Das Abendblatt hat sich die Arbeiten der Spezialfirma am Schlossgraben angeschaut. Und festgestellt, dass zum Entschlammen vor allem Schneidewerkzeug und chemische Molekülverbindungen benötigt werden.
Ahrensburg. Vor dem Ahrensburger Schloss beulen sich drei graue Riesensäcke – gefüllt mit Unmengen von Schlossgrabenschlamm. Doch noch weit mehr als 4000 Kubikmeter Matsch warten auf dem Grund des Grabens darauf, darin versackt zu werden. Den Grabengrund und die Schlammsäcke trennen ein Boot, rund 400 Meter Rohrleitung, ein weißer Container namens Polymerstation, ein Kontrollpunkt und etliche Ventile. Das Abendblatt hat sich von den Experten den Weg des Ahrensburger Matsches bis in den Sack zeigen lassen.
Bei der Schlammschacht von Ahrensburg steht André Schonmaker an vorderster Front. Seine Waffe: ein Schneidewerkzeug an einem drei Meter langen Metallarm, der an seinem Boot befestigt ist. Gemächlich schippert der Niederländer mit der „Pluto“ auf dem Schlossgraben von Ufer zu Ufer. Gelegentlich taucht der Arm am Bug des Bootes aus dem trüben Wasser auf. Dem Schlamm nämlich, dem rückt der 39-Jährige am Grund des Grabens zu Leibe. „Mit den Klingen schneide ich den Schlamm Schicht für Schicht ab“, sagt er. Als er vor zwei Wochen angefangen hat, standen im Schlossgraben stellenweise nur wenige Zentimeter Wasser. Durchschnittlich 1,20 tief soll er nach den Arbeiten der Entschlammungsexperten von der Klaar GmbH sein.
Der überschüssige Schlamm läuft, vermischt mit Wasser, durch den Arm in die „Pluto“. Eine Pumpe an Bord drückt das Matschwasser in eine Leitung. 200 PS hat die Pumpe. Die braucht sie auch. Immerhin 400 Meter lang ist die Leitung, durch die Matschwasser fließen muss – die ersten Meter schwebt sie an Bojen befestigt an der Wasseroberfläche.
Stößt die Leitung an Land, nimmt es Schonmakers Kollege Sven Klein mit dem Matsch auf. Mit einem Walkie-Talkie in der Hosentasche (so halten die Kollegen Kontakt) beugt sich der 27-Jährige, der eine orangefarbene Mütze trägt, über die Leitung und horcht. Im Inneren des Rohres klimpern die Matschpartikel mächtig gegen das Metall. Pro Stunde fließen 250 Kubikmeter Schlamm und Wasser durch die Rohre. Und da Schlamm eine ernste Angelegenheit ist, muss das Gemisch auf seinem Weg in die Entschlammungssäcke peinlichst genau überwacht werden.
Klein läuft die Leitung im Stechschritt ab. Auf halbem Weg verschwindet sie in einem weißen Container. Klein nimmt die Treppenstufen in die sogenannte Polymerstation mit einem Satz. „Das ist schon eine ganz schöne Rennerei den ganzen Tag“, sagt er, während er die Tür öffnet. Dahinter kommen ein großer Behälter, kleine Leitungen und ein Monitor zum Vorschein. „Hier mischen wir dem Schlammwasser Polymer zu“, sagt Klein und schüttet vier Messbecher von dem weißen Pulver in den Behälter. 25 Kilo Polymer, das aus chemischen Molekülverbindungen besteht, kippt er in drei Tagen in den Behälter. „Der Stoff sorgt dafür, dass sich das Wasser und der Schlamm trennen, und es ist biologisch abbaubar“, sagt er. Bevor er die Treppe hinabspringt, wirft Klein noch einen Blick auf den Leitungskreislauf, der auf dem Monitor abgebildet ist.
5000 Kubikmeter Schlamm befördern die Männer aus dem Schlossgraben
Gleich hinter dem Container hängt ein kurzes Stück Gartenschlauch aus der Leitung. „Das ist meine Kontrollstation“, sagt Klein. Alle paar Minuten zapft er dort Schlammwasser aus der Leitung. Den Messbecher voll Matsch hält er gegen das Licht, kneift die Augen zusammen und grinst schließlich zufrieden. „Perfekt!“, befindet Klein. Was ihn so glücklich macht, das erkennt der Laie erst Sekunden später: Am Becherboden setzen sich nach und nach Schlammflöckchen ab, darüber schwimmt klares Wasser.
Getrennt fließen nun Wasser und Schlamm also in die riesigen Entschlammungssäcke. 35 Meter lang und neun Meter breit sind die Spezialanfertigungen. Klein dreht an einem Ventil, dessen Leitung zu einem besonders dicken Sack führt. Knapp 2,50 Meter hoch beult der sich. Klein erklärt, warum er die Zufuhr geschlossen hat: „Aus dem Entwässerungssack muss nun erst mal Wasser ablaufen.“ Das sei das besondere an der Methode, sagt er. Die Haut der Säcke hat minikleine Poren, durch die das Wasser ablaufen und zurück in den Schlossgraben fließen kann. Die Schlammpartikel bleiben unterdessen im Sack.
Sven Klein ist auf den dicksten der drei mit Matsch gefüllten Säcke geklettert. Wabbelig läuft es sich dort. Und als Klein beginnt, in die Luft zu hüpfen, tritt bei jeder Landung des Mannes das Wasser in Strömen aus dem Sack. Insgesamt sieben Säcke werden die Entschlammer füllen, rund 5000 Kubikmeter Schlamm sollen es werden. Wenn die Männer in drei Wochen den Schlossgraben (er wurde zuletzt in den 60er-Jahren entschlammt) vom Matsch befreit werden, bleiben die Säcke noch rund einen Monat vorm Ahrensburger Schmuckstück liegen. „In der Zeit trocknet der Schlamm. Dann werden die Säcke aufgeschnitten und der Schlamm entsorgt und verbrannt“, sagt Klein und mustert eine Naht des Sackes. „Die ist fast das Wichtigste,“ sagt er und prüft sie mit dem Finger. „Wenn von denen eine überdehnt wird und aufbricht, dann fliegt uns hier der ganze Schlamm um die Ohren.“