tochter erklärt, als diese eine Betreuungsstelle für Boocks Enkelkind suchte. „Ich kann dir natürlich viele Kriterien nennen, die stimmen müssen. Am Ende kommt es aber darauf an, dass du die Kita betrittst und dich sofort wohlfühlst“, sagt Boock und kickt einen blau-weißen Fußball weg, den ihr ein Junge vor die Füße spielt.
Sie fühlt sich seit 40 Jahren wohl in „ihrer“ Kita, und das merkt man ihrer Arbeit wohl auch an. Dafür wird Heidi Boock geschätzt: Mit Hilfe von Seiten der Eltern, wie von einem Vater, der das Holzpferd Jolinda für die Kita baute, auf dem Heidi Boock während des Gesprächs sitzt. Die Kirche veranstaltet zum 40. Dienstjubiläum eine Andacht für die Erzieherin. Was genau am 1. Juli ab 16 Uhr passieren soll, weiß Heidi Boock nicht: „Das ist alles eine große Geheimniskrämerei.“
Belohnt wird die Kita-Leiterin auch von den Kindern, die sie betreut, und die sich darauf verlassen können, Antworten von ihr zu bekommen. Manchmal gibt es Komplimente für das Äußere („Oh, du hast eine neue Brille. Du siehst schön aus.“), mal wird dieses wohlmeinend aufgewertet. Zum Beispiel mit dem orangefarbenen Herz, das ein Mädchen Heidi Boock mit Filzstift auf den Unterarm „tätowiert“ hat. Dass es, wie von der Künstlerin versprochen, „bald wieder weg“ ist, bezweifelt Heidi Boock noch ein wenig. Aber sie verlässt sich eben auch auf andere.